4. Ausschluss des Versorgungsausgleichs

In bestimmten Ausnahmefällen kann die Durchführung des Versorgungsausgleichs ganz oder teilweise ausgeschlossen sein.

  • Ausschluss wegen Geringfügigkeit der Anrechte

Haben beide Ehegatten Anrechte beim gleichen Versorger und ist die Differenz ihrer Ausgleichswerte nur gering oder bestehen einzelne Anrechte mit einem nur geringen Ausgleichswert soll das Familiengericht die Anrechte nicht ausgleichen67, es sei denn, ihre Durchführung ist im Einzelfall geboten. Dieser sogenannte Bagatellwert ändert sich jährlich.68 Ist die maßgebliche Bezugsgröße beim Versorger ein Rentenbetrag, liegt der Bagatellwert im Jahr 2024 bei 35,35 €.69 Ist die maßgebliche Bezugsgröße kein Rentenbetrag, sondern beispielsweise ein Entgeltpunkt oder ein Kapitalwert ist, ist der (korrespondierende) Kapitalwert heranzuziehen, dessen Bagatellwert bei 4.242 € liegt.70

  • Ausschluss von nicht ausgleichsreifen Anrechten im Versorgungsausgleich

Ein Versorgungsausgleich ist außerdem ausgeschlossen, wenn das Anrecht nicht ausgleichsreif ist. Die häufigsten Fallgruppen sind:
  • Betriebliche Altersversorgungen, die zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Versorgungsausgleich noch verfallbar sind. Sie werden schuldrechtlich ausgeglichen.
  • Anrechte, deren Ausgleich für die ausgleichsberechtigte Person unwirtschaftlich wäre. Beispiel: Ein Ehegatten, dem ein Anrecht aus der gesetzlichen Rentenversicherung zusteht, könnte die Mindestlaufzeit in der gesetzlichen Rentenversicherung gar nicht mehr erfüllen.
  • Anrechte bei ausländischen Versorgungsträgern.

  • Ausschluss des Versorgungsausgleichs wegen grober Unbilligkeit

Darüber hinaus kann die Durchführung des Versorgungsausgleichs in außergewöhnlichen Härtefällen ausgeschlossen sein, wenn die Durchführung grob unbillig wäre.71 Eine grobe Unbilligkeit liegt allerdings nur dann vor, wenn eine rein schematische Durchführung des VA unter den besonderen Gegebenheiten des Falls den Grundgedanken des VA in unerträglicher Weise widerspräche.72 Das kommt in der Praxis nur selten vor.

In Betracht kommen folgende Fallgruppen:

  • Ein Härtegrund kann dann bestehen, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung über den Versorgungsausgleich klar abzusehen ist, dass die Altersversorgung des ausgleichsberechtigten Ehegatte voll abgesichert ist, während der ausgleichspflichtige Ehegatte auf die während der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechte zur Sicherung seiner eigenen Versorgung Unterhalts dringend angewiesen ist.73

  • Der Versorgungsausgleich kann aufgrund eines schweren vorwerfbaren Verhaltens eines Ehegatten unbillig erscheinen, wie beispielsweise aufgrund einer schweren Straftat gegen den ausgleichspflichtigen Ehegatten oder einer illoyalen Manipulation von Versorgungsanrechten.

  • Darüber hinaus kommt - selbst wenn ansonsten keine Härtegründe vorliegen - ein teilweiser Ausschluss des Versorgungsausgleichs in Betracht, wenn die Ehegatten bis zur Scheidung außergewöhnlich lang getrennt lebten und auch wirtschaftlich nicht mehr miteinander verbunden waren. Beispielsweise hat die Rechtsprechung bei einer Trennungszeit, die mit zehn Jahren etwas mehr als ein Drittel der Ehezeit von 29 Jahren betrug, einen teilweisen Ausschluss des Versorgungsausgleichs für die Zeit des dauerhaften Getrenntlebens angenommen.74