Hat das Familiengericht festgestellt, dass die Berufung auf den Ehevertrag durch den begünstigten Ehegatten gegen die Grundsätze von Treu und Glauben verstößt, prüft es weiter:
- Sind der Ehefrau durch das Eingehen der Ehe Nachteile entstanden? (sog. ehebedingte Nachteile).
- Sind die so ermittelten erlittenen ehebedingten Nachteile durch den anderen Ehegatten in irgendeiner Form kompensiert worden?
Voraussetzung für eine richterliche Anpassung eines Ehevertrages nach dem Grundsatz von Treu und Glauben ist, dass also zunächst, dass dem Ehegatten, der sich auf die Unwirksamkeit des Ehevertrages beruft, durch die Ehe Nachteile entstanden sind (z.B. Verlust von Einkommen und Rentenansprüchen aufgrund reduzierter Berufstätigkeit).
Mit der Anpassung von Eheverträgen nach dem Grundsatz von Treu und Glauben sollen nämlich
allein ehebedingte Nachteile ausgeglichen werden. Sind solche Nachteile nicht vorhanden oder bereits vollständig kompensiert, dient die richterliche Ausübungskontrolle nicht dazu, dem durch den Ehevertrag belasteten Ehegatten zusätzlich (entgangene) ehebedingte Vorteile zu gewähren und
ihn dadurch besser zu stellen als hätte es die Ehe und die mit der ehelichen Rollenverteilung einhergehende Disposition über Art und Umfang seiner Erwerbstätigkeit nicht gegeben.
27 Um festzustellen, welche ehebedingten Nachteile ein Ehegatte im Hinblick auf sein
Einkommen erlitten hat, ist eine hypothetische Karriere des Betreffenden glaubhaft zu machen. Wie hätte die berufliche Laufbahn des betreffenden Ehegatten ausgesehen, wenn er nicht geheiratet hätte? Was würde er heute verdienen? Aus dieser hypothetischen Erwerbsbiographie im Vergleich zu seiner tatsächlichen beruflichen Situation und seinem realen Einkommen, leiten sich dann die erlittenen ehebedingten Nachteile ab.
Um festzustellen, welche ehebedingten Nachteile dem Ausgleichsberechtigten im Hinblick auf den
Versorgungsausgleich entstanden sind, ist nach der Rechtsprechung des BGH eine hypothetische Versorgungsbiographie zu erarbeiten. Es ist also zu berechnen, welche Rentenansprüche der Betreffende hätte erwerben können, wenn er nicht geheiratet, sondern seine eigene berufliche Karriere verfolgt hätte. Dieser Betrag stellt im Hinblick auf den Versorgungsausgleich die Obergrenze dar, die an ehebedingten Nachteilen hypothetisch entstanden sein kann.
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