Zur hypothetischen Berechnung von Rentenanwartschaften
siehe BGH, Urteil vom 31. Oktober 2012
– XII ZR 129/10 Rn. 50 = FamRZ 2013, 195 Rn. 50;
BGH Beschluss vom 27. Februar 2013
– XII ZB 90/11, Rn. 30 = FamRZ 2013, 770, Rn. 30;
BGH, Beschluss vom 20. Juni 2018 – XII ZB 84/17 Rn. 29 ff.

Fußnote 28.
FN 28: BGH, Urteil vom 31. Oktober 2012 – XII ZR 129/10 Rn. 50 = FamRZ 2013 , 195 Rn. 50;

Gericht:

BGH 12. Zivilsenat

Entscheidungsdatum:

31.10.2012

Rechtskraft:

ja

Aktenzeichen:

XII ZR 129/10

Dokumenttyp:

Urteil


Quelle:

 

Normen:

§ 138 BGB, § 242 BGB

Zitiervorschlag:

BGH, Urteil vom 31. Oktober 2012 – XII ZR 129/10 –, juris



            Unterhaltsklage des geschiedenen Ehegatten: Notwendige Feststellungen zur Annahme der Sittenwidrigkeit eines Ehevertrags; Anpassung eines vereinbarten Ausschlusses von Unterhalt und Versorgungsausgleich im Rahmen der Ausübungskontrolle

Leitsatz

            1. Ein Ehevertrag kann sich in einer Gesamtwürdigung nur dann als sittenwidrig und daher als insgesamt nichtig erweisen, wenn konkrete Feststellungen zu einer unterlegenen Verhandlungsposition des benachteiligten Ehegatten getroffen worden sind. Allein aus der Unausgewogenheit des Vertragsinhalts ergibt sich die Sittenwidrigkeit des gesamten Ehevertrages regelmäßig noch nicht.(Rn.17) (Rn.24)

            2. Zur Anpassung des ehevertraglichen Ausschlusses von Unterhalt und Versorgungsausgleich an geänderte Verhältnisse im Rahmen der Ausübungskontrolle, wenn ein Ehegatte eine Erwerbsminderungsrente bezieht und ehebedingt entstandene Nachteile beim Aufbau seiner Versorgungsanwartschaften erlitten hat (Fortführung des Senatsbeschlusses vom 6. Oktober 2004, XII ZB 57/03, FamRZ 2005, 185).(Rn.35)

Fundstellen
NSW BGB § 138 Cd (BGH-​intern)
NSW BGB § 242 D (BGH-​intern)
NJW 2013, 380-​385 (Leitsatz und Gründe)
FamRZ 2013, 195-​201 (Leitsatz und Gründe)
MDR 2013, 227-​229 (Leitsatz und Gründe)
ZNotP 2013, 20-​27 (Leitsatz und Gründe)
MittBayNot 2013, 240-​246 (Leitsatz und Gründe)
DNotZ 2013, 528-​538 (Leitsatz und Gründe)
Verfahrensgang
vorgehend OLG Oldenburg (Oldenburg), 29. September 2010, 3 UF 13/10
vorgehend AG Oldenburg (Oldenburg), 18. November 2009, 59 F 80/08 S
Diese Entscheidung wird zitiert
Rechtsprechung
Anschluss OLG Celle Senat für Familiensachen, 13. September 2018, 17 UF 28/18
Fortführung BGH 12. Zivilsenat, 15. März 2017, XII ZB 109/16
Anschluss OLG Hamm 3. Senat für Familiensachen, 24. November 2015, II-​3 UF 232/14, ...
Anschluss OLG Hamm 3. Senat für Familiensachen, 25. September 2015, II-​3 UF 232/14, ...
Anschluss OLG Karlsruhe Senat für Familiensachen, 12. Dezember 2014, 20 UF 7/14
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Kommentare
Erman, BGB
● Schmidt-​Räntsch, § 138 Sittenwidriges Rechtsgeschäft; Wucher; III. Das sittenwidrige Rechtsgeschäft (§ 138 I); 2. Voraussetzungen
Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-​BGB
● Breuers, 10. Auflage 2023, § 14 VersAusglG
● Breuers, 10. Auflage 2023, § 8 VersAusglG
● Clausius, 10. Auflage 2023, § 1577 BGB
● Hausch, 10. Auflage 2023, § 1408 BGB
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Zeitschriften
Uta Roessink, FamRB 2013, 34-​35
Praxisreporte
Jochen Höger, jurisPR-​BGHZivilR 1/2013 Anm. 3 (Anmerkung)
Peter Friederici, jurisPR-​FamR 3/2013 Anm. 2 (Anmerkung)
Literaturnachweise
Jochen Höger, jurisPR-​BGHZivilR 1/2013 Anm. 3 (Anmerkung)
Peter Friederici, jurisPR-​FamR 3/2013 Anm. 2 (Anmerkung)
Janina Zensus, FamFR 2013, 45 (Anmerkung)
Christof Münch, FamRB 2013, 160-​165 (Aufsatz)
Ludwig Bergschneider, FamRZ 2013, 201-​202 (Anmerkung)
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Sonstiges
Duderstadt, Scheidung und Scheidungsfolgen
● Jochen Duderstadt, 2 Eheverträge und Scheidungsfolgenvergleiche; 2.1 Inhaltskontrolle; 2.1.1 Unterhaltsverträge
● Jochen Duderstadt, 2 Eheverträge und Scheidungsfolgenvergleiche; 2.2 Globalverzicht
Ehinger/Rasch/Schwonberg/Siede, Handbuch Unterhaltsrecht
● Ehinger, a) Notwendigkeit der Inhaltskontrolle – Rangfolge der nachehelichen Unterhaltstatbestände für die Zuordnung zum Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts
● Ehinger, b) Zweistufige Systematik der Inhaltskontrolle bei Unterhaltsverzicht
Horndasch, AnwF Familienrecht
● Dr. Peter Horndasch, § 1 Das Scheidungsverfahren; E. Der Versorgungsausgleich; III. Checkliste: Versorgungsausgleich; 9. Vereinbarung über den Versorgungsausgleich, §§ 6 – 8 VersAusglG
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Diese Entscheidung zitiert
Rechtsprechung
Fortführung BGH 12. Zivilsenat, 6. Oktober 2004, XII ZB 57/03

Tenor
            Auf die Revision des Antragsgegners wird das Urteil des 3. Zivilsenats - 2. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 29. September 2010 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Antragsgegners erkannt worden ist.

            Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

            Von Rechts wegen
Tatbestand
1          Die Parteien streiten um nachehelichen Unterhalt.

2          Die 1949 geborene Antragstellerin (im Folgenden: Ehefrau) und der ebenfalls 1949 geborene Antragsgegner (im Folgenden: Ehemann) heirateten am 5. August 1977, nachdem sie zuvor fünf Jahre lang zusammengelebt hatten. Vor der Eheschließung hatten die Parteien am 25. Juli 1977 einen notariell beurkundeten Ehevertrag geschlossen, durch den sie den Versorgungsausgleich ausschlossen, gleichwohl den Güterstand der Zugewinngemeinschaft vereinbarten und für den Fall der Scheidung wechselseitig auf jegliche Unterhaltsansprüche verzichteten. Aus der Ehe der Parteien sind zwei mittlerweile volljährige, in den Jahren 1979 und 1982 geborene Kinder hervorgegangen.

3          Der Ehemann befand sich im Zeitpunkt der Eheschließung noch als Rechtspraktikant in der einphasigen Juristenausbildung an der Universität B. Die Ehefrau war seit 1973 als Stationsschwester in einem evangelischen Krankenhaus in O. vollschichtig berufstätig.

4          Der Ehemann legte im Jahre 1980 das juristische Staatsexamen ab und trat im gleichen Jahre als Verwaltungsrat mit der Besoldungsgruppe A 13 in den höheren Dienst einer Landesversicherungsanstalt ein. Nach der Geburt des zweiten Kindes im Jahre 1982 reduzierte die Ehefrau den Umfang ihrer Beschäftigung als Krankenschwester auf eine Halbtagstätigkeit; sie war danach auch nicht mehr als Stationsschwester tätig. In der Folgezeit versorgte die Ehefrau den Haushalt und die Kinder weitgehend allein. Im Jahre 1991 wechselte der Ehemann in den Dienst des Landes Sachsen-​Anhalt, wo er derzeit als Ministerialrat nach der Besoldungsgruppe B 2 besoldet wird.

5          Die Parteien trennten sich im Jahre 2005. Die Ehefrau übte ihre Teilzeitbeschäftigung als Krankenschwester im evangelischen Krankenhaus O. in unverändertem Umfang bis zu einer Erkrankung im Frühjahr 2007 aus. Seit dem Jahr 2009 bezieht die Ehefrau - rückwirkend seit Mai 2008 - Erwerbsminderungsrenten der Deutschen Rentenversicherung Bund und der Evangelischen Zusatzversorgungskasse (früher: Kirchliche Zusatzversorgungskasse Darmstadt). Aus der Teilung des Erlöses für den Verkauf des ehemaligen Familienheimes in O. erhielt die Ehefrau 76.000 €; daneben zahlte ihr der Ehemann im Rahmen der güterrechtlichen Auseinandersetzung einen Betrag in Höhe von 12.500 €. Ferner flossen der Ehefrau nach der Trennung aus einer Erbschaft weitere 5.000 € zu.

6          Das Amtsgericht hat die Ehe der Parteien auf einen im Mai 2008 zugestellten Scheidungsantrag durch Urteil vom 18. November 2009 geschieden und den Versorgungsausgleich in einem beschränkten und - nach seiner Ansicht - zum Ausgleich ehebedingter Versorgungsnachteile erforderlichen Umfange durchgeführt, indem es im Wege des Quasi-​Splittings zu Lasten der Beamtenversorgung des Ehemannes monatliche und auf das Ende der Ehezeit am 30. April 2008 bezogene Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 417,98 € auf dem Versicherungskonto der Ehefrau begründet hat. Den im Verbund gestellten Antrag der Ehefrau auf Zahlung nachehelichen Unterhalts hat das Amtsgericht abgewiesen. Gegen die Entscheidung zum Unterhalt hat sich die Ehefrau mit ihrer Berufung gewendet, mit der sie weiterhin die Zahlung eines nach den ehelichen Lebensverhältnissen bemessenen nachehelichen Unterhalts in Höhe von monatlich 919 € begehrt hat. Das Oberlandesgericht hat die angefochtene Entscheidung insoweit teilweise abgeändert und den Ehemann zur Zahlung eines Nachscheidungsunterhalts in Höhe von monatlich 330 € verurteilt.

7          Hiergegen richtet sich die vom Oberlandesgericht zugelassene Revision des Ehemannes, der die Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Entscheidung erstrebt.
Entscheidungsgründe

8          Die zulässige Revision hat Erfolg.



9          Auf das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-​RG noch das bis zum 31. August 2009 geltende Prozessrecht anzuwenden, weil das Verfahren vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 3. November 2010 - XII ZB 197/10 - FamRZ 2010, 100 Rn. 10).



            I.



10        1. Das Berufungsgericht hat die Auffassung vertreten, dass der am 25. Juli 1977 geschlossene Ehevertrag der Parteien einer Inhaltskontrolle am Maßstab des § 138 BGB standhalte und zur Begründung das Folgende ausgeführt:



11        Die Vereinbarung habe im Zeitpunkt ihres Zustandekommens nicht zu einer derart einseitigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall geführt, dass ihr - losgelöst von der zukünftigen Entwicklung der Ehegatten und ihrer Lebensverhältnisse - wegen Verstoßes gegen die guten Sitten die Anerkennung der Rechtsordnung ganz oder teilweise versagt werden müsse. Zwar seien durch den Vertrag Regelungen aus dem Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts ganz oder zu erheblichen Teilen abbedungen worden, ohne dass dies durch anderweitige Vorteile kompensiert worden sei. Dies sei aber durch die besonderen Verhältnisse der Ehegatten gerechtfertigt gewesen.



12        In der Vorausschau hätten auf beiden Seiten Chancen und Risiken bestanden. Es sei bei Vertragsschluss in der Mitte des Jahres 1977 noch nicht sicher gewesen, dass der Ehemann seine erst zu etwa 2/3 abgeschlossene Hochschulausbildung erfolgreich absolvieren und sich daran eine Laufbahn als Jurist im Beamtenverhältnis anschließen würde; erst recht seien die beruflichen Aufstiegsmöglichkeiten, die sich für den Ehemann durch die Wiedervereinigung in den neuen Bundesländern ergeben sollten, nicht vorhersehbar gewesen. Für den Fall, dass das Studium des Ehemannes misslungen oder auf dem Arbeitsmarkt für ihn keine gut bezahlten Stellen zu finden gewesen wären, hätte sich der Ehevertrag auch für die Ehefrau günstig auswirken können.



13        Die Geburt des ersten Kindes im Jahre 1979 lasse nicht darauf schließen, dass schon bei Abschluss des Ehevertrages im Jahre 1977 geplant gewesen sei, dass die Ehefrau ihre Erwerbstätigkeit wegen der Kinderbetreuung einschränken würde, denn auch danach sei die Ehefrau noch bis zur Geburt des zweiten Kindes im Jahre 1982 vollschichtig berufstätig geblieben. Es könne auch sonst nicht festgestellt werden, dass eine der Vertragsparteien subjektiv unterlegen gewesen sei. Beide Parteien seien bei Vertragsschluss etwa gleich alt gewesen und hätten bereits seit 1972 nichtehelich zusammengelebt. Die Ehefrau habe als Krankenschwester berufliche Erfolge aufzuweisen gehabt. Zwar möge es naheliegen, dass der Ehemann als angehender Jurist eine deutlichere Vorstellung vom Inhalt und von der Tragweite des kurz zuvor in Kraft getretenen neuen Eherechts gehabt habe; aufgrund der auch für juristische Laien eindeutigen Formulierungen des Ehevertrages habe sich auch die Ehefrau aber nicht der Erkenntnis verschließen können, dass für den Fall der Scheidung "jegliche Unterhaltsansprüche" ausgeschlossen sein würden. Nach der Belehrung durch den Notar hätte die Ehefrau auch eine ungefähre Vorstellung davon haben müssen, was der Verzicht auf den Versorgungsausgleich bedeute.



14        Einen Sachverhalt, aus dem sich sachlich schlüssig eine - wie immer geartete - Zwangslage für die Ehefrau ergeben könnte, sei von ihr nicht dargelegt worden. Es sei nicht ersichtlich, warum die Ablehnung des Vertragsschlusses zwangsläufig zu einer Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft geführt hätte. Auch erschließe sich nicht, worin der Verlust der sozialen Achtung für die Ehefrau gelegen haben sollte, wenn die Parteien ihr nichteheliches Zusammenleben ohne Vertragsschluss und ohne Eheschließung fortgesetzt hätten.



15        Diese - der Revision günstigen - Ausführungen des Berufungsgerichts halten der mit der Revisionserwiderung erhobenen Gegenrüge der Ehefrau stand.



16        2. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (grundlegend Senatsurteil BGHZ 158, 81 = FamRZ 2004, 601, 604 ff.) darf die grundsätzliche Disponibilität der Scheidungsfolgen nicht dazu führen, dass der Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen durch vertragliche Vereinbarungen beliebig unterlaufen werden kann. Das wäre der Fall, wenn dadurch eine evident einseitige und durch die individuelle Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigte Lastenverteilung entstünde, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten - bei angemessener Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten und seines Vertrauens in die Geltung der getroffenen Abrede - bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar erscheint.



17        Im Rahmen der Wirksamkeitskontrolle hat der Tatrichter zu prüfen, ob die Vereinbarung schon im Zeitpunkt ihres Zustandekommens offenkundig zu einer derart einseitigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall führt, dass ihr - und zwar losgelöst von der künftigen Entwicklung der Ehegatten und ihrer Lebensverhältnisse - wegen Verstoßes gegen die guten Sitten die Anerkennung der Rechtsordnung ganz oder teilweise mit der Folge zu versagen ist, dass an ihre Stelle die gesetzlichen Regelungen treten (§ 138 Abs. 1 BGB). Erforderlich ist dabei eine Gesamtwürdigung, die auf die individuellen Verhältnisse beim Vertragsschluss abstellt, insbesondere also auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse, den geplanten oder bereits verwirklichten Zuschnitt der Ehe sowie auf die Auswirkungen auf die Ehegatten und auf die Kinder. Subjektiv sind die von den Ehegatten mit der Abrede verfolgten Zwecke sowie die sonstigen Beweggründe zu berücksichtigen, die den begünstigten Ehegatten zu seinem Verlangen nach der ehevertraglichen Gestaltung veranlasst und den benachteiligten Ehegatten bewogen haben, diesem Verlangen zu entsprechen (Senatsurteil BGHZ 158, 81 = FamRZ 2004, 601, 606; vgl. zuletzt Senatsurteil vom 18. März 2009 - XII ZR 94/06 - FamRZ 2009, 2124 Rn. 13). Diese Gesamtwürdigung hat das Berufungsgericht ohne revisionsrechtlich bedeutsame Fehler vorgenommen.



18        a) Das Berufungsgericht hat nicht verkannt, dass der objektive Vertragsinhalt erheblich in den Kernbereich der Scheidungsfolgen eingreift, soweit es den vollständigen Verzicht auf Betreuungs-​, Alters- und Krankenunterhalt sowie den Verzicht auf den Versorgungsausgleich betrifft. Bei gesonderter Betrachtung begegnen diese Einzelregelungen allerdings unter dem Gesichtspunkt des § 138 Abs. 1 BGB noch keinen Bedenken.



19        aa) Der Anspruch auf Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB) ist zwar einer Disposition der Parteien am wenigsten zugänglich, weil er dem anspruchsberechtigten Ehegatten im Interesse gemeinsamer Kinder gewährt wird. Dies schließt allerdings eine vertragliche Modifikation dieses Anspruches - bis hin zu dessen gänzlichen Ausschluss - nicht schlechthin aus. Ein Verzicht auf Betreuungsunterhalt ist unter dem Gesichtspunkt des § 138 Abs. 1 BGB jedenfalls dann unbedenklich, wenn kein gemeinsamer Kinderwunsch der Ehegatten besteht und auch sonst für deren Absicht, eine Familie mit Kindern zu gründen, nichts ersichtlich ist (vgl. Senatsurteil vom 28. November 2008 - XII ZR 132/05 - FamRZ 2008, 582 Rn. 21). Aber auch dann, wenn der Zuschnitt der Ehe bei jüngeren Ehegatten zunächst auf das Modell der Doppelverdienerehe angelegt und Kinder zwar noch nicht geplant, aber ein späterer Kinderwunsch nicht ausgeschlossen ist, erscheint es zweifelhaft, ob bereits durch den Verzicht auf den Betreuungsunterhalt ein Eingriff in die Vertragsgestaltung im Wege einer richterlichen Wirksamkeitskontrolle veranlasst wird, oder ob für die Ehegatten nicht auch in diesem Falle eine umfassende Freiheit bei der inhaltlichen Gestaltung ihres Ehevertrages besteht, dessen Korrektur gegebenenfalls der Ausübungskontrolle nach § 242 BGB überlassen werden kann (vgl. Rauscher DNotZ 2004, 524, 537). Anhaltspunkte dafür, dass der Verzicht auf Betreuungsunterhalt für sich genommen objektiv sittenwidrig sein könnte, ergeben sich jedenfalls dann noch nicht, wenn sich bei Abschluss eines Ehevertrages durch berufstätige Ehegatten mit möglichem späteren Kinderwunsch noch keine Tendenz zu einer Alleinverdienerehe abzeichnete, weil sie von einer gleichgewichtigen Kinderbetreuung oder davon ausgingen, dass durch die spätere Geburt von gemeinsamen Kindern - etwa wegen einer besonders günstigen Kinderbetreuungssituation - kein Ehegatte seine Erwerbstätigkeit in nennenswerter Weise einschränken muss (vgl. Senatsurteil BGHZ 158, 81 = FamRZ 2004, 601, 605). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hatten die Parteien bei Vertragsschluss im Jahre 1977 noch nicht geplant, dass sich die Ehefrau bei Geburt eines Kindes aus dem Erwerbsleben zurückziehen sollte, was das Berufungsgericht in rechtlich nicht zu beanstandender Weise auch daraus geschlossen hat, dass die Ehefrau noch nach der Geburt des ersten Kindes im Jahre 1979 ihre vollschichtige Tätigkeit als Krankenschwester wieder aufgenommen hatte.



20        bb) Die Unterhaltsansprüche wegen Alters und Krankheit (§§ 1571, 1572 BGB) sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats zwar dem Kernbereich der Scheidungsfolgen zuzurechnen. Ihr Ausschluss wird allerdings - für sich genommen - unter dem Gesichtspunkt des § 138 Abs. 1 BGB zumeist schon deshalb keinen Bedenken begegnen, weil im Zeitpunkt des Vertragsschlusses regelmäßig noch nicht absehbar ist, ob, wann und unter welchen wirtschaftlichen Gegebenheiten ein Ehegatte wegen Alters oder Krankheit unterhaltsbedürftig werden könnte (Senatsurteile vom 12. Januar 2005 - XII ZR 238/03 - FamRZ 2005, 691, 692 und vom 28. November 2007 - XII ZR 132/05 - FamRZ 2008, 582 Rn. 22). Zusätzlich ist hier zu berücksichtigen, dass die Ehefrau im Zeitpunkt des Vertragsschlusses eine sozialversicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigung ausübte und nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zu jener Zeit keine konkreten Pläne verfolgt wurden, hieran auch im Hinblick auf einen späteren Kinderwunsch etwas zu ändern. Bei Vertragsschluss im Jahre 1977 ergaben sich daher keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Ehefrau, die sowohl Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung als auch in eine Zusatzversorgungseinrichtung einzahlte, nicht selbst in der Lage sein könnte, für Krankheit und Alter Vorsorge zu treffen.



21        cc) Aus den letztgenannten Gründen hält auch der von den Parteien im Ehevertrag vereinbarte Ausschluss des - nach seiner Zielrichtung als vorweggenommener Altersunterhalt zu verstehenden - Versorgungsausgleiches für sich genommen einer Wirksamkeitskontrolle am Maßstab des § 138 Abs. 1 BGB stand (vgl. Senatsbeschluss vom 6. Oktober 2004 - XII ZB 57/03 - FamRZ 2005, 185, 186).



22        b) Auch wenn die Einzelregelungen eines Ehevertrages bei jeweils gesonderter Betrachtung den Vorwurf der objektiven Sittenwidrigkeit nicht zu rechtfertigen vermögen, kann sich der Ehevertrag dennoch bei einer Gesamtwürdigung als insgesamt sittenwidrig erweisen, wenn das Zusammenwirken aller ehevertraglichen Einzelregelungen erkennbar auf die einseitige Benachteiligung eines Ehegatten abzielt (vgl. dazu Senatsurteile vom 12. Januar 2005 - XII ZR 238/03 - FamRZ 2005, 691, 693 und vom 9. Juli 2008 - XII ZR 6/07 - FamRZ 2008, 2011 Rn. 20 f.). Auch daraus lässt sich hier allerdings eine Sittenwidrigkeit des Ehevertrages nicht herleiten.



23        aa) Zum einen hat das Berufungsgericht in seine Würdigung zu Recht den Aspekt einbezogen, dass der im Ehevertrag vereinbarte Verzicht auf sämtliche Unterhaltsansprüche und auf den Versorgungsausgleich unter bestimmten und nicht völlig fernliegenden Umständen - etwa bei einer kurzen Ehedauer und einem beruflichen Scheitern des Ehemannes - auch zu einer Begünstigung der Ehefrau hätte führen können. Dies gilt insbesondere für den Verzicht auf Erwerbslosigkeitsunterhalt (§ 1573 Abs. 1 BGB), der sich nach Lage der Dinge im Jahre 1977 allenfalls zugunsten der Ehefrau hätte auswirken können, weil diese als langjährige Angehörige des öffentlichen Dienstes kein nennenswertes Arbeitsmarktrisiko mehr getragen haben dürfte.



24        bb) Zum anderen hat der Senat mehrfach betont, dass das Gesetz einen unverzichtbaren Mindestgehalt an Scheidungsfolgen zugunsten des berechtigten Ehegatten nicht kennt (vgl. Senatsurteile BGHZ 158, 81 = FamRZ 2004, 601, 604 und vom 28. März 2007 - XII ZR 130/04 - FamRZ 2007, 1309, 1310), so dass auch aus dem objektiven Zusammenspiel einseitig belastender Regelungen nur dann auf die weiter erforderliche verwerfliche Gesinnung des begünstigten Ehegatten geschlossen werden kann, wenn die Annahme gerechtfertigt ist, dass sich in dem unausgewogenen Vertragsinhalt eine auf ungleichen Verhandlungspositionen basierende einseitige Dominanz eines Ehegatten und damit eine Störung der subjektiven Vertragsparität widerspiegelt. Eine lediglich auf die Einseitigkeit der Lastenverteilung gegründete tatsächliche Vermutung für die subjektive Seite der Sittenwidrigkeit lässt sich bei familienrechtlichen Verträgen nicht aufstellen (Senatsurteil BGHZ 178, 322 = FamRZ 2009, 198 Rn. 32 f.). Ein unausgewogener Vertragsinhalt mag zwar ein gewisses Indiz für eine unterlegene Verhandlungsposition des belasteten Ehegatten sein. Gleichwohl wird das Verdikt der Sittenwidrigkeit in der Regel nicht gerechtfertigt sein, wenn sonst außerhalb der Vertragsurkunde keine verstärkenden Umstände zu erkennen sind, die auf eine subjektive Imparität, insbesondere infolge der Ausnutzung einer Zwangslage, sozialer oder wirtschaftlicher Abhängigkeit oder intellektueller Unterlegenheit, hindeuten könnten (vgl. OLG Celle NJW-​RR 2009, 1302, 1304; Palandt/Brudermüller BGB 71. Aufl. § 1408 Rn. 10; Rauscher, Familienrecht 2. Aufl. Rn. 366 m; Münch DNotZ 2005, 819, 825 f.; Bergschneider FamRZ 2007, 1246). In dieser Hinsicht geht das Berufungsgericht zu Recht davon aus, dass tragfähige Anhaltspunkte für eine subjektive Unterlegenheit der Ehefrau im Zeitpunkt des Vertragsschlusses weder von der Ehefrau vorgetragen noch sonst ersichtlich sind.
25        Eine soziale oder wirtschaftliche Abhängigkeit der seinerzeit mit auskömmlichen Einkünften vollschichtig berufstätigen Ehefrau von ihrem noch in der Hochschulausbildung befindlichen Ehemann lag im Jahre 1977 ersichtlich nicht vor. Auch eine mögliche intellektuelle Unterlegenheit der Ehefrau gegenüber dem juristisch versierten Ehemann vermag hier die Annahme ungleicher Verhandlungspositionen beim Abschluss des Ehevertrages nicht zu begründen. Das Berufungsgericht geht aufgrund der von ihm getroffenen Feststellungen rechtlich bedenkenfrei davon aus, dass sich die Ehefrau bei Abschluss des Vertrages darüber im Klaren gewesen sein musste, was der im Ehevertrag vereinbarte Verzicht auf "jegliche" Unterhaltsansprüche und auf den Versorgungsausgleich bedeutete. Dies ergibt sich im Übrigen auch schon aus dem eigenen Vortrag der Ehefrau, wonach der Ehemann im Hinblick auf die zum 1. Juli 1977 (d.h. durch das Erste Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts vom 14. Juni 1976, BGBl. I, S. 1421) geänderte Rechtslage mehrfach deutlich gemacht haben soll, dass er nur dann eine Ehe schließen werde, wenn er im Falle der Scheidung keinen Unterhalt zahlen müsse und auch seine Rente ihm voll und ganz verbleibe. Danach dürfte es für die Ehefrau bei Vertragsschluss keinen vernünftigen Zweifel an Inhalt und Tragweite der im Ehevertrag enthaltenen Verzichtserklärungen mehr gegeben haben.



26        Auch sonstige Umstände, die eine Zwangslage der Ehefrau begründet oder sie gehindert hätten, auf Abschluss oder Inhalt des Ehevertrags Einfluss zu nehmen, sind nicht ersichtlich. Konkrete Anhaltspunkte für eine Überrumpelung der Ehefrau im Zusammenhang mit der Errichtung der notariellen Urkunde hat das Berufungsgericht nicht feststellen können. Soweit die Ehefrau das Bestehen einer Zwangslage für sich daraus herleiten will, dass der Ehemann im Falle der Verweigerung eines Vertragsschlusses die Hochzeit abgesagt hätte und die Ehefrau dadurch unter den gesellschaftlichen Verhältnissen des Jahres 1977 einer besonderen sozialen Stigmatisierung und Ächtung ("gefallenes Mädchen") anheimgefallen wäre, hat das Berufungsgericht dieses Vorbringen in tatrichterlicher Verantwortung geprüft und nicht für durchgreifend erachtet. Hiergegen sind aus Rechtsgründen Bedenken nicht zu erheben.



            II.



27        1. Das Berufungsgericht hat zur weiteren Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen das Folgende ausgeführt:



28        Auch wenn der Vertrag nicht von Anfang an nichtig sei, müsse die Ausübung der Rechte mit § 242 BGB vereinbar sein. Da beim Abschluss des Vertrages noch nicht festgestanden habe, wie die Parteien ihre Ehe gestalten würden und die Möglichkeit bestanden habe, dass beide voll berufstätig und im Wesentlichen wirtschaftlich selbständig sein würden, gäben der tatsächliche Verlauf der Ehe und die dadurch verursachten beruflichen Nachteile der Ehefrau Anlass für eine Einschränkung der Rechte des Ehemannes aus dem Vertrag. Es wäre evident einseitig, wenn nach dem Scheitern der Ehe ein Ehegatte sowohl unter dem Gesichtspunkt des Unterhalts als auch unter dem Gesichtspunkt der Altersvorsorge die durch den tatsächlichen Verlauf der Ehe begründeten Nachteile allein zu tragen hätte. Der Ehemann könne sich daher insoweit nicht auf den Vertrag berufen, als es um den Ausgleich ehebedingter Nachteile gehe.



29        Diese Nachteile bestünden im Wesentlichen darin, dass die Ehefrau nach der Geburt des zweiten Kindes im Jahre 1982 ihre Erwerbstätigkeit als Krankenschwester auf eine Halbtagstätigkeit reduziert habe und seither nicht mehr als Stationsschwester tätig gewesen sei; zudem sei ihr die Möglichkeit genommen worden, im Krankenhausbetrieb beruflich aufzusteigen. Zur Erfassung solcher ehebedingten Nachteile müsse die tatsächliche Lage mit derjenigen Lage verglichen werden, in der sie sich ohne Ehe und Kinderbetreuung befinden würde. Da die Antragsgegnerin gegenwärtig eine Rente wegen voller Erwerbsminderung beziehe und diese Erkrankung nicht ehebedingt sei, könnten sich ihre ehebedingten Nachteile aber zur Zeit nur auswirken, wenn und soweit sie nicht schon durch den Versorgungsausgleich ausgeglichen worden seien.



30        Die Halbteilung der beiderseits in der Ehe erworbenen Anrechte ergäbe einen Ausgleich zu Gunsten der Ehefrau in Höhe von 1.034,20 €. Die Ehefrau könne aber nur den Ausgleich ehebedingter Nachteile beanspruchen; der vom Amtsgericht vorgenommene Versorgungsausgleich habe diese Nachteile jedoch nicht ausgleichen können. Vielmehr wäre es zum Ausgleich ehebedingter Nachteile erforderlich gewesen, zu Lasten der Versorgungsanrechte des Ehemannes zu Gunsten der Ehefrau monatliche und auf das Ende der Ehezeit bezogene Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung im Wert von monatlich 800 € auf ihrem Versicherungskonto zu begründen.



31        Tatsächlich habe die Ehefrau in der Ehezeit Rentenanwartschaften in einer Gesamthöhe von rund 837 € (davon 576 € gesetzliche Rente und 261 € kirchliche Zusatzversorgung) erworben. Zwar hätte eine vollschichtige Erwerbstätigkeit der Ehefrau als "einfache" Krankenschwester nicht zu einer Verdopplung dieser in der Ehezeit erworbenen Anrechte geführt, weil die Ehefrau auch in der Ehezeit noch viereinhalb Jahre vollschichtig tätig war, die tatsächlich von ihr ausgeübte Teilzeitbeschäftigung mit rund 55 % der Regelarbeitszeit geringfügig mehr als halbschichtig gewesen sei und ihre tatsächlich erworbenen Anrechte zudem durch Kindererziehungszeiten erhöht worden seien, die ihr ohne die Geburt der Kinder nicht gutgebracht worden wären. Andererseits wäre die Ehefrau ohne die Einschränkung ihrer Berufstätigkeit auch nicht zur einfachen Krankenschwester zurückgestuft worden. Vielmehr spreche alles dafür, dass sie zumindest die nächste Stufe in der Hierarchie des Krankenhausbetriebes erreicht hätte, zumal sie durch die Übertragung der Aufgaben einer Stationsschwester im Alter von 23 Jahren bereits besonderen Ehrgeiz und besondere Leistungen in ihrem Beruf unter Beweis gestellt habe. Danach könne geschätzt werden, dass der Ehefrau durch die Einschränkung ihrer Berufstätigkeit in der Ehezeit Versorgungsanwartschaften in Höhe von 800 € entgangen seien. Da das Amtsgericht der Ehefrau lediglich Anrechte in Höhe von 418 € übertragen habe, wäre zum vollständigen Ausgleich ehebedingter Nachteile ein weiterer Ausgleich in Höhe von 382 € erforderlich gewesen.



32        Ein Ausgleich dieser Nachteile über das Unterhaltsrecht sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Ausspruch des Versorgungsausgleichs zwischenzeitlich in Rechtskraft erwachsen sei. Zwar sei der Ausgleich ehebedingter Nachteile im Hinblick auf den Erwerb eigener Versorgungsanwartschaften vornehmlich Aufgabe des Versorgungsausgleiches und nicht des Unterhaltsrechts. Ehebedingte Nachteile könnten grundsätzlich auch nicht damit begründet werden, dass der Versorgungsausgleich den Verlust eigener Rentenanwartschaften durch die Unterbrechung der Erwerbstätigkeit nicht vollständig habe ausgleichen können, weil diesbezügliche Nachteile in der Versorgungsbilanz von beiden Ehegatten gleichermaßen zu tragen seien. Dies könne aber nur dann gelten, wenn für die Ehezeit der Versorgungsausgleich vollständig durchgeführt sei. Hat der Versorgungsausgleich demgegenüber nicht zu einer Halbteilung der Versorgungsanwartschaften geführt, bleibe ein Ausgleich über den Unterhalt möglich.



33        Für diesen Ausgleich komme es im vorliegenden Fall darauf an, wie sich ein entsprechend erhöhter Versorgungsausgleich auf die Höhe der Renten der Ehefrau ausgewirkt hätte. Die Werte der erworbenen Versorgungsanrechte bezögen sich jeweils auf einen regulären Rentenbeginn bei Vollendung des 65. Lebensjahres. Die Ehefrau beziehe aber tatsächlich Renten wegen Erwerbsminderung, die niedriger ausfallen als die Vollrenten bei Erreichen der Regelaltersgrenze. Außerdem müsse berücksichtigt werden, dass aus einer erhöhten Rente auch erhöhte Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu zahlen gewesen wären. Die tatsächliche Nettorente der Ehefrau bei der Deutschen Rentenversicherung Bund betrage rund 86 % des "erworbenen Anrechtes". Hätte die Ehefrau im Versorgungsausgleich nicht rund 418 €, sondern 800 € erhalten, würde ihr aus der Differenz überschlägig eine zusätzliche Nettorente in Höhe von 86 % = 330 € zufließen. Das Vermögen, das die Ehefrau aus dem Erlös für den Verkauf des ehemaligen Familienheimes, aus der Zahlung für den Zugewinnausgleich und aus der Erbschaft bezogen habe, sei kein Ausgleich ehebedingter Nachteile und verminderten den mit 330 € zu bemessenen Unterhaltsanspruch der Ehefrau daher nicht.



34        Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand.



35        2. Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts. Soweit ein Ehevertrag - wie hier - der Wirksamkeitskontrolle standhält, muss der Richter im Rahmen einer Ausübungskontrolle prüfen, ob und inwieweit es einem Ehegatten nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt ist, sich auf eine ihn begünstigende Regelung zu berufen. Entscheidend ist insofern, ob sich im Zeitpunkt des Scheiterns der Ehe aus dem vereinbarten Ausschluss der Scheidungsfolge eine evident einseitige, unzumutbare Lastenverteilung ergibt. Hält die Berufung eines Ehegatten auf die getroffene Regelung der Ausübungskontrolle nicht stand, so führt dies weder zur Unwirksamkeit des Ausschlusses der gesetzlichen Scheidungsfolge noch dazu, dass die gesetzliche Regelung in Vollzug gesetzt wird. Der Richter hat vielmehr diejenige Rechtsfolge anzuordnen, die den berechtigten Belangen beider Parteien in der eingetretenen Situation in ausgewogener Weise Rechnung trägt (vgl. grundlegend Senatsurteil BGHZ 158, 81 = FamRZ 2004, 601, 606). Auch die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) können dabei auf Eheverträge Anwendung finden, wenn und soweit die tatsächliche Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse von derjenigen ursprünglichen Lebensplanung abweicht, welche die Ehegatten dem Ehevertrag zugrunde gelegt haben (Senatsurteile vom 2. Februar 2011 - XII ZR 11/09 - FamRZ 2011, 1377 Rn. 16 und vom 17. Oktober 2007 - XII ZR 96/05 - FamRZ 2008, 386 Rn. 36).



36        a) Eine grundlegende Abweichung der tatsächlichen Lebenssituation von den beim Vertragsschluss zugrunde gelegten Lebensumständen hat das Berufungsgericht im Hinblick auf die dem Ehevertrag nachfolgende Geburt der beiden Kinder und die mit deren Betreuung einhergehende eingeschränkte Erwerbstätigkeit der Ehefrau mit Recht bejaht (vgl. auch Senatsbeschluss vom 6. Oktober 2004 - XII ZB 57/03 - FamRZ 2005, 185, 187). Auch die Revision erinnert gegen diese Beurteilung nichts.



37        b) Ist derjenige Ehegatte, der seine Erwerbstätigkeit für die Betreuung gemeinsamer Kinder eingeschränkt hat, im Zeitpunkt der Scheidung erwerbsunfähig erkrankt, wird sich die ehevertragliche Ausübungskontrolle im Hinblick auf die geänderten Verhältnisse grundsätzlich an dem Gedanken zu orientieren haben, dass dieser Ehegatte aufgrund der tatsächlichen Rollenverteilung in der Ehe nicht ausreichend für den Fall seiner krankheitsbedingten Erwerbsminderung vorsorgen konnte und seine Erwerbsminderungsrente infolgedessen geringer ist, als sie es gewesen wäre, wenn er seine (vollschichtige) Berufstätigkeit entsprechend der ursprünglichen Lebensplanung bis zum Eintritt der Erwerbsunfähigkeit fortgesetzt hätte. Der Ausgleich unzureichender Vorsorgebeiträge ist dabei nach ständiger Rechtsprechung des Senats vornehmlich Aufgabe des Versorgungsausgleichs (Senatsurteile vom 17. Februar 2010 - XII ZR 140/08 - FamRZ 2010, 629 Rn. 24 und vom 7. Juli 2010 - XII ZR 157/08 - FamRZ 2011, 188 Rn. 16 mwN), so dass der für die Ausübungskontrolle gewählte Ausgangspunkt, der Ehefrau über den vertraglich ursprünglich ausgeschlossen gewesenen Versorgungsausgleich nunmehr diejenigen Versorgungsanrechte zukommen zu lassen, die ihr zwischen 1982 und 2008 durch die Einschränkung ihrer Erwerbstätigkeit entgangen sind, grundsätzlich nicht zu beanstanden ist.



38        3. Ebenfalls zutreffend ist die Einschätzung des Berufungsgerichts, dass die von dem Amtsgericht im Wege des Quasi-​Splittings angeordnete Begründung von monatlichen und auf das Ende der Ehezeit am 30. April 2008 bezogenen Rentenanwartschaften in Höhe von 417,98 € auf dem Versicherungskonto der Ehefrau bei der Deutschen Rentenversicherung Bund nicht ausreichend war, die Versorgungsnachteile der Ehefrau vollständig auszugleichen.



39        Dies wird schon anhand der Erwägungen deutlich, mit denen das Amtsgericht die Bemessung der Nachteile beim Aufbau von Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung begründet hat. Das Amtsgericht ging bei seinen Berechnungen davon aus, dass es der Ehefrau bei einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit im erlernten Beruf als Krankenschwester möglich gewesen wäre, in jedem Kalenderjahr der Ehezeit durch Beitragszahlungen durchschnittlich einen Entgeltpunkt zu erwerben. Dieser Berechnungsansatz ist zur Bestimmung fiktiver Versorgungsanrechte der gesetzlichen Rentenversicherung im Rahmen des Nachteilsausgleiches beim Versorgungsausgleich zwar nicht grundsätzlich ungeeignet. Das vom Amtsgericht dabei gefundene Ergebnis wird aber schon dadurch in Frage gestellt, dass die Ehefrau ausweislich der Versorgungsauskunft der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 30. Oktober 2008 bereits im Jahr 1978, d.h. im letzten vollen Kalenderjahr ihrer vollschichtigen Berufstätigkeit als Stationsschwester vor der Geburt des ersten Kindes, aufgrund ihrer Beitragszahlungen 1,1121 Entgeltpunkte erwerben konnte und keineswegs anzunehmen war, dass sich bei zunehmender Berufserfahrung und steigendem Lebensalter das Verhältnis ihres Einkommens zum Durchschnittseinkommen aller Versicherten (Durchschnittsentgelt) in den Folgejahren verschlechtert hätte. Auch im Übrigen ergibt sich aus der Versorgungsauskunft, dass die Ehefrau schon aus ihrer tatsächlich ausgeübten Teilzeitbeschäftigung als Krankenschwester ohne Personalverantwortung in allen Jahren der Ehezeit seit 1983 durchgehend ein Einkommen erzielen konnte, welches - hochgerechnet auf ihre jeweilige Regelarbeitszeit - über dem Durchschnittseinkommen aller Versicherten im betreffenden Kalenderjahr lag. Die Beurteilung, dass der von dem Amtsgericht in erster Instanz angeordnete Versorgungsausgleich die der Ehefrau durch die Einschränkung ihrer Berufstätigkeit seit 1982 entgangenen Versorgungsanrechte nicht vollständig auszugleichen vermochte, nimmt auch die Revision erkennbar hin.



40        4. Das Berufungsgericht hat es im Rahmen der vertraglichen Ausübungskontrolle für möglich und geboten erachtet, der Ehefrau zum Ausgleich für die durch den erstinstanzlich angeordneten Versorgungsausgleich noch nicht vollständig kompensierten Rentennachteile einen ergänzenden Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB zu gewähren. Die dagegen erhobenen grundsätzlichen Einwendungen der Revision greifen nicht durch.



41        a) Eine weitergehende Anpassung des Vertrages wegen unterhaltsrechtlicher Regelungen scheidet nicht schon deshalb aus, weil die Ehefrau die erstinstanzliche Entscheidung zum Versorgungsausgleich nicht angefochten hatte und diese deshalb in Rechtskraft erwachsen ist.



42        Die Ehefrau ist im vorliegenden Fall unterhaltsbedürftig, soweit sie mit ihren tatsächlichen Renteneinkünften - auch unter Berücksichtigung des im Versorgungsausgleich bereits erworbenen Zuschlags an Entgeltpunkten - ihren nach dem Maßstab des Nachteilsausgleichs zu bemessenen Unterhaltsbedarf nicht decken kann. Zwar hätte die Ehefrau bedarfsdeckende Renteneinkünfte zur Verfügung gehabt, wenn sie mit einem Rechtsmittel gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich erfolgreich eine höhere Bewertung ihrer durch die eheliche Rollenverteilung bedingten Versorgungsnachteile geltend gemacht hätte. Ob und wie sich dieses Unterlassen allerdings auf den Unterhaltsanspruch auswirken kann, richtet sich nach den allgemeinen unterhaltsrechtlichen Grundsätzen über die Herbeiführung der Bedürftigkeit durch den Unterhaltsberechtigten (§ 1579 Nr. 4 BGB) und ist daher nach den Kriterien der Mutwilligkeit und unterhaltsbezogenen Leichtfertigkeit zu beurteilen; diese sind nicht schon bei einem einfachen Verschulden des Unterhaltsberechtigten erfüllt (vgl. dazu zuletzt Senatsurteil vom 21. Februar 2001 - XII ZR 34/99 - FamRZ 2001, 541, 544). Von einer mutwilligen Herbeiführung der Bedürftigkeit kann hier schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil die Ehefrau gegenüber dem Ehemann bereits keine Obliegenheit traf, das Verfahren über den Versorgungsausgleich in einer bestimmten Weise zu führen. Denn der Ehemann selbst stand der Ehefrau als Gegner im Versorgungsausgleichsverfahren gegenüber, und er wurde durch eine möglicherweise nicht sachgerechte Verfahrensführung der Ehefrau nicht unmittelbar benachteiligt, sondern sogar begünstigt.



43        b) Entgegen der Auffassung der Revision rückt die vom Berufungsgericht vorgenommene unterhaltsrechtliche Korrektur der bestandskräftig gewordenen Entscheidung zum Versorgungsausgleich den Unterhaltsanspruch der Ehefrau auch nicht in die unzulässige Nähe eines sich aus den ehelichen Wirkungen ergebenden Schadenersatzanspruches.



44        Dieser Einwand wäre allenfalls dann berechtigt, wenn die von beiden Ehegatten erworbenen Versorgungsanrechte über den Versorgungsausgleich hälftig aufgeteilt worden wären. In diesen Fällen wird der Ausgleichspflichtige aufgrund des Halbteilungsgrundsatzes auf das Versorgungsniveau des anderen Ehegatten herabgesetzt, so dass im Hinblick darauf, dass das System der Scheidungsfolgen auf einer Halbteilung des gemeinsam Erwirtschafteten beruht, für eine Ergänzung dieses Ausgleichssystems über den Unterhalt regelmäßig (zu den Ausnahmen vgl. etwa Senatsurteile vom 4. August 2010 - XII ZR 7/09 - FamRZ 2010, 1633 Rn. 25 [phasenverschobene Ehe] und vom 2. März 2011 - XII ZR 44/09 - FamRZ 2011, 713 Rn. 20 [kein Zugang zur Erwerbsminderungsrente wegen fehlender Pflichtbeitragszeiten]) kein Raum mehr bleibt (Senatsurteile vom 16. April 2008 - XII ZR 107/06 - FamRZ 2008, 1325 Rn. 43 und vom 25. Juni 2008 - XII ZR 109/07 - FamRZ 2008, 1508 Rn. 25; Borth FamRZ 2008, 1329, 1331). Ein ergänzender Unterhaltsanspruch wegen ehebedingter Nachteile in der Versorgungssituation ist demgegenüber nicht von vornherein ausgeschlossen, wenn der Versorgungsausgleich noch nicht zu einer Halbteilung der in der Ehe erworbenen Versorgungsanrechte geführt hat.



45        5. Demgegenüber sind die Ausführungen des Oberlandesgerichts zur Bemessung der Höhe des unterhaltsrechtlich auszugleichenden Nachteils nicht in allen Punkten frei von rechtlichen Bedenken.



46        a) Das Berufungsgericht bemisst den nicht ausgeglichenen ehebedingten Nachteil nicht auf der Grundlage der fiktiven Erwerbsminderungsrenten, welche die Ehefrau aus der gesetzlichen Rentenversicherung einerseits und aus der kirchlichen Zusatzversorgung andererseits bezogen hätte, wenn sie bis zum Eintritt der Erwerbsunfähigkeit vollschichtig berufstätig geblieben wäre. Es nimmt vielmehr jene hypothetische Versorgungslage zum Maßstab, die sich für die erwerbsunfähige Ehefrau ergeben hätte, wenn der - dem Rechtszustand bis zum 31. August 2009 unterworfene - Versorgungsausgleich durch Begründung von Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung im Wege des Quasi-​Splittings in einer zum Ausgleich ehebedingter Versorgungsnachteile ausreichenden Höhe durchgeführt worden wäre. Auch wenn beide Berechnungsansätze schon aus rentenrechtlichen Gründen nicht zu dem gleichen Ergebnis führen werden, ist der vom Berufungsgericht beschrittene Rechenweg folgerichtig, wenn man - wie das Berufungsgericht - davon ausgeht, dass die Versorgungsnachteile der Ehefrau im Versorgungsausgleich hätten vollständig ausgeglichen werden können und müssen.



47        b) Indessen rügt die Revision zu Recht, dass die Annahme des Berufungsgerichts, der Ehefrau seien durch die Einschränkung ihrer Erwerbstätigkeit nach der Geburt des zweiten Kindes im Jahre 1982 in der gesetzlichen Rentenversicherung und in der kirchlichen Zusatzversorgung Versorgungsanwartschaften in einer monatlicher Höhe von 800 € entgangen, auf unzureichende Tatsachenfeststellungen gegründet ist.



48        Zwar hat der Senat bereits ausgesprochen, dass sich der Tatrichter im Rahmen der Bemessung von Versorgungsnachteilen bei der Entwicklung einer hypothetischen Erwerbsbiographie und einem darauf beruhenden Versicherungsverlauf der überschlägigen Schätzung nach § 287 ZPO bedienen darf (vgl. Senatsbeschluss von 6. Oktober 2004 - XII ZB 57/03 - FamRZ 2005, 185, 187) und dies in vielen Fällen auch muss. Dies entbindet ihn indes nicht davon, in seiner Entscheidung die tatsächlichen Grundlagen seiner Schätzung und ihre Auswertung in objektiv nachprüfbarer Weise anzugeben (BGHZ 6, 62, 63; Senatsurteile vom 26. März 2003 - XII ZR 167/01 - NJW-​RR 2003, 873, 874 und vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059 Rn. 33).



49        Daran fehlt es hier. Das Berufungsgericht hat die von der Ehefrau ohne Einschränkung ihrer Erwerbstätigkeit erzielbare Versorgung dadurch ermittelt, dass es die Summe der Nominalwerte aller von der Ehefrau in der Ehezeit tatsächlich erworbenen Versorgungsanwartschaften, wie sie sich nach den Versorgungsauskünften der Deutschen Rentenversicherung Bund und der früheren Kirchlichen Zusatzversorgungskasse Darmstadt dargestellt haben, in etwa verdoppelt hat und ist auf diese Weise zu einem im Versorgungsausgleich durch Übertragung von Rentenanwartschaften in Höhe von 800 € auszugleichenden Versorgungsnachteil gelangt. Diese Berechnung kann jedoch allenfalls einen groben Anhaltspunkt für die Höhe der Versorgungsanrechte bieten, welche die Ehefrau in den beiden Versorgungssystemen bei einer durchgehenden vollschichtigen Berufstätigkeit als Krankenschwester hätte erwerben können; sie steht demgegenüber auf keiner nachvollziehbaren Tatsachengrundlage.



50        Soweit es die Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung betrifft, werden die fiktiven Versorgungsanwartschaften in der Regel dadurch zu ermitteln sein, dass die gegebenenfalls gemäß § 287 ZPO zu schätzenden Entgelte, die der berechtigte Ehegatte bei gedachter (vollschichtiger) Erwerbstätigkeit in den Jahren der ehebedingten Aufgabe oder Einschränkung seiner Erwerbstätigkeit hätte erzielen können, in das Verhältnis zum jeweils gegebenen Durchschnittsentgelt aller Versicherten gesetzt und die sich hieraus ergebende Summe an Entgeltpunkten ermittelt wird (Senatsbeschluss vom 6. Oktober 2004 - XII ZB 57/03 - FamRZ 2005, 185, 188). Es kann bei einer längeren Aufgabe oder Einschränkung der Erwerbstätigkeit zur Vereinfachung der Berechnung auch erwogen werden, der Berechnung einen durchschnittlichen Erwerb von Entgeltpunkten im Kalenderjahr zugrunde zu legen und diesen Durchschnittswert auf den gesamten Betrachtungszeitraum zu übertragen; diese Methode wird sich allerdings als problematisch erweisen, wenn - wovon das Berufungsgericht auch im vorliegenden Fall ersichtlich ausgegangen ist - die gedachte Erwerbsbiographie des berechtigten Ehegatten mit einem beruflichen Aufstieg einhergegangen wäre. Auch in der kirchlichen Zusatzversorgung hängt die Bestimmung der hypothetischen Versorgungsanrechte von der Höhe der Entgelte ab, wobei noch die Besonderheit besteht, dass für die Versicherungszeiten bis zum Systemwechsel in der Zusatzversorgung zum 31. Dezember 2001 eine fiktive Startgutschrift ermittelt werden müsste.
51        Jedenfalls muss das Gericht seine Hypothesen über den Erwerb fiktiver Versorgungsanwartschaften und das damit korrespondierende erzielbare Arbeitseinkommen einer nachvollziehbaren Plausibilitätskontrolle unterziehen, etwa durch Anwendung von Erfahrungssätzen im jeweiligen Berufsfeld oder durch die Heranziehung von tariflichen Regelwerken (vgl. auch Senatsurteile vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059 Rn. 33 und vom 11. Juli 2012 - XII ZR 72/10 - FamRZ 2012, 1483 Rn. 44). Dies wäre unter den obwaltenden Umständen schon deshalb mit einem vertretbaren Aufwand möglich gewesen, weil sich die Vergütung der im öffentlichen Dienst beschäftigten Ehefrau aus Tarifverträgen (zuletzt aus den Arbeitsvertragsrichtlinien der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachen [AVR-​K]) ergeben hat und die Auswertung dieser Regelwerke dem Gericht auch eine Handreichung für die Beurteilung der Frage gegeben hätte, welche konkreten beruflichen Aufstiegsmöglichkeiten für die Ehefrau als Krankenschwester bestanden hätten und welcher Verdienst innerhalb des tariflichen Vergütungssystems dann von ihr zu erzielen gewesen wäre.
            III.
52        Danach kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, weil es hierzu weiterer tatrichterlicher Feststellungen bedarf. Die Sache ist deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
53        Für das weitere Verfahren wird noch auf folgendes hingewiesen:
54        1. Das Berufungsgericht wird in tatrichterlicher Verantwortung darüber zu befinden haben, ob die Ehefrau mit Blick auf § 1577 Abs. 3 BGB für ihren Unterhalt vorrangig den Stamm ihres Geldvermögens in Höhe von 93.500 € verwerten muss. Eine Verwertungsobliegenheit der Ehefrau dürfte hier allerdings eher fern liegen, wobei in der gebotenen Billigkeitsabwägung neben den wirtschaftlichen Verhältnissen des Ehemannes - auch im Hinblick auf seine ihm weitgehend verbliebene Altersversorgung - insbesondere der Umstand zu berücksichtigen sein wird, dass der weit überwiegende Teil dieses Vermögens aus dem Verkauf des gemeinsamen Hauses stammt und auch der Ehemann einen entsprechenden Erlösanteil zur freien Verfügung erhalten haben dürfte (vgl. Senatsurteile vom 27. Juni 1984 - IVb ZR 20/83 - FamRZ 1985, 354, 357 und vom 8. April 1987 - IVb ZR 39/86 - FamRZ 1987, 912, 913).
55        2. Die Frage, ob sich die Ehefrau einem nach dem Maßstab des Nachteilsausgleichs bemessenen Unterhaltsanspruch die aus dem Geldvermögen erzielten oder erzielbaren Zinseinkünfte entgegenrechnen lassen muss, beurteilt sich in erster Linie danach, ob das Anwachsen dieses Vermögens als ein aus der Ehe herrührender Vorteil anzusehen ist.



56        a) Im Rahmen der Ausübungskontrolle ist es dem Unterhaltspflichtigen gemäß § 242 BGB verwehrt, sich gegenüber dem Verlangen des Unterhaltsberechtigten nach einem unterhaltsrechtlichen Ausgleich von ehebedingten Nachteilen auf den ehevertraglich vereinbarten Unterhaltsverzicht zu berufen. Es verstößt demgegenüber nicht gegen Treu und Glauben, den Unterhaltsberechtigten darauf zu verweisen, zum Ausgleich dieser Nachteile vorrangig jedenfalls solche Einkünfte einzusetzen, die ihm ohne die Ehe überhaupt nicht zur Verfügung gestanden hätten.



57        b) Nach diesen Maßstäben bleiben etwaige Zinseinkünfte aus der Anlage des von der Ehefrau geerbten Vermögens (5.000 €) außer Betracht, weil ihr diese Erbschaft unabhängig von der Ehe angefallen ist (vgl. auch OLG Celle NJW 2010, 79, 85). Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Ehefrau Kapitalerträge aus dem weiteren Vermögen einsetzen muss, welches ihr aus dem Verkaufserlös für das vormalige Familienheim (76.000 €) und als Zahlung auf den Zugewinnausgleich (12.500 €) zugeflossen ist, hängt von der Beurteilung der Frage ab, ob die Ehefrau auch allein eine private Vermögensbildung in dieser Höhe hätte betreiben können (vgl. Senatsurteil vom 11. August 2010 - XII ZR 102/09 - FamRZ 2010, 1637 Rn. 33). Auch dies obliegt der tatrichterlichen Würdigung.



58        c) Sollten hiernach Kapitalerträge ganz oder teilweise außer Betracht bleiben, darf die Nichtberücksichtigung dieser an sich unterhaltsrelevanten Einkünfte auf Seiten des Unterhaltsberechtigten allerdings nicht dazu führen, dass der Unterhaltspflichtige zum Nachteilsausgleich einen höheren als den vollen Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB) zahlt. Denn der Halbteilungsgrundsatz bestimmt auch insoweit die Obergrenze der Unterhaltspflicht.



59        3. Das Berufungsgericht hat seinen bisherigen Berechnungen eine Versorgungsauskunft der früheren Kirchlichen Zusatzversorgungskasse Darmstadt vom 21. Oktober 2008 zugrunde gelegt, die wegen der darin enthaltenen Ermittlung der Startgutschrift für rentenferne Jahrgänge - zu denen auch die Ehefrau gehört - einer ausreichenden Rechtsgrundlage entbehrt (vgl. Senatsbeschluss vom 5. November 2008 - XII ZB 53/06 - FamRZ 2009, 303 Rn. 14 ff.). Die Verwertung dieser Auskunft war indessen ausnahmsweise gerechtfertigt, weil die Ehefrau bereits im Bezug einer Erwerbsminderungsrente stand und auf eine Berechnungsgrundlage für den unterhaltsrechtlichen Nachteilsausgleich dringend angewiesen war (vgl. auch OLG Nürnberg FamRZ 2008, 1087 f.). Nachdem sich die Tarifparteien des öffentlichen Dienstes über die Neuberechnung der Startgutschriften geeinigt haben, werden neue Auskünfte (§§ 273, 358a ZPO) zur kirchlichen Zusatzversorgung einzuholen sein.
Dose                                                    Vézina                                               Klinkhammer                        Günter                                                   Botur
FN 28: BGH Beschluss vom 27. Februar 2013 – XII ZB 90/11, Rn. 30 = FamRZ 2013, 770, Rn. 30

Gericht:

BGH 12. Zivilsenat

Entscheidungsdatum:

27.02.2013

Rechtskraft:

ja

Aktenzeichen:

XII ZB 90/11

Dokumenttyp:

Beschluss


Quelle:

 

Normen:

§ 242 BGB, § 313 BGB

Zitiervorschlag:

BGH, Beschluss vom 27. Februar 2013 – XII ZB 90/11 –, juris



            Anpassung eines ehevertraglichen Verzichts auf den Versorgungsausgleich an geänderte Verhältnisse; unterlassener Erwerb eigener Versorgungsanwartschaften in der Ehezeit

Leitsatz

            1. Zur Anpassung eines ehevertraglichen Verzichts auf den Versorgungsausgleich an geänderte Verhältnisse im Wege der Ausübungskontrolle.(Rn.20)

            2. Im Rahmen der Ausübungskontrolle kann dem ausgleichsberechtigten Ehegatten der unterlassene Erwerb eigener Versorgungsanwartschaften in der Ehezeit nicht vorgehalten werden, wenn dies auf einer gemeinsamen Lebensplanung beruht oder von dem ausgleichspflichtigen Ehegatten während bestehender Lebensgemeinschaft geduldet oder gebilligt worden ist.(Rn.32)


Fundstellen
NSW BGB § 242 Bb (BGH-​intern)
NSW BGB § 242 Cd (BGH-​intern)
NSW BGB § 313 (BGH-​intern)
EBE/BGH 2013, 126-​128 (Leitsatz und Gründe)
MDR 2013, 522-​524 (Leitsatz und Gründe)
NJW 2013, 1359-​1362 (Leitsatz und Gründe)
FamRZ 2013, 770-​773 (Leitsatz und Gründe)
DNotZ 2013, 773-​779 (Leitsatz und Gründe)
Verfahrensgang
vorgehend OLG Braunschweig, 7. Februar 2011, 2 UF 55/09
vorgehend AG Wolfsburg, 3. März 2009, 17 F 3249/08
Diese Entscheidung wird zitiert
Rechtsprechung
Anschluss Brandenburgisches Oberlandesgericht 4. Senat für Familiensachen, 28. September 2023, 13 UF 123/22
Fortführung BGH 12. Zivilsenat, 20. Juni 2018, XII ZB 84/17
Anschluss KG Berlin Senat für Familiensachen, 16. Januar 2017, 25 UF 30/16
Anschluss OLG Hamm 3. Senat für Familiensachen, 24. November 2015, II-​3 UF 232/14, ...
Anschluss OLG Hamm 3. Senat für Familiensachen, 25. September 2015, II-​3 UF 232/14, ...
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Kommentare
Erman, BGB
● Böttcher, § 242 Leistung nach Treu und Glauben; X. ABC der unzulässigen Rechtsausübung und Verwirkung
● Norpoth;Sasse, § 8 Besondere materielle Wirksamkeitsvoraussetzungen; II. Inhalts- und Ausübungskontrolle
Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-​BGB
● Breuers, 10. Auflage 2023, § 8 VersAusglG
● Hausch, 10. Auflage 2023, § 1408 BGB
Staudinger, BGB
● Baumann, BGB § 1585c Vereinbarungen über den Unterhalt; VI. Prägung der Gestaltungsfreiheit …; 3. Die Grundsatzentscheidungen des B…; w) Fall 21: „Versorgungsausgleich IV“ (BGH v 27. 2. 2013 – XII ZB 2014
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Zeitschriften
Herbert Grziwotz, FamRB 2013, 169-​170
Literaturnachweise
Günter Brambring, FamFR 2013, 190 (Anmerkung)
Christof Münch, FamRB 2013, 160-​165 (Aufsatz)
Rainer Hoppenz, FamRZ 2013, 758-​760 (Entscheidungsbesprechung)
Gerd Brudermüller, NJW 2013, 3218-​3222 (Aufsatz)
Sonstiges
Duderstadt, Scheidung und Scheidungsfolgen
● Jochen Duderstadt, 2 Eheverträge und Scheidungsfolgenvergleiche; 2.3 Ausübungskontrolle
Rahm/Künkel, Handbuch Familien- und Familienverfahrensrecht
● Schwonberg, B. Elemente der Inhaltskontrolle; M Formulierungsvorschlag für den Ausschluss von nach der Trennung erworbenen Versorgungsanrechten
● Schwonberg, B. Elemente der Inhaltskontrolle; M Formulierungsvorschlag für die Herausnahme einzelner Vermögensgegenstände aus dem Zugewinnausgleich
● Schwonberg, B. Elemente der Inhaltskontrolle; VI. Ausübungskontrolle (§ 242 BGB)
● Schwonberg, D. Entscheidungen des BGH zur Inhaltskontrolle
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Tenor

            Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des 2. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 7. Februar 2011 aufgehoben.



            Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.



            Beschwerdewert: 2.000 €
Gründe

            I.



1          Die Parteien streiten im Scheidungsverbund über den Versorgungsausgleich und dabei insbesondere über die Wirksamkeit eines Ehevertrages.



2          Der 1948 geborene Antragsteller (im Folgenden: Ehemann) und die 1950 geborene Antragsgegnerin (im Folgenden: Ehefrau) heirateten am 18. Dezember 1981. Aus ihrer Verbindung waren bereits vor der Eheschließung ein 1979 geborener Sohn und eine 1981 geborene Tochter hervorgegangen.



3          Der Ehemann, der seiner geschiedenen Frau und zwei minderjährigen Kindern aus erster Ehe unterhaltspflichtig war, hatte sich im Jahre 1977 mit einem Konstruktionsbüro selbständig gemacht. Die Ehefrau hatte mit der Geburt des ersten gemeinsamen Kindes im Jahre 1979 ihre bisherige Beschäftigung als Fabrikationshelferin aufgeben und war seit dem Jahre 1980 im Konstruktionsbüro des Ehemannes als Bürokraft angestellt. Am 2. September 1982 schlossen die Parteien einen notariellen Betriebsübertragungsvertrag, mit dem der Ehemann sein Unternehmen mit sämtlichen Aktiva und Passiva ohne Gegenleistung auf die Ehefrau übertrug. Im gleichen Notartermin beurkundeten die Parteien einen Ehevertrag, durch den sie Gütertrennung vereinbarten und den Versorgungsausgleich ausschlossen. Es wurde ferner übereinstimmend festgestellt, dass der gesamte Hausrat von der Ehefrau in die Ehe eingebracht worden und in ihrem Alleineigentum verblieben sei; Regelungen zum Unterhalt wurden nicht getroffen.



4          In der Folgezeit erzielte der Ehemann Einkünfte als freier Mitarbeiter des Konstruktionsbüros, während der Ehefrau als Bürokraft unverändert ein sozialversicherungspflichtiges Bruttogehalt in monatlicher Höhe von rund 1.000 DM gezahlt wurde. Die Ehefrau führte daneben den Haushalt und betreute die gemeinsamen Kinder.



5          Der Betrieb des Konstruktionsbüros wurde zum 15. März 1991 eingestellt. Der Ehemann nahm am 16. März 1991 eine abhängige Beschäftigung als Angestellter der Volkswagen AG auf und erwarb Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung sowie betriebliche Versorgungsanrechte. Im Jahre 1992 endeten die aus der geschiedenen Ehe des Ehemannes herrührenden Unterhaltspflichten. Die Ehefrau war nach der Aufgabe des Konstruktionsbüros nur noch sporadisch und weitgehend im Rahmen sozialversicherungsfreier Beschäftigungsverhältnisse erwerbstätig. In der gesetzlichen Ehezeit (1. Dezember 1981 bis 30. Juni 2008) hat der Ehemann Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 816,39 € sowie volldynamische Anwartschaften der betrieblichen Altersversorgung in Höhe von monatlich 244,70 € erworben. Dem stehen aufseiten der Ehefrau ehezeitanteilige Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 144,44 € gegenüber.



6          Das Amtsgericht hat die Ehe der Parteien durch Urteil vom 3. März 2009 geschieden und den Versorgungsausgleich nach altem Recht uneingeschränkt durchgeführt, indem es zulasten des Versicherungskontos des Ehemannes bei der DRV Bund auf das Versicherungskonto der Ehefrau bei der DRV Braunschweig-​Hannover im Wege des Rentensplittings Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 335,98 € sowie im Wege des erweiterten Splittings weitere Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 49,70 € übertragen hat; im Übrigen hat es der Ehefrau den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten. Die gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich gerichtete Beschwerde des Ehemannes, mit der er im Wesentlichen geltend gemacht hat, dass die vom Amtsgericht vorgenommene Korrektur des Ehevertrages unbillig sei, weil die Ehefrau in den 1990er Jahren in erheblichem Umfang Schwarzarbeit betrieben und sie deshalb den unzureichenden Aufbau einer eigenen Altersversorgung selbst zu vertreten habe, hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Ehemann mit seiner vom Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde, mit der er weiterhin einen Ausschluss des Versorgungsausgleichs erstrebt.



            II.



7          Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses sowie zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.



8          Auf das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-​RG noch das bis zum 31. August 2009 geltende Prozessrecht anzuwenden, weil das Verbundverfahren vor diesem Zeitpunkt eingeleitet (vgl. Senatsbeschluss vom 3. November 2010 - XII ZB 197/10 - FamRZ 2011, 100 Rn. 10) und eine Endentscheidung im ersten Rechtszug bis zum 31. August 2010 erlassen worden ist (vgl. Art. 111 Abs. 5 FGG-​RG).



9          1. Das Beschwerdegericht hat die von dem Amtsgericht angeordnete Durchführung des öffentlich-​rechtlichen Versorgungsausgleichs nach dem Maßstab der schematischen Halbteilung aller in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanwartschaften gebilligt und zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen das Folgende ausgeführt:



10        Der Versorgungsausgleich sei nicht durch den Ehevertrag vom 2. September 1982 ausgeschlossen. Allerdings halte der Ehevertrag im Rahmen der Prüfung des § 138 Abs. 1 BGB einer Wirksamkeitskontrolle stand. Unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Jahre 1982 habe der vertraglich vereinbarte Ausschluss des Versorgungsausgleiches keine einseitige Lastenverteilung zum Nachteil der Ehefrau begründet. Zwar seien die Kinder der Parteien noch sehr jung gewesen und die Ehefrau habe sich nach ihrem Vorbringen überwiegend um die Kindererziehung und den Haushalt gekümmert. Der Ehemann sei aber seit dem Jahre 1977 selbständig gewesen und habe während seiner Selbständigkeit keine gesetzlichen oder betrieblichen Versorgungsanwartschaften erworben, während die Ehefrau seit 1980 im Büro des Ehemannes mit einer versicherungspflichtigen Tätigkeit als Bürohilfe beschäftigt gewesen sei. Damit habe die Ehefrau gerade nicht benachteiligt werden, sondern der Ausschluss des Versorgungsausgleichs habe dazu führen sollen, ihr im Falle der Scheidung ihre Rentenanwartschaften zu erhalten.



11        Allerdings verhalte sich der Ehemann mit der Berufung auf den Ehevertrag rechtsmissbräuchlich, weil die einvernehmliche Ausgestaltung des Ehelebens von den gemeinsamen Vorstellungen bei Vertragsschluss erheblich abgewichen sei und der Ehefrau daher ein Festhalten am Ehevertrag nicht mehr zugemutet werden könne. Der bereits einmal geschiedene Ehemann sei bei Vertragsschluss selbständig gewesen und habe - was auch die formelle Übertragung seiner Firma auf die Ehefrau durch notarielle Urkunde vom gleichen Tage verdeutliche - seiner "Altfamilie" möglichst wenige Zugriffsmöglichkeiten auf seine "Neufamilie" geben wollen. Diese Situation habe sich im Jahre 1991 grundlegend geändert, weil der Ehemann seine Selbständigkeit aufgegeben und eine abhängige Beschäftigung bei der Volkswagen AG aufgenommen habe. Anders als bei Abschluss des Ehevertrages vorhergesehen, habe der Ehemann noch in erheblichem Umfange gesetzliche Rentenanwartschaften und Anrechte auf betriebliche Altersversorgung erworben, während die Ehefrau mit Aufgabe der Selbständigkeit auch ihre Bürotätigkeit im Familienbetrieb verloren und seit dem Jahre 1991 kaum mehr Rentenanwartschaften erworben habe.



12        Ein Festhalten am Ehevertrag sei der Ehefrau auch nicht deshalb zumutbar, weil sie angeblich in den Folgejahren in erheblichem Umfange als Küchenhilfe unbemerkt der Schwarzarbeit nachgegangen sei. Dieses Vorbringen des Ehemannes sei substanzlos, weil er weder dargelegt habe, zu welchen konkreten Zeitpunkten und mit welchem Lohn die Ehefrau eine solche Tätigkeit ausgeübt haben solle noch dazu vorgetragen habe, warum er in all den Jahren von der vermeintlich umfangreichen Schwarzarbeit der Ehefrau nichts bemerkt haben wolle. Selbst wenn man den Vorwurf der Schwarzarbeit aber als wahr unterstelle, hätte auch der Ehemann selbst während der Ehe durch die Entlastung der Familienkasse von diesen Mehreinkünften der Ehefrau profitiert.



13        Schließlich seien auch die Voraussetzungen für einen Ausschluss des Versorgungsausgleiches nach § 1587 c BGB nicht gegeben. Die Ehefrau habe ihre Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, nicht gröblich verletzt. Der Umstand, dass sie nach dem Ende ihrer Beschäftigung im Familienbetrieb keine versicherungspflichtige Tätigkeit in größerem Umfange mehr ausgeübt habe, könne ihr nicht als illoyales Verhalten vorgeworfen werden, weil dies während bestehender Ehe so praktiziert worden und daher als gemeinsame Entscheidung von beiden Ehegatten zu tragen sei. Schließlich sei der Versorgungsausgleich auch nicht mit Blick auf die Versorgungslage der Parteien unbillig. Die Ehefrau habe Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in einer Gesamthöhe von 458,46 € erworben. Dem stünden aufseiten des Ehemannes Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in einer Gesamthöhe von 1.083,43 € sowie eine Betriebsrente in Höhe von 245,78 € gegenüber. Die Durchführung des öffentlich-​rechtlichen Versorgungsausgleichs durch Übertragung von Rentenanwartschaften in Höhe von 335,98 € sowie weiteren 49,70 € auf das Versicherungskonto der Ehefrau könne daher nicht zu einem erheblichen wirtschaftlichen Ungleichgewicht der Parteien führen.



14        Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.



15        2. Zutreffend - und insoweit für die Rechtsbeschwerde günstig - ist das Beschwerdegericht zunächst davon ausgegangen, dass der Ehevertrag vom 2. September 1982 der Wirksamkeitskontrolle am Maßstab des § 138 BGB standhält.



16        a) Im Rahmen der Wirksamkeitskontrolle hat der Tatrichter zu prüfen, ob die Vereinbarung schon im Zeitpunkt ihres Zustandekommens offenkundig zu einer derart einseitigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall führt, dass ihr - und zwar losgelöst von der künftigen Entwicklung der Ehegatten und ihrer Lebensverhältnisse - wegen Verstoßes gegen die guten Sitten die Anerkennung der Rechtsordnung ganz oder teilweise mit der Folge zu versagen ist, dass an ihre Stelle die gesetzlichen Regelungen treten (§ 138 Abs. 1 BGB). Erforderlich ist dabei eine Gesamtwürdigung, die auf die individuellen Verhältnisse beim Vertragsschluss abstellt, insbesondere also auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse, den geplanten oder bereits verwirklichten Zuschnitt der Ehe sowie auf die Auswirkungen auf die Ehegatten und auf die Kinder. Subjektiv sind die von den Ehegatten mit der Abrede verfolgten Zwecke sowie die sonstigen Beweggründe zu berücksichtigen, die den begünstigten Ehegatten zu seinem Verlangen nach der ehevertraglichen Gestaltung veranlasst und den benachteiligten Ehegatten bewogen haben, diesem Verlangen zu entsprechen (Senatsurteil BGHZ 158, 81 = FamRZ 2004, 601, 606; vgl. zuletzt Senatsurteile vom 31. Oktober 2012 - XII ZR 129/10 - FamRZ 2013, 195 Rn. 19 und vom 21. November 2012 - XII ZR 48/11 - FamRZ 2013, 269 Rn. 22).



17        b) Nach diesen Maßstäben lässt sich schon in objektiver Hinsicht nicht feststellen, dass der Ehevertrag nach den Umständen bei Vertragsschluss in einem künftigen Scheidungsfall offenkundig zu einer einseitigen Belastung der Ehefrau geführt hätte. Der Verzicht auf den Versorgungsausgleich hätte sich angesichts der (später zunächst auch verwirklichten) Planungen der Eheleute bezüglich der rechtlichen Ausgestaltung ihrer Mitarbeit im Konstruktionsbüro nur zugunsten der Ehefrau auswirken können, weil ausschließlich die gesetzlich rentenversicherte Ehefrau solche, dem Versorgungsausgleich unterfallenden Versorgungsanrechte erwerben sollte.



18        Es ist auch nicht zu erkennen, dass die Ehefrau aus der Sicht des Jahres 1982 durch die Vereinbarung der Gütertrennung vorhersehbar benachteiligt werden würde. Da die Ehefrau durch den parallel abgeschlossenen Betriebsübertragungsvertrag Alleininhaberin des Familienunternehmens geworden war, wäre ein möglicherweise in der Ehe erwirtschafteter Zuwachs des Unternehmenswertes ihrem eigenen Vermögen zugutegekommen und dieses Vermögen durch die vereinbarte Gütertrennung gegenüber güterrechtlichen Ansprüchen des Ehemannes abgesichert worden. Es mag zwar zutreffen, dass der Ehemann im Falle einer wirtschaftlich erfolgreichen Entwicklung des Familienbetriebs beim Scheitern der Ehe Teilhabeansprüche außerhalb des Güterrechts gegen die Ehefrau hätte geltend machen können; dies ändert aber nichts an der grundlegenden Beurteilung, dass sich die Vereinbarung der Gütertrennung bei Vertragsschluss jedenfalls nicht offenkundig für die Ehefrau nachteilig auswirken musste. Es ist auch nichts für die Annahme ersichtlich, dass die Parteien bei Vertragsschluss davon ausgegangen sind, dass der - mit erheblichen Unterhaltspflichten belastete - Ehemann bereit und in der Lage sein würde, aus seinen Einkünften als freier Mitarbeiter des Konstruktionsbüros eine private Vermögensbildung in nennenswertem Umfang zu betreiben. Vielmehr dürfte eher das Gegenteil der Fall gewesen sein, zumal die Gestaltung der beiden am 2. September 1982 geschlossenen notariellen Verträge offensichtlich darauf ausgerichtet war, die familiäre Vermögenssphäre zu Lasten des Ehemannes in einer Weise zu ordnen, dass sie gegenüber vermögens- oder erbrechtlichen Ansprüchen aus der geschiedenen Ehe des Ehemannes möglichst geringe Zugriffsmöglichkeiten bot. Aus diesem Grund wird man auch in subjektiver Hinsicht nicht davon ausgehen können, dass der Vertragsgestaltung aufseiten des Ehemannes eine verwerfliche Gesinnung gegenüber der Ehefrau zugrunde lag.



19        3. Soweit ein Ehevertrag - wie hier - der Wirksamkeitskontrolle standhält, muss der Richter im Rahmen einer Ausübungskontrolle prüfen, ob und inwieweit es einem Ehegatten nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt ist, sich auf eine ihn begünstigende Regelung zu berufen. Entscheidend ist insofern, ob sich im Zeitpunkt des Scheiterns der Ehe aus dem vereinbarten Ausschluss der Scheidungsfolge eine evident einseitige, unzumutbare Lastenverteilung ergibt. Auch die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) können dabei auf Eheverträge Anwendung finden, wenn und soweit die tatsächliche Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse von derjenigen ursprünglichen Lebensplanung abweicht, welche die Ehegatten dem Ehevertrag zugrunde gelegt haben.



20        a) Richtig ist auch hier der Ausgangspunkt des Beschwerdegerichts. Ein zunächst wirksam vereinbarter - völliger oder teilweiser - Ausschluss des Versorgungsausgleichs hält einer Ausübungskontrolle nicht stand, wenn er dazu führt, dass ein Ehegatte aufgrund einvernehmlicher Änderung der gemeinsamen Lebensumstände über keine hinreichende Alterssicherung verfügt und dieses Ergebnis mit dem Gebot ehelicher Solidarität schlechthin unvereinbar erscheint (vgl. Senatsbeschluss vom 6. Oktober 2004 - XII ZB 57/03 - FamRZ 2005, 185, 187). Unter den hier obwaltenden Umständen knüpft die Ausübungskontrolle an die Überlegung an, dass dem bei Vertragsschluss für die haushaltführende und kinderbetreuende Ehefrau beabsichtigten Versorgungskonzept - einerseits Erwerb von gesetzlichen Rentenanwartschaften durch Erzielung von sozialversicherungspflichtigen Einkünften, andererseits Inhaberin des Familienbetriebes und des durch den Unternehmenswert repräsentierten Vermögens - mit der Aufgabe des Konstruktionsbüros am 15. März 1991 die Grundlage entzogen war. Es käme im Scheidungsfall zu einer evident einseitigen und nach Treu und Glauben nicht hinnehmbaren Lastenverteilung, wenn die Ehefrau die Folgen der Entscheidung, sich nach der Aufgabe des Konstruktionsbüros unter Verzicht auf eine eigene versorgungsbegründende Erwerbstätigkeit ausschließlich der Familienarbeit zu widmen, ohne Kompensation allein tragen müsste, während der Ehemann einer abhängigen Beschäftigung nachgeht und dort Versorgungsanwartschaften erwirbt.



21        b) Allerdings hat der Senat mehrfach betont, dass die richterliche Ausübungskontrolle weder ohne weiteres zur Unwirksamkeit des Ausschlusses der gesetzlichen Scheidungsfolge noch dazu führt, dass die gesetzliche Regelung in Vollzug gesetzt wird. Vielmehr hat der Richter diejenige Rechtsfolge anzuordnen, welche die berechtigten Belange beider Parteien in der eingetretenen Situation in ausgewogener Weise berücksichtigt (grundlegend Senatsurteil BGHZ 158, 81 = FamRZ 2004, 601, 606; vgl. zuletzt Senatsurteile vom 31. Oktober 2012 - XII ZR 129/10 - FamRZ 2013, 195 Rn. 19 und vom 21. November 2012 - XII ZR 48/11 - FamRZ 2013, 269 Rn. 22). Diesen Maßstäben trägt die Entscheidung des Beschwerdegerichts, das ohne weiteres eine Halbteilung sämtlicher in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechte für angemessen gehalten hat, nicht hinreichend Rechnung.



22        aa) Durch die richterliche Anpassung von Eheverträgen im Wege der Ausübungskontrolle sollen ehebedingte Nachteile ausgeglichen werden. Beruhen diese Nachteile - wie letztlich auch hier - darauf, dass ein Ehegatte aufgrund der ehelichen Rollenverteilung vollständig oder zeitweise auf eine versorgungsbegründende Erwerbstätigkeit verzichtet hat, kann er durch die Anpassung des Ehevertrages nicht besser gestellt werden als er ohne die Ehe und den damit einhergehenden Erwerbsverzicht stünde (vgl. Senatsurteil vom 28. Februar 2007 - XII ZR 165/04 - FamRZ 2007, 974 Rn. 28). Die richterliche Ausübungskontrolle hat sich daher im Ausgangspunkt daran zu orientieren, welche Versorgungsanrechte die Ehefrau ohne die Ehe und die ehebedingte Rollenverteilung durch eigene Berufstätigkeit hätte erwerben können. Obere Grenze des Versorgungsausgleichs ist dabei allerdings immer dasjenige, was die Ehefrau bei Durchführung des Ausgleichs nach den gesetzlichen Vorschriften unter Beachtung des Halbteilungsgrundsatzes erhalten hätte, wenn der Ausgleich nicht ehevertraglich ausgeschlossen worden wäre (Senatsbeschluss vom 6. Oktober 2004 - XII ZB 57/03 - FamRZ 2005, 185, 187).



23        bb) Unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles erscheint es indessen nach Treu und Glauben nicht geboten, die Ehefrau auch für den Zeitraum bis März 1991 durch die Übertragung von Versorgungsanrechten zu Lasten des Ehemannes hinsichtlich ihrer Versorgungssituation so zu stellen, als hätte es die Ehe nicht gegeben.



24        Es wird zwar durchaus davon auszugehen sein, dass der Ehefrau in dieser Zeit ehebedingte Versorgungsnachteile entstanden sind, weil sie in den 1980er Jahren bei Ausübung einer Vollzeitbeschäftigung im erlernten oder vorehelich ausgeübten Beruf voraussichtlich höhere Rentenanwartschaften hätte aufbauen können als durch die sozialversicherungspflichtige Mitarbeit im Familienunternehmen; dort hat sie ausweislich der Versorgungsauskunft der DRV Braunschweig-​Hannover vom 14. Januar 2009 im Kalenderjahr ohne die Berücksichtigung von Beitragszeiten für Kindererziehung (lediglich) Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in einem Umfang von 0,3 bis 0,4 Entgeltpunkten erworben.



25        Mit der Aufgabe des auf die Ehefrau übertragenen Familienunternehmens im März 1991 hat sich indessen lediglich ein von der Ehefrau mitzutragendes wirtschaftliches Risiko verwirklicht, welches dem ursprünglichen Versorgungskonzept der Parteien - das für die Ehefrau nicht nur Risiken, sondern auch Chancen geboten hatte - immanent war. Der Ehemann hat seinerseits zwischen der Eheschließung und der Aufgabe der Selbständigkeit überhaupt keine Versorgungsanrechte erworben, und das Beschwerdegericht hat auch nicht festgestellt, dass er in diesem Zeitraum ein privates Vermögen aufgebaut hat. Es ist deshalb nicht treuwidrig, wenn sich der Ehemann im Rahmen der Ausübungskontrolle darauf beruft, dass der Ehevertrag bis zum 15. März 1991 eine (sogar einseitige) wirtschaftliche Absicherung der Ehefrau gewährleistet und eine Anpassung des Vertrages insoweit zu unterbleiben habe.



26        cc) Etwas anderes gilt für den Zeitraum seit dem 16. März 1991, weil sich die ehelichen Lebensumstände im Hinblick auf die beiderseitige Versorgungssituation - rentenversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit des Ehemannes, Familienarbeit der Ehefrau - von diesem Zeitpunkt an einseitig und ausschließlich zu Lasten der Ehefrau geändert hatten.



27        Aus der Versorgungsauskunft der DRV Braunschweig-​Hannover vom 14. Januar 2009 ergibt sich, dass die Ehefrau zwischen dem 16. März 1991 und dem Ende der Ehezeit am 30. Juni 2008 tatsächlich insgesamt 1,6526 Entgeltpunkte erwerben konnte. Der vom Amtsgericht angeordnete öffentlich-​rechtliche Versorgungsausgleich durch Rentensplitting in Höhe von 335,98 € und erweitertes Splitting in Höhe von 49,70 € würde auf dem Versicherungskonto der Ehefrau zu einem Zuschlag von 14,6814 Entgeltpunkten ([335,98 € + 49,70 €] / 26,27 € ARW am Ende der Ehezeit) führen. Rechnerisch wäre unter dem Gesichtspunkt des Nachteilsausgleichs eine Übertragung von Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in diesem Umfang gerechtfertigt, wenn die Ehefrau ohne Ehe und Kindererziehung im vorgenannten Zeitraum durch eine eigene versorgungsbegründende Erwerbstätigkeit (ebenfalls) mindestens 16,3340 Entgeltpunkte in der gesetzlichen Rentenversicherung oder andere wertgleiche Versorgungsanrechte hätte erwerben können. Die Entwicklung einer hypothetischen Erwerbsbiographie und eines darauf beruhenden Versicherungsverlaufes ist Aufgabe des Tatrichters. Hierzu hat das Beschwerdegericht - aus seiner Sicht folgerichtig - bislang keine Feststellungen getroffen.



28        4. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf das Folgende hin:



29        a) Die Entwicklung einer hypothetischen Erwerbsbiographie kann im vorliegenden Fall nicht ohne weiteres an die Überlegung anknüpfen, dass die Ehefrau ohne die Geburt des gemeinsamen Sohnes im Jahre 1979 voraussichtlich bei ihrem damaligen Arbeitgeber weiter beschäftigt geblieben wäre. Berufliche Dispositionen, die - wie hier die Aufgabe eines bestimmten Arbeitsplatzes - bereits geraume Zeit vor der Eheschließung getroffen worden sind, haben keine ehebedingten Ursachen, auch wenn sie durch die voreheliche Betreuung gemeinsamer Kinder oder das voreheliche Zusammenleben veranlasst worden sind (vgl. Senatsurteile vom 7. März 2012 - XII ZR 25/10 - FamRZ 2012, 776 Rn. 19 und vom 20. Februar 2013 - XII ZR 148/10 - zur Veröffentlichung bestimmt).



30        b) Fiktive Versorgungsanrechte der gesetzlichen Rentenversicherung werden in der Regel auf die Weise zu ermitteln sein, dass die gegebenenfalls gemäß § 287 ZPO zu schätzenden Entgelte, die der berechtigte Ehegatte bei gedachter (vollschichtiger) Erwerbstätigkeit in den Jahren der ehebedingten Aufgabe oder Einschränkung seiner Erwerbstätigkeit hätte erzielen können, in das Verhältnis zum jeweils gegebenen Durchschnittsentgelt aller Versicherten gesetzt und die sich hieraus ergebende Summe an Entgeltpunkten ermittelt wird (Senatsurteil vom 31. Oktober 2012 - XII ZR 129/10 - FamRZ 2013, 195 Rn. 50 und Senatsbeschluss vom 6. Oktober 2004 - XII ZB 57/03 - FamRZ 2005, 185, 188). Bei einer längeren Aufgabe oder Einschränkung der Erwerbstätigkeit kann zur Vereinfachung der Berechnung auch erwogen werden, der Berechnung einen durchschnittlichen Erwerb von Entgeltpunkten im Kalenderjahr zugrunde zu legen und diesen Durchschnittswert auf den gesamten Betrachtungszeitraum zu übertragen (Senatsurteil vom 31. Oktober 2012 - XII ZR 129/10 - FamRZ 2013, 195 Rn. 50); dabei kann gegebenenfalls auch das allgemeine Arbeitsmarktrisiko angemessen berücksichtigt werden. In jedem Falle hat der Tatrichter die tatsächlichen Grundlagen seiner Schätzung und ihre Auswertung in objektiv nachprüfbarer Weise anzugeben, zumindest aber seine Hypothesen zur fiktiven Erwerbsbiographie anhand der aus Erfahrungen im jeweiligen Berufsfeld oder aus tariflichen Regelwerken gewonnenen Erkenntnisse einer nachvollziehbaren Plausibilitätskontrolle zu unterziehen (Senatsurteil vom 31. Oktober 2012 - XII ZR 129/10 - FamRZ 2013, 195 Rn. 53).



31        c) Keinen rechtlichen Bedenken begegnen die Erwägungen, die das Beschwerdegericht im Zusammenhang mit dem Vorbringen zur (vermeintlichen) Schwarzarbeit der Ehefrau angestellt hat.



32        Zwar kann es auch im Rahmen der Ausübungskontrolle bei Eheverträgen eine Rolle spielen, wenn es der ausgleichsberechtigte Ehegatte, der sich auf eine unzumutbare Lastenverteilung als Folge des ehevertraglichen Verzichts auf den Versorgungsausgleich beruft, in der Ehezeit vorwerfbar unterlassen hat, sich um den Aufbau einer eigenen Altersvorsorge zu bemühen, um damit seine ehebedingten Versorgungsnachteile - zumindest teilweise - selbst zu kompensieren. Wie nach den für die Anwendung der Härteklauseln (§ 1587 c BGB bzw. § 27 VersAusglG) geltenden Maßstäben kann dem ausgleichsberechtigten Ehegatten der unterlassene Erwerb eigener Versorgungsanwartschaften in der Ehezeit allerdings nur dann vorgehalten werden, wenn sich dies als illoyales Verhalten gegenüber dem anderen Ehegatten darstellt, weil es nicht auf einer gemeinsamen Lebensplanung beruht (vgl. Johannsen/Henrich/Holzwarth Familienrecht 5. Aufl. § 27 VersAusglG Rn. 49; FAKomm-​FamR/Wick 5. Aufl. § 27 VersAusglG Rn. 21 mwN) oder von dem ausgleichspflichtigen Ehegatten während bestehender Lebensgemeinschaft nicht zumindest mit Nachsicht behandelt worden ist (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 1997, 567, 568). Insoweit hat sich das Beschwerdegericht erkennbar schon keine Überzeugung davon verschaffen können, dass der Ehemann von der angeblich jahrelangen Ausübung einer vollschichtigen Schwarzarbeit durch die Ehefrau - die er selbst in das Wissen der seinerzeit minderjährigen Tochter gestellt hat - während bestehender ehelicher Lebensgemeinschaft nichts bemerkt und dieses dann nicht zumindest stillschweigend geduldet oder gebilligt haben will. Gegen eine solche tatrichterliche Würdigung gibt es aus Rechtsgründen nichts zu erinnern
Dose                           Vézina                           Klinkhammer               Günter                           Botur
FN 28: BGH, Beschluss vom 20. Juni 2018 – XII ZB 84/17 Rn. 29 ff.


Gericht:

BGH 12. Zivilsenat

Entscheidungsdatum:

20.06.2018

Rechtskraft:

ja

Aktenzeichen:

XII ZB 84/17

ECLI:

ECLI:DE:BGH:2018:200618BXIIZB84.17.0

Dokumenttyp:

Beschluss


Quelle:

 

Normen:

§ 242 BGB, § 826 BGB, § 1381 Abs 1 BGB

Zitiervorschlag:

BGH, Beschluss vom 20. Juni 2018 – XII ZB 84/17 –, juris



            Ehescheidung: Anpassung von Eheverträgen unter dem Gesichtspunkt der Rechtsmissbrauchskontrolle; Verweigerung der Erfüllung der Zugewinnausgleichsforderung wegen überzahlten Unterhalts

Leitsatz

            1. Mit der Anpassung von Eheverträgen unter dem Gesichtspunkt der Rechtsmissbrauchskontrolle (§ 242 BGB) sollen ehebedingte Nachteile ausgeglichen werden; sind solche Nachteile nicht vorhanden oder bereits vollständig kompensiert, dient die richterliche Ausübungskontrolle nicht dazu, dem durch den Ehevertrag belasteten Ehegatten zusätzlich entgangene ehebedingte Vorteile zu gewähren und ihn dadurch besser zu stellen, als hätte es die Ehe und die mit der ehelichen Rollenverteilung einhergehenden Dispositionen über Art und Umfang seiner Erwerbstätigkeit nicht gegeben (Fortführung von Senatsbeschlüssen vom 8. Oktober 2014, XII ZB 318/11, FamRZ 2014, 1978 und vom 27. Februar 2013, XII ZB 90/11, FamRZ 2013, 770).(Rn.31)

            2. Zur Anwendung von § 1381 Abs. 1 BGB bei Unterhaltsüberzahlungen.(Rn.36)


Orientierungssatz

            1. Nach § 1381 Abs. 1 BGB kann der Schuldner die Erfüllung der Ausgleichsforderung verweigern, soweit der Ausgleich des Zugewinns nach den Umständen des Falles grob unbillig wäre. Dem ausgleichsverpflichteten Ehegatten steht das Leistungsverweigerungsrecht aus § 1381 Abs. 1 BGB aber nur dann zu, wenn die Gewährung des Ausgleichsanspruchs in der vom Gesetz vorgesehenen Art und Weise dem Gerechtigkeitsempfinden in unerträglicher Weise widersprechen würde.(Rn.37)

            2. Eine Herabsetzung des Ausgleichsanspruchs unter dem Gesichtspunkt einer Unterhaltsüberzahlung kommt nicht in Betracht, wenn und soweit die Rechtskraft einer gerichtlichen Unterhaltsentscheidung der Rückforderung von Unterhalt entgegensteht und die Voraussetzungen einer Durchbrechung der Rechtskraft nach § 826 BGB wegen der vorsätzlichen sittenwidrigen Ausnützung eines als unrichtig erkannten Titels nicht vorliegen.(Rn.40)

            3. Kann der Ausgleichspflichtige wegen einer unerlaubten Handlung des Ausgleichsberechtigten trotz des Vorliegens einer rechtskräftigen Unterhaltsentscheidung ausnahmsweise Schadenersatz wegen des vom Gericht zu Unrecht festgesetzten Unterhalts verlangen, kann er diese Forderung beziffern und damit gegen den Zugewinnausgleichsanspruch aufrechnen.(Rn.40)
Fundstellen
NSW BGB § 242 Cd (BGH-​intern)
NSW BGB § 1381 (BGH-​intern)
NJW 2018, 2871-​2876 (Leitsatz und Gründe)
FamRZ 2018, 1415-​1421 (Leitsatz und Gründe)
FuR 2018, 537-​539 (Leitsatz und Gründe)
MDR 2018, 1188-​1190 (Leitsatz und Gründe)
NZFam 2018, 891-​897 (Leitsatz und Gründe)
DNotZ 2018, 835-​841 (Leitsatz und Gründe)
ZNotP 2018, 367-​374 (Leitsatz und Gründe)
Verfahrensgang
vorgehend OLG Köln, 9. Februar 2017, II-​10 UF 85/15
vorgehend AG Aachen, 17. April 2015, 227 F 382/14
Diese Entscheidung wird zitiert
Rechtsprechung
Fortführung BGH 12. Zivilsenat, 29. November 2023, XII ZB 531/22
Abgrenzung BGH 12. Zivilsenat, 27. Mai 2020, XII ZB 447/19
Kommentare
Erman, BGB
● Böttcher, § 242 Leistung nach Treu und Glauben; IV. Grundrechte und § 242
● Budzikiewicz, § 1372 Zugewinnausgleich in anderen Fällen; 5. Regelung des Zugewinnausgleichs durch Vereinbarung der Ehegatten
● Budzikiewicz, § 1381 Leistungsverweigerung wegen grober Unbilligkeit
● Heinemann, § 1408 Ehevertrag, Vertragsfreiheit
● Heinemann, § 1414 Eintritt der Gütertrennung
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Zeitschriften
Herbert Grziwotz, FamRB 2018, 341-​343
Praxisreporte
Frank Götsche, jurisPR-​FamR 1/2019 Anm. 6 (Anmerkung)
Literaturnachweise
Frank Götsche, jurisPR-​FamR 1/2019 Anm. 6 (Anmerkung)
Ludwig Bergschneider, FamRZ 2018, 1421 (Anmerkung)
Jürgen Soyka, FuR 2018, 539-​540 (Anmerkung)
Max Braeuer, NJW 2018, 2876 (Anmerkung)
Walther Siede, Gerd Brudermüller, NJW 2018, 3213-​3218 (Aufsatz)
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Sonstiges
Duderstadt, Scheidung und Scheidungsfolgen
● Jochen Duderstadt, 2 Eheverträge und Scheidungsfolgenvergleiche; 2.3 Ausübungskontrolle
Duderstadt, Vermögensrecht
● Jochen Duderstadt, 1 Zugewinnausgleich; 1.7 Stundung, Herabsetzung und Wegfall des Zugewinnausgleichsanspruchs
Horndasch, AnwF Familienrecht
● Dr. Peter Horndasch, § 1 Das Scheidungsverfahren; E. Der Versorgungsausgleich; III. Checkliste: Versorgungsausgleich; 9. Vereinbarung über den Versorgungsausgleich, §§ 6 – 8 VersAusglG
Rahm/Künkel, Handbuch Familien- und Familienverfahrensrecht
● Schneider, F. Unterhaltsverfahrensrecht; M Rückforderungsantrag auf zuviel geleisteten Unterhalt
Viefhues, Von der Trennung bis zur Scheidung
● Viefhues, Wolfram, § 14 Rechtskraft der Scheidung; D. Materiellrechtliche Unterhaltssituation ab der R…; IX. Begrenzung und Befristung des nachehelichen Unt…; 16. Sonstige Billigkeitsgesichtspunkte
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Diese Entscheidung zitiert
Rechtsprechung
Fortführung BGH 12. Zivilsenat, 8. Oktober 2014, XII ZB 318/11
Fortführung BGH 12. Zivilsenat, 27. Februar 2013, XII ZB 90/11

Tenor
            Auf die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des 10. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Köln vom 9. Februar 2017 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Antragsgegner auf die Beschwerde der Antragstellerin zur Zahlung eines höheren Betrages als 7.218,23 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. November 2014 verpflichtet worden ist.

            Im Übrigen wird die Rechtsbeschwerde zurückgewiesen.

            Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

            Von Rechts wegen
Gründe

            A.



1          Die Beteiligten streiten um Zugewinnausgleich und dabei insbesondere um die Auslegung und die Wirksamkeit ihres Ehevertrags.



2          Die 1955 geborene Antragstellerin und der 1952 geborene Antragsgegner heirateten am 8. September 1989; aus der Ehe ist eine im Jahr 1991 geborene Tochter hervorgegangen. Der Antragsgegner ist seit 1986 als niedergelassener Arzt in eigener Praxis erwerbstätig. Die Antragstellerin hat nach Abschluss der Höheren Handelsschule zwischen 1974 und 1985 bei einem Versandhändler gearbeitet. Nach Beendigung dieses Beschäftigungsverhältnisses nahm sie im Herbst 1986 ein Studium zur Produktdesignerin auf. Während der Ehezeit kümmerte sich die Antragsgegnerin um die Haushaltsführung und die Kinderbetreuung. Sie schloss im Jahr 1997 das vor der Ehe begonnene Studium ab und war zeitweise auf Basis einer geringfügigen versicherungsfreien Beschäftigung in der Arztpraxis des Ehemanns tätig. Seit 2008 bezieht sie eine Rente wegen Erwerbsminderung.



3          Zwei Wochen vor ihrer Eheschließung - am 25. August 1989 - hatten die Beteiligten einen notariell beurkundeten Ehevertrag geschlossen. Dieser sah unter anderem bei einer Ehedauer von weniger als zehn Jahren den Ausschluss des Versorgungsausgleichs und den vollständigen Verzicht auf nachehelichen Unterhalt vor. Die Vereinbarungen über den Ausschluss des Versorgungsausgleichs und den Verzicht auf nachehelichen Unterhalt sollten im Falle der Geburt eines gemeinsamen Kindes gegenstandslos werden. Ferner enthielt der Ehevertrag Bestimmungen zur Modifikation des gesetzlichen Güterstands. Danach sollte betriebliches Vermögen, zu dem auch die von dem Antragsgegner "geführte Arztpraxis einschließlich der gesamten Einrichtung und eines etwaigen Good Will" gerechnet wurde, bei der Ermittlung des Anfangs- und des Endvermögens außer Ansatz bleiben. Wegen der güterrechtlichen Behandlung eines von dem Antragsgegner kurz vor der Eheschließung erworbenen und vollfinanzierten Hausgrundstücks enthielt der Ehevertrag in Nr. I Ziff. 1c) die Regelung, es solle



            "bei der Ermittlung des Endvermögens der Verkehrswert dieses Hausgrundstücks für die Berechnung eines etwaigen Zugewinnausgleichsanspruchs der zukünftigen Ehefrau nur zur Hälfte angesetzt werden, wobei die auf diesem Hausgrundstück dinglich eingetragenen Belastungen - aus welchem Grunde die Belastungen auch erfolgt sein sollten - abzuziehen sind".



4          Die Eheleute trennten sich im Jahr 2005. Mit einem am 20. März 2009 zugestellten Antrag leitete die Antragstellerin ein Verfahren auf vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns ein. Der Güterstand der Zugewinngewinngemeinschaft wurde durch rechtskräftigen Beschluss des Amtsgerichts vom 6. Mai 2009 aufgehoben.



5          Die Ehe der Beteiligten wurde auf den am 28. Juni 2006 zugestellten Scheidungsantrag durch Beschluss des Amtsgerichts vom 16. Juni 2011 - rechtskräftig seit dem 12. November 2011 - geschieden. Im Scheidungsverbund wurde der Versorgungsausgleich durchgeführt, die Folgesache nachehelicher Unterhalt geregelt und die Verpflichtung der Antragstellerin ausgesprochen, das als Ehewohnung genutzte Hausgrundstück des Antragsgegners zu räumen. Im Versorgungsausgleich wurde dabei - insoweit rechtskräftig - zu Lasten der Versorgung des Antragsgegners bei der Nordrheinischen Ärzteversorgung im Wege interner Teilung zugunsten der Antragstellerin ein auf den 31. Mai 2006 bezogenes Anrecht in monatlicher Höhe von 354,48 € übertragen. In die Gegenrichtung wurde zulasten der Versorgung der Antragstellerin bei der DRV Bund im Wege interner Teilung ein auf den 31. Mai 2006 bezogenes Anrecht der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 0,9040 Entgeltpunkten auf das Versicherungskonto des Antragsgegners übertragen. In der zuvor aus dem Scheidungsverbund abgetrennten Folgesache Zugewinnausgleich wurde der Antragsgegner durch weiteren Beschluss des Amtsgerichts vom 7. Mai 2014 auf einen offenen Teilantrag der Antragstellerin rechtskräftig zur Zahlung eines Zugewinnausgleichsbetrages in Höhe von 50.000 € verpflichtet.



6          In dem vorliegenden, am 11. November 2014 rechtshängig gewordenen güterrechtlichen Verfahren hat die Antragstellerin zunächst einen weiteren Zugewinnausgleichsbetrag in Höhe von 75.077,46 € nachgefordert. Der Antragsgegner ist dem Antrag entgegengetreten. Es besteht Einigkeit zwischen den Beteiligten, dass die Antragstellerin in der Ehezeit keinen Zugewinn erzielt hat und dass aufseiten des Antragsgegners kein Anfangsvermögen zu berücksichtigen ist. Das für den Zugewinnausgleich maßgebliche aktive Endvermögen des Antragsgegners besteht im Wesentlichen aus einem in zwei Lebensversicherungen angesammelten Kapitalvermögen in Höhe von insgesamt 102.514,08 € und aus dem Hausgrundstück, welches an dem für die Berechnung des Zugewinnausgleichs maßgeblichen Stichtag einen Verkehrswert von 287.500 € hatte. Auf dem Hausgrundstück lasteten am Berechnungsstichtag durch eine Grundschuld gesicherte restliche Finanzierungsverbindlichkeiten in einer Höhe von 135.786 €. Die Beteiligten streiten in erster Linie darum, ob diese Belastungen mit Blick auf die Regelung in Nr. I Ziff. 1c) des Ehevertrags bei der Ermittlung des Ausgleichsanspruchs vom vollen oder vom hälftigen Wert der Immobilie abzusetzen sind.



7          Das Amtsgericht hat den Antragsgegner zur Zahlung eines weiteren Ausgleichsbetrages in Höhe von 7.218,23 € nebst Zinsen verpflichtet und den weitergehenden Antrag zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung haben sich beide Beteiligte mit der Beschwerde gewandt. Der Antragsgegner hat weiterhin die vollständige Abweisung des Nachforderungsantrags begehrt, während die Antragstellerin in der Beschwerdeinstanz zuletzt noch die Zahlung eines weiteren Zugewinnausgleichs in Höhe von insgesamt 41.164,73 € erstrebt. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde des Antragsgegners zurückgewiesen und der Antragstellerin auf ihre Beschwerde im Wesentlichen antragsgemäß einen weiteren Zugewinnausgleich in Höhe von insgesamt 41.164,72 € nebst Zinsen zugesprochen.



8          Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Antragsgegners, der sein zweitinstanzliches Begehren weiterverfolgt.



            B.



9          Die Rechtsbeschwerde hat teilweise Erfolg.



            I.



10        Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung das Folgende ausgeführt:



11        Der grundsätzlichen Berücksichtigung der dinglichen Belastung des Hausgrundstücks in Höhe von 135.786 € stehe es nicht entgegen, dass durch diese Grundschuld am Berechnungsstichtag Praxisschulden des Antragsgegners in gleicher Höhe gesichert worden seien, während sich aus dem Ehevertrag ergebe, dass der Wert der Arztpraxis einschließlich der entsprechenden Verbindlichkeiten im güterrechtlichen Ausgleich nicht zu berücksichtigen sei. Tatsächlich hätten diese Schulden einen privaten Ursprung gehabt, weil der Antragsgegner - wie bei Abschluss des Ehevertrags auch beabsichtigt - aus rein steuerlichen Gründen die kurz vor der Eheschließung durch den Hauserwerb veranlassten Darlehensverbindlichkeiten über das sogenannte Zwei-​Konten-​Modell formal in Praxisverbindlichkeiten umgewandelt habe, um in den Genuss des Abzugs der Zinsbelastungen als Betriebsausgaben zu gelangen. Folgerichtig enthalte der Ehevertrag daher die Bestimmung, dass dinglich gesicherte Verbindlichkeiten unabhängig vom Schuldgrund abzuziehen seien.



12        Es könne dahinstehen, wie die ehevertragliche Vereinbarung zur Anrechnung dinglicher Belastungen auf den Immobilienwert auszulegen sei. Wenn die Ansicht des Amtsgerichts zuträfe, dass die zum Berechnungsstichtag valutierenden Grundschulden in voller Höhe vom hälftigen Grundstückswert abzuziehen seien, würde die Klausel einer Ausübungskontrolle am Maßstab des § 242 BGB nicht standhalten. Denn die tatsächlichen ehelichen Lebensverhältnisse seien von der ursprünglichen, dem Vertrag zugrunde liegenden Lebensplanung grundlegend abgewichen, was in Bezug auf die Altersvorsorge der Antragstellerin zu einer evident einseitigen und unzumutbaren Lastenverteilung geführt habe. Dies erfordere eine Vertragsanpassung dergestalt, dass die auf der Immobilie ruhenden Belastungen von dem vollen Wert des Objektes in Abzug zu bringen seien und erst der sodann verbleibende Wert hälftig im Zugewinnausgleich berücksichtigt werde.



13        Bei Vertragsschluss seien die Beteiligten erkennbar davon ausgegangen, dass im Falle der Kinderlosigkeit der Ehe sowohl der Antragsgegner als auch die Antragstellerin (nach Abschluss ihres Studiums) einer auskömmlichen Erwerbstätigkeit nachgehen würden und im Falle von Trennung und Scheidung jeder Ehegatte für sich selbst verantwortlich sein könnte. Hinsichtlich des Hausgrundstücks sei der Antragsgegner nach seinen eigenen Angaben im Zeitpunkt des Vertragsschlusses davon ausgegangen, dass seine kurz vor der Eheschließung erworbene und vollfinanzierte Immobilie innerhalb von zehn Jahren abgezahlt sein würde. Dies korrespondiere mit den Vorstellungen der Antragstellerin, dass ihr nach zehn Jahren im Falle von Trennung und Scheidung über den Zugewinnausgleich zumindest ein Viertel des Werts der Immobilie zukommen werde. Abgesehen davon sei auch mit der Geburt der gemeinsamen Tochter im Jahr 1991 eine Abweichung von der bisherigen Lebensplanung eingetreten, weil die Antragstellerin durch die Übernahme von Haushaltsführung und Kinderbetreuung daran gehindert worden sei, ihr Studium zeitnah abzuschließen. Durch die Geburt der gemeinsamen Tochter seien nach den ehevertraglichen Bestimmungen zwar der wechselseitige Unterhaltsverzicht als auch der Ausschluss des Versorgungsausgleichs hinfällig geworden; die ehevertraglichen Modifikationen zum Güterrecht seien davon aber unberührt geblieben.



14        Eine von der Lebensplanung abweichende tatsächliche Entwicklung der bei Abschluss des Ehevertrags prognostizierten wirtschaftlichen Situation in Bezug auf die Abzahlung der Darlehensverbindlichkeiten habe sich einerseits aus der ungünstigen Zinsentwicklung infolge der Wiedervereinigung und andererseits aus einer nach unten zu korrigierenden Gewinnerwartung bezüglich der Praxiseinkünfte ergeben. Dies habe dazu geführt, dass die Immobilie nicht innerhalb des anvisierten Zeitraums von zehn Jahren lastenfrei gewesen sei. Es führe zu keiner anderen Beurteilung, wenn der Antragsgegner nunmehr einwende, es sei keineswegs geplant gewesen, die Antragstellerin nach zehn Jahren in den Genuss eines lastenfreien Hauses kommen zu lassen, sondern die Vereinbarung des Schuldenabzuges unabhängig vom Schuldgrund habe auch der Sicherung künftiger Praxisinvestitionen dienen sollen. Nach diesem Plan habe der Antragsgegner die Immobilie zwar als Kreditsicherungsmittel für Praxisinvestitionen einsetzen können, was aber für den Zugewinnausgleich nicht bedeute, dass er weiterhin die Privilegierung des Schuldenabzugs für dinglich gesicherte Verbindlichkeiten für sich hätte in Anspruch nehmen können. Denn wegen der ehevertraglichen Regelung, nach der sowohl der Wert der Arztpraxis als auch die originären Praxisschulden im Zugewinnausgleich außer Ansatz bleiben, könne die Verflechtung von Hausfinanzierungsverbindlichkeiten und originären Praxisschulden nicht allein zu Lasten der Antragstellerin gehen.



15        Auch wenn der Zugewinnausgleich nicht zum Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts gehöre und folglich unter erleichterten Bedingungen einer ehevertraglichen Disposition unterliege, könne anderes gelten, wenn ein ehezeitlicher Vermögenszuwachs in einer Ehe mit dem Ehetyp der Alleinverdienerehe und klassischer Rollenverteilung stattgefunden habe oder wenn eine Funktionsäquivalenz zwischen dem Versorgungsausgleich und dem Zugewinnausgleich bestehe. Dies sei hier der Fall. Der Antragsgegner habe - wie bei Freiberuflern nicht unüblich - nur im "gesetzlich vorgeschriebenen Mindestrahmen" Altersvorsorge in den klassischen Regelsicherungssystemen betrieben. Er habe während der Ehezeit zwischen 1989 und 2006 lediglich durch Zahlung von "Mindestbeiträgen" Anwartschaften beim Versorgungswerk der Ärzte aufgebaut. Im Scheidungsverbundverfahren seien der Antragstellerin hieraus lediglich Anwartschaften in Höhe von monatlich 354,48 € übertragen worden, was in Anbetracht der gehobenen Lebensverhältnisse der Ehe in Relation zur siebzehnjährigen Ehezeit gering sei. Im Übrigen habe der Antragsgegner Altersvorsorge durch private Vermögensbildung betrieben. Mit der Übertragung der hälftigen ehezeitlichen Versorgungsanrechte des Antragsgegners aus der "Mindestversorgung" für Ärzte und der über das Güterrecht gewährleisteten Beteiligung an den beiden privaten Lebensversicherungen seien indessen weder die von der Antragstellerin durch die gelebte Rollenverteilung erlittenen Versorgungsnachteile in der Ehezeit kompensiert noch die zum Zeitpunkt des Ehevertragsschlusses vorgesehene Beteiligung an der privaten Altersversorgung des Antragsgegners realisiert worden. Ohne die klassische Rollenverteilung hätte die Antragstellerin voraussichtlich im Jahr 1991 ihr Studium abgeschlossen. Dann wäre sie voraussichtlich bis zum Ende der Ehezeit erwerbstätig geblieben und hätte bei voraussichtlich überdurchschnittlichen Verdienstmöglichkeiten im Schnitt jährliche Rentenanwartschaften in Höhe von 1,38 Entgeltpunkten in der gesetzlichen Rentenversicherung erwirtschaften können. In der Ehezeit hätte sie somit bei einer vierzehnjährigen Erwerbstätigkeit insgesamt 19,32 Entgeltpunkte erwerben können. Die daraus am Ende der Ehezeit resultierende Rente von 504,83 € sei durch den Versorgungsausgleich in Anbetracht der ihr nur in Höhe von 354,48 € übertragenen Anrechte aus der Ärzteversorgung nicht vollständig kompensiert worden. Auch die Beteiligung am Lebensversicherungskapital in Höhe von rund 50.000 € entspreche nicht der zum Zeitpunkt des Ehevertragsschlusses vorgesehenen Teilhabe der Antragstellerin an der privaten Altersvorsorge des Antragsgegners. Ein wesentlicher Baustein der Altersversorgung habe in der Immobilie bestanden. Würden die gesamten dinglichen Belastungen von der Hälfte des Verkehrswerts abgezogen, fiele die Immobilie im Endvermögen des Antragsgegners nur mit einem Vermögenswert in Höhe von 7.964 € ins Gewicht. Dies weiche wesentlich und evident einseitig zulasten der Antragstellerin von der gemeinsamen Vorstellung der Eheleute beim Abschluss des Ehevertrags ab, innerhalb von zehn Jahren über eine lastenfreie Immobilie zu verfügen. Es sei interessengerecht, der fehlgeschlagenen Finanzplanung der Eheleute dadurch Rechnung zu tragen, dass die vorliegenden dinglichen Belastungen nicht nur vom hälftigen, sondern vom vollen Grundstückswert in Abzug zu bringen seien. Es ergebe sich daher ein Zugewinn des Antragsgegners in Höhe von 182.329,45 €, von welchem die Antragstellerin die Hälfte, mithin 91.164,72 € beanspruchen könne. Da ein Teilbetrag von 50.000 € bereits tituliert sei, stünden der Antragstellerin noch 41.164,72 € zu.
16        Die Zugewinnausgleichsforderung sei weder verjährt noch verwirkt. Ohne Erfolg berufe sich der Antragsgegner auf ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 1381 BGB, weil die Antragstellerin im Jahr 2008 Kranken- und Arztunterlagen unterdrückt habe, aus denen sich eine eingeschränkte Arbeitsfähigkeit ergeben hätte, und ihr aus diesem Grunde ein überhöhter Ehegattenunterhalt zugesprochen worden sei. Dem stünde schon die Rechtskraft der jeweiligen unterhaltsrechtlichen Entscheidungen entgegen, weil auf § 1381 BGB keine Korrektur rechtskräftiger gerichtlicher Unterhaltsentscheidungen außerhalb eines Rechtsmittels gestützt werden könne.

            II.
17        Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
18        1. Das Beschwerdegericht ist - insoweit für die Rechtsbeschwerde günstig - davon ausgegangen, dass der Ehevertrag vom 25. August 1989 der Wirksamkeitskontrolle am Maßstab des § 138 BGB standhält. Gegen diese Beurteilung lassen sich vor dem Hintergrund der nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts von den Beteiligten bei Vertragsschluss angestrebten partnerschaftlichen Doppelverdienerehe keine rechtlichen Bedenken erheben, zumal der Verzicht auf nachehelichen Unterhalt und der Ausschluss des Versorgungsausgleichs mit der bei Vertragsschluss für möglich gehaltenen Geburt eines gemeinsamen Kindes gegenstandslos werden sollten. Damit gewährleisteten die Regelungen des Ehevertrags im Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts demjenigen Ehegatten, dem die Aufgaben der Kinderbetreuung und der Haushaltsführung übertragen werden würden, einen nachehelichen Schutz vor ehebedingten Einkommenseinbußen und Teilhabe an den in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechten. Der verfahrensgegenständliche Zugewinnausgleich ist einer ehevertraglichen Disposition ohnehin am weitesten zugänglich. Auch die Rechtsbeschwerdeerwiderung der Antragstellerin erinnert gegen die Wirksamkeit des Ehevertrags nichts.
19        2. Nicht bedenkenfrei sind demgegenüber die Erwägungen des Beschwerdegerichts zur Ausübungskontrolle.
20        Soweit die Regelungen eines Ehevertrags der Wirksamkeitskontrolle standhalten, muss der Richter im Rahmen einer Ausübungskontrolle prüfen, ob und inwieweit es einem Ehegatten nach Treu und Glauben unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) verwehrt ist, sich auf eine ihn begünstigende Regelung zu berufen. Maßgeblich ist insoweit, ob sich im Zeitpunkt des Scheiterns der Ehe aus dem vereinbarten Ausschluss der Scheidungsfolge eine evident einseitige, unzumutbare Lastenverteilung ergibt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 8. Oktober 2014 - XII ZB 318/11 - FamRZ 2014, 1978 Rn. 22 ff. und vom 17. Juli 2013 - XII ZB 143/12 - FamRZ 2013, 1543 Rn. 22; Senatsurteil vom 21. November 2012 - XII ZR 48/11 - FamRZ 2013, 269 Rn. 34 mwN). Das kommt insbesondere dann in Betracht, wenn die einvernehmliche (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 8. Oktober 2014 - XII ZB 318/11 - FamRZ 2014, 1978 Rn. 24) Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse durch die beiden Eheleute von der ursprünglichen, dem Vertrag zugrundeliegenden Lebensplanung grundlegend abweicht und dadurch bei dem belasteten Ehegatten ehebedingte Nachteile entstanden sind, die durch den Ehevertrag nicht angemessen kompensiert werden. Weicht die tatsächliche Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse von der ursprünglichen Lebensplanung ab, können auch die Grundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) Anwendung finden (vgl. Senatsbeschluss vom 27. Februar 2013 - XII ZB 90/11 - FamRZ 2013, 770 Rn. 19). Dies wird insbesondere dann der Fall sein, wenn die abweichende Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht auf einer Entscheidung der Eheleute, sondern auf einer von beiden Beteiligten unbeeinflussten Veränderung von Umständen außerhalb von Ehe und Familie beruht (vgl. Sanders Statischer Vertrag und dynamische Vertragsbeziehung S. 287 ff.; Sanders FF 2013, 239, 242; Münch NJW 2015, 288, 289; vgl. auch Senatsurteil vom 25. Januar 2012 - XII ZR 139/09 - FamRZ 2012, 525 Rn. 39).
21        a) Das Beschwerdegericht hat es ausdrücklich dahinstehen lassen, wie die im Rahmen der Modifikation des gesetzlichen Güterstands vereinbarte Bestimmung zur Anrechnung dinglicher Belastungen auf den Wert der Immobilie des Antragsgegners auszulegen ist. Soweit das Beschwerdegericht eine Auslegung der Klausel dergestalt für möglich gehalten hat, dass die zum Berechnungsstichtag valutierenden Grundschulden in voller Höhe vom hälftigen Grundstückswert abzuziehen seien, ist dieses - für die Rechtsbeschwerde günstige - Auslegungsverständnis für das Rechtsbeschwerdeverfahren zu unterstellen (vgl. auch BGH Urteil vom 5. Mai 2003 - II ZR 50/01 - NJW-​RR 2003, 1196, 1197).
22        b) Der weitergehenden Beurteilung des Beschwerdegerichts, dass die Anrechnungsklausel bei diesem Auslegungsverständnis zu einem güterrechtlichen Ausgleichsergebnis führen würde, welches einer Ausübungskontrolle am Maßstab des § 242 BGB nicht standhalte, vermag der Senat nicht beizutreten. Nach ständiger Rechtsprechung folgt aus der grundsätzlichen Kernbereichsferne des Zugewinnausgleichs, dass sich eine Berufung auf eine wirksam vereinbarte Gütertrennung oder auf sonstige wirksame Modifikationen des gesetzlichen Güterstands nur unter engsten Voraussetzungen als rechtsmissbräuchlich erweisen wird (Senatsbeschluss vom 8. Oktober 2014 - XII ZB 318/11 - FamRZ 2014, 1978 Rn. 35; Senatsurteile vom 21. November 2012 - XII ZR 48/11 - FamRZ 2013, 269 Rn. 35 und vom 17. Oktober 2007 - XII ZR 96/05 - FamRZ 2008, 386 Rn. 33). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
23        aa) Hat einer der Ehegatten durch eine von der ursprünglichen Lebensplanung abweichende einvernehmliche Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse - insbesondere durch die Übernahme von Haushaltsführung und Kinderbetreuung - Nachteile beim Aufbau einer eigenen Altersversorgung erlitten, wird diesem Umstand systemgerecht durch den Versorgungsausgleich Rechnung getragen. Führt der Versorgungsausgleich zu einer Halbteilung der von den Ehegatten in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechte, besteht für eine Ausübungskontrolle bezüglich der Vereinbarungen zum Güterrecht regelmäßig kein Anlass mehr, und zwar auch dann nicht, wenn die ehebedingten Versorgungsnachteile des haushaltsführenden Ehegatten durch den Versorgungsausgleich nicht vollständig kompensiert werden konnten und der erwerbstätige Ehegatte in der Ehezeit zusätzlich zu seinen Versorgungsanrechten ein zur Altersversorgung geeignetes Privatvermögen aufgebaut hat (vgl. Senatsbeschluss vom 8. Oktober 2014 - XII ZB 318/11 - FamRZ 2014, 1978 Rn. 29 und Senatsurteil vom 21. November 2012 - XII ZR 48/11 - FamRZ 2013, 269 Rn. 36).
24        Freilich hat der Senat in der Vergangenheit mehrfach angedeutet, dass es in Fällen der sogenannten Funktionsäquivalenz von Versorgungs- und Zugewinnausgleich besondere Sachverhaltskonstellationen geben könnte, in denen ein "Hinübergreifen" auf das andere vermögensbezogene Ausgleichssystem im Rahmen der Ausübungskontrolle in Betracht gezogen werden kann (vgl. Senatsbeschluss vom 8. Oktober 2014 - XII ZB 318/11 - FamRZ 2014, 1978 Rn. 30; Senatsurteile vom 21. November 2012 - XII ZR 48/11 - FamRZ 2013, 269 Rn. 35 f. und vom 26. Juni 2013 - XII ZR 133/11 - FamRZ 2013, 1366 Rn. 110). Diese Erwägungen haben solche Fälle im Blick, in denen ein haushaltsführender Ehegatte, der zugunsten der Familienarbeit auf die Ausübung einer versorgungsbegründenden Erwerbstätigkeit verzichtet hat, im Falle der Scheidung im Versorgungsausgleich keine Kompensation für seine Nachteile beim Aufbau von Versorgungsvermögen erlangt, weil der erwerbstätige Ehegatte aufgrund seiner individuellen Vorsorgestrategie keine nennenswerten Versorgungsanrechte erworben, sondern seine Altersvorsorge bei vereinbarter Gütertrennung (oder sonstigen Modifikationen des gesetzlichen Güterstands) auf die Bildung von Privatvermögen gerichtet hat. In solchen Fällen kann es im Einzelfall geboten erscheinen, dem haushaltsführenden Ehegatten zum Ausgleich für die entgangenen Versorgungsanrechte einen modifizierten Zugewinnausgleich zu gewähren, der einerseits durch den zum Aufbau der entgangenen Versorgungsanrechte erforderlichen Betrag und andererseits durch die gesetzliche Höhe des Ausgleichsanspruchs beschränkt ist (Senatsbeschluss vom 8. Oktober 2014 - XII ZB 318/11 - FamRZ 2014, 1978 Rn. 31).
25        bb) Gemessen daran ergeben sich im vorliegenden Fall keine ausreichenden Anknüpfungspunkte für eine Korrektur der zum Güterrecht getroffenen ehevertraglichen Vereinbarungen im Wege einer richterlichen Ausübungskontrolle. Sie lässt sich insbesondere nicht aus dem vom Beschwerdegericht mehrfach hervorgehobenen Umstand herleiten, dass der Antragsgegner nur "Mindestbeiträge" zum berufsständischen Versorgungswerk entrichtet habe.
26        (1) Nach den Bestimmungen der Satzung der Nordrheinischen Ärzteversorgung (im Folgenden: SNÄV) in den für die Ehezeit maßgeblichen Fassungen vom 16. Dezember 1958 (MBl. NW 1958, Sp. 2645) und vom 23. Oktober 1993 (MBl. NW 1994, S. 79) leisten niedergelassene Ärzte an das Versorgungswerk eine allgemeine Versorgungsabgabe; diese wird in Höhe von 14 v.H. der Einkünfte aus ärztlicher Tätigkeit des vorletzten Geschäftsjahres erhoben (§ 20 SNÄV). Für niedergelassene Ärzte, die zur kassenärztlichen Tätigkeit zugelassen sind, kann die Versorgungsabgabe auch in Höhe von 7 v.H. der kassenärztlichen Umsätze erhoben werden (§ 22 SNÄV). Als Bemessungsgrundlage für den auf der jährlichen Beitragszahlung beruhenden Erwerb von Steigerungszahlen dient die "durchschnittliche Versorgungsabgabe" nach § 26 Abs. 1 SNÄV. Diese wurde im Zeitraum zwischen 1989 und 2003 berechnet, indem die in dem betreffenden Geschäftsjahr eingegangenen gesamten Versorgungsabgaben durch die Anzahl der Mitglieder geteilt worden ist, welche die Versorgungsabgabe geleistet haben; seit dem Jahr 2004 entspricht die durchschnittliche Versorgungsabgabe dem Jahresbetrag der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 159 SGB VI) multipliziert mit dem Faktor 0,1892. Ausweislich der zum Versorgungsausgleich erteilten Versorgungsauskunft der Nordrheinischen Ärzteversorgung vom 24. November 2010 hat der Antragsgegner in den Jahren von 1989 bis 1993 - bei jährlichen Versorgungsabgaben in annähernd gleichbleibender Höhe von rund 7.000 € - durchgehend Beiträge geleistet, die nur knapp unter der jeweiligen durchschnittlichen Versorgungsabgabe nach § 26 SNÄV lagen. Erst im Zeitraum seit 1994 sanken die Beitragszahlungen des Antragsgegners erkennbar ab und blieben teilweise deutlich hinter der durchschnittlichen Versorgungsabgabe nach § 26 SNÄV zurück.
27        Dies rechtfertigt aber für sich genommen noch nicht ohne weiteres den vom Beschwerdegericht gezogenen Schluss, dass das von dem Antragsgegner in der berufsständischen Versorgung aufgebaute Vorsorgevermögen im Hinblick auf die wirtschaftlichen Lebensverhältnisse während der Ehe unverhältnismäßig gering gewesen sei. Denn soweit die Beiträge zum Versorgungswerk einkommensabhängig (bzw. umsatzabhängig) erhoben werden, spiegelt sich in der individuellen Beitragsbelastung grundsätzlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds in den betreffenden Geschäftsjahren wider. Abweichende Feststellungen hat das Beschwerdegericht nicht getroffen; es kommt darauf aber auch nicht an. Der Antragsteller hat durch seine Beitragszahlung in der Ehezeit ein Versorgungsanrecht in monatlicher Höhe von 708,95 € erworben. Angesichts dieser Größenordnung konnte das geteilte Versorgungsvermögen beim Ärzteversorgungswerk - auch in Relation zu der rund siebzehnjährigen Ehezeit - durchaus die den primären Versorgungssystemen obliegende Funktion erfüllen, dem Versorgungsberechtigten eine selbständige (Basis-​) Absicherung für den Fall von Alter oder Invalidität zu bieten. Für ein über die Halbteilung der berufsständischen Versorgungsanrechte hinausgehendes "Hinübergreifen" auf das güterrechtliche Ausgleichssystem im Wege richterlicher Ausübungskontrolle besteht jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der Funktionsäquivalenz kein Raum.
28        (2) Darüber hinaus tragen die Feststellungen des Beschwerdegerichts schon nicht die Annahme, dass aufseiten der Antragstellerin überhaupt ehebedingte (und nicht anderweitig kompensierte) Nachteile beim Aufbau einer Altersversorgung entstanden sind.
29        (a) Nach Durchführung des Versorgungsausgleichs verfügte die Antragstellerin über ein ehezeitlich erworbenes Versorgungsvermögen mit einem korrespondierenden Kapitalwert von 66.296,71 €, nämlich den ihr übertragenen berufsständischen Versorgungsanrechten mit einem korrespondierenden Kapitalwert von 61.131 € und den ihr nach der internen Teilung verbleibenden Anrechten der gesetzlichen Rentenversicherung mit einem korrespondierenden Kapitalwert von 5.165,71 € (entspricht 0,9040 * 5.714,2800). Das Beschwerdegericht hat demgegenüber eine hypothetische Versorgungsbiographie der Antragstellerin entwickelt, in der sie ihr vor der Ehe aufgenommenes Studium zur Produktdesignerin bis zum Jahre 1991 hätte abschließen und im Anschluss daran eine versorgungsbegründende Berufstätigkeit hätte ausüben können. In diesem Zusammenhang hat das Beschwerdegericht seiner Berechnung einen durchschnittlichen Erwerb von Entgeltpunkten im Kalenderjahr zugrunde gelegt, diesen Durchschnittswert auf den gesamten Betrachtungszeitraum bis zum Ende der Ehezeit übertragen und auf diese Weise ein fiktives ehezeitliches Versorgungsanrecht in Höhe von 19,3200 Entgeltpunkten ermittelt; gegen diesen Ansatz zur Bemessung ehebedingter Versorgungsnachteile in der gesetzlichen Rentenversicherung ist aus Rechtsgründen nichts zu erinnern (vgl. auch Senatsurteil vom 31. Oktober 2012 - XII ZR 129/10 - FamRZ 2013, 195 Rn. 50 und Senatsbeschluss vom 27. Februar 2013 - XII ZB 90/11 - FamRZ 2013, 770 Rn. 32). Nach der vom Beschwerdegericht entwickelten hypothetischen Versorgungsbiographie hätte die Antragstellerin ohne die Ehe und die ehebedingte Rollenverteilung somit ein Versorgungsvermögen mit einem korrespondierenden Kapitalwert von 110.399,89 € (entspricht 19,3200 * 5.714,2800) bilden können. Im Vergleich zum tatsächlichen Versorgungsvermögen in Höhe von 66.296,71 € lässt sich somit am Ende der Ehezeit rechnerisch ein Versorgungsnachteil mit einem Kapitalwert von 44.103,18 € darstellen.
30        (b) Allerdings beschränkt sich die Teilhabe der Antragstellerin am Vermögensaufbau des Antragsgegners unter den hier obwaltenden Umständen nicht auf die ihr im Versorgungsausgleich übertragenen Versorgungsanrechte, sondern ihr kommen über den modifizierten Zugewinnausgleich zusätzlich die beiden kapitalbildenden Lebensversicherungen und - wenngleich in streitigem Umfang - auch das Immobilienvermögen des Antragsgegners zugute. Auch das aufgrund der Ehe erlangte Vermögen kann ehebedingte Versorgungsnachteile kompensieren; das gilt nur dann nicht, wenn der mit den Versorgungsnachteilen belastete Ehegatte auch ohne die Ehe ein vergleichbares Privatvermögen hätte aufbauen können (vgl. Senatsbeschluss vom 29. Januar 2014 - XII ZB 303/13 - FamRZ 2014, 629 Rn. 31). Derartige Feststellungen hat das Beschwerdegericht nicht getroffen. Nach den nicht angegriffenen Berechnungen des Amtsgerichts ergibt sich für die Antragstellerin selbst bei einer für sie ungünstigen Auslegung der streitigen Anrechnungsklausel in Nr. I Ziff. 1c) des Ehevertrags ein Zugewinnausgleichsanspruch in einer rechnerischen Mindesthöhe von 57.218,23 €, der mit einem Teilbetrag von 50.000 € nebst Zinsen bereits im Jahr 2014 zugunsten der Antragstellerin tituliert worden ist. Ein ehebedingter Vermögenserwerb in dieser Größenordnung dürfte dazu geeignet sein, den Nachteil der Antragstellerin beim Aufbau der Altersversorgung nahezu vollständig auszugleichen, auch wenn man dabei berücksichtigt, dass der mit einem Kapitalbetrag von 44.103,18 € bemessene Versorgungsnachteil auf das Ende der Ehezeit am 31. Mai 2006 bezogen ist.
31        (3) Werden die ehebedingten Versorgungsnachteile der Antragstellerin durch den Vermögenszuwachs im (modifizierten) Zugewinnausgleich indessen tatsächlich kompensiert, kann eine weitergehende Anpassung der güterrechtlichen Regelungen des Ehevertrags entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts auch nicht mit der enttäuschten Erwartung der Antragstellerin auf eine (höhere) Teilhabe am Immobilienvermögen gerechtfertigt werden. Dies gilt selbst dann, wenn beide Beteiligte bei Vertragsschluss im Jahre 1989 übereinstimmend davon ausgegangen sein sollten, dass das Hausgrundstück innerhalb des anvisierten Zehnjahreszeitraums abbezahlt sein und der Antragstellerin dann über den Zugewinnausgleich ein Viertel des Werts der lastenfreien Immobilie für ihre Altersvorsorge zugutekommen werden würde. Denn mit der Anpassung von Eheverträgen unter dem Gesichtspunkt der Rechtsmissbrauchskontrolle (§ 242 BGB) sollen allein ehebedingte Nachteile ausgeglichen werden. Sind solche Nachteile nicht vorhanden oder bereits vollständig kompensiert, dient die richterliche Ausübungskontrolle nicht dazu, dem durch den Ehevertrag belasteten Ehegatten zusätzlich (entgangene) ehebedingte Vorteile zu gewähren und ihn dadurch besser zu stellen, als hätte es die Ehe und die mit der ehelichen Rollenverteilung einhergehenden Dispositionen über Art und Umfang seiner Erwerbstätigkeit nicht gegeben (vgl. Senatsbeschlüsse vom 8. Oktober 2014 - XII ZB 318/11 - FamRZ 2014, 1978 Rn. 26 und vom 27. Februar 2013 - XII ZB 90/11 - FamRZ 2013, 770 Rn. 22; Senatsurteil vom 28. Februar 2007 - XII ZR 165/04 - FamRZ 2007, 974 Rn. 28).
32        3. Ohne Erfolg wendet sich die Rechtsbeschwerde indessen gegen die Beurteilung des Beschwerdegerichts, dass dem Antragsgegner keine rechtshemmenden oder rechtsvernichtenden Einwendungen gegen die Zugewinnausgleichsforderung zur Seite stehen.
33        a) Die Forderung ist nicht verjährt.
34        Die Verjährung der Zugewinnausgleichsforderung ist gemäß § 207 Abs. 1 Satz 1 BGB bis zur Rechtskraft der Scheidung gehemmt. Das gilt auch in den Fällen eines erfolgreichen Antrages auf vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft (klarstellend MünchKommBGB/Koch 7. Aufl. § 1378 Rn. 37; BeckOGK/Siede BGB [Stand: Mai 2018] § 1378 Rn. 72). Zwar besteht der Normzweck des § 207 Abs. 1 Satz 1 BGB darin, einem besonderen familiären Näheverhältnis Rechnung zu tragen, welches den Gläubiger während des Bestehens der Ehe davon Abstand nehmen lassen könnte, zur Durchsetzung seines Anspruchs gerichtlich gegen den Schuldner vorzugehen (vgl. BGH Urteil vom 25. November 1986 - VI ZR 148/86 - FamRZ 1987, 250). Dabei handelt es sich aber lediglich um das gesetzgeberische Motiv, das keinen unmittelbaren tatbestandlichen Niederschlag im Gesetz gefunden hat. Das Gesetz stellt für die Anwendbarkeit von § 207 Abs. 1 Satz 1 BGB - ersichtlich aus Gründen der Rechtssicherheit - nur auf das formale Kriterium der fortbestehenden Ehe und nicht auf die konkreten Verhältnisse zwischen den Eheleuten ab. Die Vorschrift kommt deshalb auch dann zur Anwendung, wenn die Beziehungen zwischen den Beteiligten zerrüttet und bereits zum Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen geworden sind (vgl. BGH Urteil vom 25. November 1986 - VI ZR 148/86 - FamRZ 1987, 250, 251; vgl. auch BGHZ 76, 293, 295 = FamRZ 1980, 560 f.). Auch nach der zum 1. Januar 2010 in Kraft getretenen Reform des Verjährungsrechts lässt sich dem Gesetz nichts dafür entnehmen, dass es für die Anwendbarkeit des § 207 BGB auf die Intensität der Beziehung zwischen den Beteiligten ankommen könnte, so dass für eine von der Rechtsbeschwerde reklamierte teleologische Norminterpretation kein Raum ist.
35        b) Mit Recht und mit zutreffender Begründung hat das Beschwerdegericht entschieden, dass die Nachforderung von Zugewinnausgleich im vorliegenden Fall nicht dem Einwand der Verwirkung (vgl. dazu auch Senatsbeschluss vom 7. Februar 2018 - XII ZB 338/17 - FamRZ 2018, 681 Rn. 20 f.) unterliegt. Auch die Rechtsbeschwerde erinnert insoweit nichts mehr.
36        c) Im Ergebnis ist dem Beschwerdegericht auch in seiner Beurteilung beizutreten, dass der Antragsgegner die Erfüllung der Ausgleichsforderung nicht wegen (angeblich) überzahlten Unterhalts nach § 1381 Abs. 1 BGB verweigern kann.
37        aa) Nach § 1381 Abs. 1 BGB kann der Schuldner die Erfüllung der Ausgleichsforderung verweigern, soweit der Ausgleich des Zugewinns nach den Umständen des Falles grob unbillig wäre. Die Vorschrift ermöglicht in besonders gelagerten Einzelfällen eine Korrektur von Ergebnissen, die sich aus der schematischen Anwendung der Vorschriften zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs ergeben können. Nicht ausreichend ist allerdings, dass sich die Unbilligkeit allein aus dem vom Gesetzgeber im Interesse der Rechtssicherheit und Praktikabilität festgelegten pauschalisierenden und schematischen Berechnungssystem ergibt. Dem ausgleichsverpflichteten Ehegatten steht das Leistungsverweigerungsrecht aus § 1381 Abs. 1 BGB nur dann zu, wenn die Gewährung des Ausgleichsanspruchs in der vom Gesetz vorgesehenen Art und Weise dem Gerechtigkeitsempfinden in unerträglicher Weise widersprechen würde (vgl. Senatsbeschluss vom 16. Oktober 2013 - XII ZB 277/12 - FamRZ 2014, 24 Rn. 16 mwN und Senatsurteil vom 9. Oktober 2013 - XII ZR 125/12 - FamRZ 2013, 1954 Rn. 27).
38        bb) Dabei entspricht es einer verbreiteten Auffassung in der obergerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum, dass in der Entgegennahme von nicht geschuldetem Unterhalt durch den Ausgleichsberechtigten ein gegen das Vermögen des Ausgleichspflichtigen gerichtetes Fehlverhalten zu sehen sein kann, welches eine Herabsetzung des Ausgleichsanspruchs wegen grober Unbilligkeit nach § 1381 Abs. 1 BGB in Höhe des überzahlten Unterhalts rechtfertigt (vgl. OLG Brandenburg FamRZ 2004, 106, 107; OLG Köln FamRZ 1998, 1370, 1372; OLG Celle FamRZ 1981, 1066, 1069 f.; MünchKommBGB/Koch 7. Aufl. § 1381 Rn. 29, 34; Erman/Budzikiewicz BGB 15. Aufl. § 1381 Rn. 5a; Schulz/Hauß Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung 6. Aufl. Rn. 881; Büte Zugewinnausgleich bei Ehescheidung 5. Aufl. Rn. 316; Reinken FamFR 2013, 412). Dies soll vor allem deshalb gelten, weil der Ausgleichspflichtige, der Unterhalt aufgrund einer lediglich vorläufigen und später aufgehobenen gerichtlichen Regelung oder aufgrund einer unwirksamen Unterhaltsvereinbarung geleistet hat, seinen auf § 812 BGB gestützten Rückforderungsanspruch gegen den Ausgleichsberechtigten häufig nicht durchsetzen kann, wenn sich dieser auf den Wegfall der Bereicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) beruft (vgl. Schulz/Hauß Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung 6. Aufl. Rn. 881; Büte Zugewinnausgleich bei Ehescheidung 5. Aufl. Rn. 316).
39        cc) Ob dieser Ansicht uneingeschränkt gefolgt werden kann (kritisch BeckOGK/Siede [Stand: Mai 2018] § 1381 Rn. 35; Staudinger/Thiele [2017] BGB § 1381 Rn. 10; Prütting/Wegen/Weinreich BGB 13. Aufl. § 1381 Rn. 15), braucht im vorliegenden Fall nicht entschieden zu werden.
40        (1) Denn die (angeblich) überhöhten Unterhaltsansprüche sind der Antragstellerin in gerichtlichen Hauptsacheverfahren rechtskräftig zugesprochen worden. Sofern eine rechtskräftige Unterhaltsentscheidung nicht durch Prozessbetrug (§ 823 Abs. 2 BGB iVm § 263 StGB) erwirkt worden ist, kommt ein auf Rückzahlung überzahlten Unterhalts gerichteter Schadenersatzanspruch nur ausnahmsweise nach § 826 BGB im Falle der vorsätzlichen sittenwidrigen Ausnützung eines als unrichtig erkannten Titels in Betracht. Dieser Schadenersatzanspruch setzt nicht nur voraus, dass der Berechtigte Kenntnis von der Unrichtigkeit des Titels hatte, sondern es müssen besondere Umstände hinzutreten, welche die Annahme überhöhter Unterhaltszahlungen durch den Berechtigten in besonderem Maße als unredlich und geradezu unerträglich erscheinen lassen (vgl. Senatsurteile vom 23. April 1986 - IVb ZR 29/85 - FamRZ 1986, 794, 796 und vom 19. Februar 1986 - IVb ZR 71/84 - FamRZ 1986, 450, 452). Liegen diese Voraussetzungen nicht vor und ist damit die Rechtskraft der gerichtlichen Unterhaltsentscheidung vor einer Durchbrechung geschützt, kommt dem Gedanken der Rechtssicherheit - und damit auch dem Vertrauen des Berechtigten, den aufgrund des Titels vereinnahmten Unterhalt entschädigungslos behalten zu dürfen - der Vorrang gegenüber der Einzelfallgerechtigkeit zu. Diese Wertung ist auch im Rahmen der Anwendung von § 1381 Abs. 1 BGB zu berücksichtigen, so dass eine Herabsetzung des Ausgleichsanspruchs unter dem Gesichtspunkt einer Unterhaltsüberzahlung nicht in Betracht kommt, wenn und soweit die Rechtskraft einer gerichtlichen Unterhaltsentscheidung der Rückforderung von Unterhalt entgegensteht (so wohl auch Staudinger/Thiele [2017] BGB § 1381 Rn. 17). Kann der Ausgleichspflichtige wegen einer unerlaubten Handlung des Ausgleichsberechtigten trotz des Vorliegens einer rechtskräftigen Unterhaltsentscheidung ausnahmsweise Schadenersatz wegen des vom Gericht zu Unrecht festgesetzten Unterhalts verlangen, kann er diese Forderung beziffern und damit gegen den Zugewinnausgleichsanspruch aufrechnen, zumal die Entreicherungsproblematik bei deliktischen Rückforderungsansprüchen nach §§ 823 Abs. 2, 826 BGB ohnehin keine Rolle spielt (vgl. dazu Senatsurteil vom 19. Februar 1986 - IVb ZR 71/84 - FamRZ 1986, 450, 451).
41        Ein Anwendungsbereich für § 1381 Abs. 1 BGB kann sich in den Fällen der deliktischen Unterhaltsrückforderung allenfalls im Zusammenhang mit der Behandlung des auf Rückzahlung überzahlten Unterhalts gerichteten Schadenersatzanspruchs im Rahmen der güterrechtlichen Ausgleichsbilanz ergeben. Da der Anspruch auf Rückzahlung überzahlten Unterhalts bereits im Zeitpunkt der Überzahlung entsteht, muss dieser Anspruch wegen solcher Unterhaltszahlungen, die vor dem Stichtag für die Berechnung des Zugewinns (§§ 1384, 1387 BGB) geleistet worden sind, einerseits als Forderung im aktiven Endvermögen des Ausgleichspflichtigen und andererseits als Verbindlichkeit im passiven Endvermögen des Ausgleichsberechtigten bilanziert werden; insoweit gilt für den Anspruch auf Rückzahlung überzahlten Unterhalts nichts anderes als für den Anspruch auf Zahlung von Unterhaltsrückständen, die vor dem Berechnungsstichtag entstanden sind (vgl. dazu Senatsurteile vom 6. Oktober 2010 - XII ZR 10/09 - FamRZ 2011, 25 Rn. 36 und BGHZ 156, 105, 109 = FamRZ 2003, 1544, 1545; OLG Hamm NJW-​RR 1992, 580, 581 f.; OLG Celle FamRZ 1991, 944, 945). Die Einbeziehung der Forderung in die Ausgleichsbilanz kann nach den Umständen des Einzelfalls dazu führen, dass der Schadenersatzanspruch des Ausgleichspflichtigen durch die wertentsprechende Erhöhung der güterrechtlichen Ausgleichsforderung wirtschaftlich vollständig entwertet wird. Dieses Ergebnis wird gerade bei deliktischen Ansprüchen zwischen den Ehegatten oftmals als grob unbillig angesehen und insoweit eine Korrektur über § 1381 BGB für möglich gehalten (vgl. dazu Staudinger/Thiele [2017] BGB § 1381 Rn. 17 mwN; Jaeger FPR 2005, 352, 353 f.). Andererseits ist allerdings zu bedenken, dass sich die Zahlung des überhöhten Unterhalts in vielen Fällen bereits auf die Zugewinnausgleichsberechnung ausgewirkt hat, weil der Ausgleichspflichtige sonst weitergehendes Vermögen hätte aufbauen können und der Ausgleichsberechtigte durch die Unterhaltszahlung in der Lage versetzt worden ist, eigenes Vermögen zu erhalten oder auch zu bilden (vgl. BeckOGK/Siede [Stand: Mai 2018] § 1381 Rn. 35).
42        (2) Einer weiteren Erörterung bedarf dies indessen nicht, weil im vorliegenden Fall für einen Anspruch des Antragsgegners auf Rückzahlung von Unterhalt aus dem Gesichtspunkt einer unerlaubten Handlung - unabhängig davon, dass der Antragsgegner schon die Höhe des vermeintlich überzahlten Unterhalts nicht schlüssig dargelegt hat - keine hinreichenden Anhaltspunkte bestehen. Soweit sich der Antragsgegner allein auf die unterlassene Vorlage medizinischer Unterlagen aus dem Jahr 2008 stützt, hat die Antragstellerin unwiderlegt vorgetragen, jedenfalls vom Inhalt des im Zuge des Rentenbewilligungsverfahrens für die Deutsche Rentenversicherung Bund erstatteten Gutachtens des Sachverständigen Dr. E. überhaupt erst im Jahre 2015 Kenntnis erlangt zu haben. Im Übrigen lässt der Inhalt dieser Unterlagen keinen Widerspruch zu den Feststellungen des im Trennungsunterhaltsverfahren eingeholten arbeitsmedizinischen Gutachtens des Sachverständigen Dr. P. vom 25. Juni 2007 erkennen, wonach die Antragstellerin aufgrund einer psychischen Erkrankung in Form einer Somatisierungsstörung bei depressiver Grundstimmung noch für die Dauer eines Jahres nicht in der Lage gewesen sei, nennenswerte gewinnbringende Tätigkeiten auszuüben. Für die Folgezeit ist schon nichts dafür ersichtlich, dass die Antragstellerin trotz der im Juli 2008 bewilligten Rente wegen voller Erwerbsminderung gleichwohl davon ausgegangen sein könnte, durch Ausübung einer Berufstätigkeit höhere Erwerbseinkünfte erzielen zu können.
            III.

43        Die angefochtene Entscheidung kann - jedenfalls mit der gegebenen Begründung - nicht in vollem Umfang Bestand haben, sondern unterliegt der Aufhebung, soweit das Beschwerdegericht der Antragstellerin auf ihre Beschwerde einen höheren restlichen Zugewinnausgleichsanspruch als die vom Amtsgericht rechnerisch unstreitig ermittelten 7.218,23 € zugesprochen hat.

44        Insoweit kommt es streitentscheidend darauf an, ob die Anrechnungsklausel in Nr. I Ziff. 1c) des Ehevertrags entweder darauf zielt, im Endvermögen des Antragsgegners (nur) die hälftige Differenz zwischen dem Verkehrswert der Immobilie und den auf ihr ruhenden Belastungen anzusetzen oder ob sie - wie das Amtsgericht meint - dahingehend auszulegen ist, dass im aktiven Endvermögen des Antragsgegners die Hälfte des Verkehrswerts seiner Immobilie, im passiven Endvermögen demgegenüber die dinglich gesicherten Verbindlichkeiten in voller Höhe zu berücksichtigen sind. Der Wortlaut der streitigen Anrechnungsklausel lässt beide Auslegungsmöglichkeiten zu. Die Auslegung von rechtsgeschäftlichen Willenserklärungen ist Sache des Tatrichters. Eine vom Beschwerdegericht nicht vorgenommene Auslegung darf das Rechtsbeschwerdegericht nur dann selbst vornehmen, wenn alle dazu erforderlichen Feststellungen getroffen sind und eine weitere Aufklärung nicht mehr in Betracht kommt (Senatsbeschluss vom 29. Januar 2014 - XII ZB 303/13 - FamRZ 2014, 629 Rn. 51; BGH Urteil vom 12. Dezember 1997 - V ZR 250/96 - NJW 1998, 1219 mwN). Diese Voraussetzungen liegen hier schon deshalb nicht vor, weil nicht ausgeschlossen ist, dass die im Laufe des Beschwerdeverfahrens schon einmal angeordnete, aber schließlich nicht durchgeführte Vernehmung des beurkundenden Notars zur Aufklärung des Sachverhalts beitragen kann. Die Sache ist daher im Umfang der Aufhebung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 74 Abs. 6 Satz 2 FamFG).

Dose     

      

Schilling     

      

Nedden-Boeger

      

Botur     

      

Guhling