Sowohl die unverheiratete Mutter als auch der unverheiratete Vater
247 haben, wenn sie das gemeinsame Kind betreuen, gegen den anderen Elternteil einen Anspruch auf Betreuungsunterhalt, soweit wegen der Pflege oder Erziehung des Kindes eine volle oder teilweise Erwerbstätigkeit von ihnen nicht erwartet werden kann. Der Anspruch ist in § 1615l Absatz 2 Satz 2 bis 5 BGB geregelt. Er ist vom Gesetzgeber bewusst gleichlaufend zum Anspruch auf Betreuungsunterhalt eines verheirateten Elternteils gemäß §
1570 Absatz 1 BGB gestaltet, weshalb grundsätzlich dieselben Voraussetzungen gelten.
So gilt ebenso, dass
während der ersten drei Lebensjahre des Kindes immer Betreuungsunterhalt verlangt werden kann. In dieser Zeit trifft den betreuenden Elternteil grundsätzlich keine Verpflichtung zur Erwerbstätigkeit, sondern er darf sich vollumfänglich der Kinderbetreuung widmen und sogar eine bereits neben der Kinderbetreuung ausgeübte Erwerbstätigkeit wieder aufgeben.
Wird dennoch während der ersten drei Lebensjahr des Kindes vom betreuenden Elternteil eine Erwerbstätigkeit ausgeübt, hängt es von den Umständen des Einzelfalls ab, ob die aus dieser
überobligatorischen Erwerbstätigkeit gewonnenen Einkünfte bei der Unterhaltsberechnung anzurechnen sind.
248 Dabei kommt es darauf an “wie etwa die Kindesbetreuung mit den konkreten Arbeitszeiten unter Berücksichtigung erforderlicher Fahrzeiten zu vereinbaren ist und ob und gegebenenfalls zu welchen Zeiten das Kind anderweitig beaufsichtigt wird und insofern zeitweise nicht der Betreuung durch die Mutter bedarf. Auch ist zu prüfen, welche Hilfen der Mutter bei der Betreuung zur Verfügung standen und ob ihr dafür jedenfalls zusätzliche Betreuungskosten entstanden sind. Schließlich ist nicht ohne Bedeutung, ob die Mutter seit der Geburt des Kindes aus freien Stücken weiter erwerbstätig ist oder ob die Arbeitsaufnahme durch eine wirtschaftliche Notlage veranlasst war.”
249 Nach Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes besteht in der Regel die Verpflichtung, das Kind anderweitig betreuen zu lassen und eine Vollzeiterwerbstätigkeit auszuüben. Es kann jedoch auch nach Vollendung des dritten Lebensjahres im Einzelfall ausnahmsweise Betreuungsunterhalt verlangt werden, wenn dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind neben besonderen Bedürfnissen des Kindes (z.B. Behinderungen, Erkrankungen, oder Entwicklungsstörungen des Kindes, aber auch erforderliche Fahrzeiten zur Ausübung musischer, sportlicher oder anderer Beschäftigungen) vor allen die Möglichkeiten einer verlässlichen und zumutbaren Kinderbetreuung für die Frage relevant, ob eine persönliche Betreuung über das dritte Lebensjahr hinaus erforderlich erscheint (sog.
kindbezogene Gründe). Inwiefern ein freiwilliges Betreuungsangebot Dritter, z.B. der Großeltern, in Anspruch zu nehmen ist, hängt ebenfalls von einer Abwägung im jeweiligen Einzelfall ab.
250 Auch
elternbezogene Gründe können eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts über das dritte Lebensjahr hinaus rechtfertigen, beispielsweise:
- dass die Eltern mit ihrem gemeinsamen Kind zuvor zusammengelebt haben und als Nachwirkung ein besonderer Vertrauenstatbestand in das während dieser Zeit gelebte Betreuungsmodell entstanden ist,251 oder
- dass die von dem Elternteil neben seiner Erwerbsobliegenheit zu leistende Betreuung und Erziehung des Kindes zu einer überobligationsmäßigen Belastung führen würde.252
Entscheidend für die Bejahung des Unterhaltsanspruchs ist, dass von dem betreuenden Elternteil wegen der Pflege und Erziehung des gemeinsamen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann; ob andere Gründe den Elternteil an der Ausübung einer Erwerbstätigkeit hindern, ist unbeachtlich.
253 Ein Anspruch besteht also auch dann, wenn die Kindesbetreuung nicht die alleinige Ursache für die Nichterwerbstätigkeit ist.
254Sofern jedoch trotz der Kinderbetreuung eine Erwerbstätigkeit in Vollzeit erwartet werden kann und somit eine
volle Erwerbsobliegenheit besteht, der Elternteil aber
aus anderen Gründen (z.B. Krankheit, Arbeitslosigkeit) als der Kinderbetreuung an der Ausübung einer Erwerbstätigkeit gehindert ist, haben unverheiratete Elternteile - anders verheiratete -
keinen Unterhaltsanspruch gegen den anderen Elternteil.
Für die Voraussetzungen einer Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Dauer von drei Jahren hinaus trägt der den Betreuungsunterhalt verlangende Elternteil als Unterhaltsberechtigte die
Darlegungs- und Beweislast. Er muss also sowohl die kind- als auch die elternbezogenen Gründe darlegen und beweisen, die eine persönliche Betreuung erforderlich machen. Der Unterhaltspflichtige muss eine eventuelle Leistungsunfähigkeit, auf die er sich beruft, beweisen.