9. Subjektive Sittenwidrigkeit des Ehevertrages

Selbst wenn die Bestimmungen des Ehevertrages einen der Ehegatten mehr belasten als den anderen, folgt daraus allein nach ständiger Rechtsprechung des BGH noch nicht die Sittenwidrigkeit des Vertrages. Damit der Tatbestand der Sittenwidrigkeit bejaht werden kann, muss zur objektiven Sittenwidrigkeit zusätzlich das Tatbestandsmerkmal der subjektiven Sittenwidrigkeit hinzukommen.

Subjektiv sittenwidrig ist ein Ehevertrag, wenn dem durch den Ehevertrag begünstigte Ehegatten bei Vertragsabschluss eine verwerfliche subjektive Komponente vorzuwerfen ist.
Es muss seinerseits eine "verwerfliche Gesinnung" vorliegen.

Dazu der BGH: „Ein unausgewogener Vertragsinhalt mag zwar ein gewisses Indiz für eine unterlegene Verhandlungsposition des belasteten Ehegatten sein. Gleichwohl wird das Verdikt der Sittenwidrigkeit in der Regel nicht gerechtfertigt sein, wenn sonst außerhalb der Vertragsurkunde keine verstärkenden Umstände erkennbar sind, die auf eine subjektive Imparität, insbesondere infolge der Ausnutzung einer Zwangslage, sozialer oder wirtschaftlicher Abhängigkeit oder intellektueller Unterlegenheit hin- deuten könnten". 12

Das Familiengericht wird also bei der Prüfung der Frage, ob der Ehevertrag auch subjektiv sittenwidrig ist immer zu prüfen haben:

  • Hat ein Ehegatte bei Vertragsabschluss eine Zwangslage des anderen Ehegatten ausgenutzt?
  • Bestand bei Vertragsabschluss eine soziale oder wirtschaftliche  Abhängigkeit des benachteiligten Ehegatten?
  • Bestand bei Vertragsabschluss eine intellektuelle Unterlegenheit des benach- teiligten Ehegatten?
  • Bestand bei Vertragsabschluss eine völlig ungleiche Verhandlungsposition aufgrund einseitiger Dominanz des begünstigten Ehegatten?

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