3. Gerichtliche Entscheidung bei Meinungsverschiedenheiten der Eltern

Sofern sich die Eltern bei einer Einzelentscheidung über eine bedeutende Angelegenheit des Kindes nicht einigen können (z.B. darüber, ob das Kind die Schule wechseln soll oder nicht), kann jeder Elternteil beim Familiengericht beantragen, dass ihm die alleinige Entscheidungsbefugnis über diese Einzelentscheidung übertragen wird.341 Sofern die Entscheidung sehr schnell getroffen werden muss, kann ein Eilantrag auf Übertragung der alleinige Entscheidungsbefugnis über die Einzelentscheidung im Wege einstweiliger Anordnung gestellt werden. Das Gericht überträgt demjenigen Elternteil die alleinige Entscheidungsbefugnis, dessen Entscheidung es für das Kindeswohl am besten hält. Die Übertragung der Entscheidungsbefugnis kann vom Gericht allerdings auch mit Beschränkungen oder Auflagen verbunden werden.342

Des Weiteren kann der ein Elternteil beim Familiengericht beantragen, dass ihm die alleinige Entscheidungsbefugnis über alle Entscheidung, die einen bestimmten Teilaspekt des Sorgerechts (z.B. alle schulischen Belange, alle gesundheitlichen Belange etc.) betreffen, übertragen wird.343

Darüber hinaus kann ein Elternteil beim Familiengericht beantragen, dass das Gericht das gemeinsame Sorgerecht aufhebt und ihm das alleinige Sorgerecht überträgt.344

Eine gerichtliche Übertragung eines Teilaspektes des Sorgerechts oder des gesamten Sorgerechts auf einen Elternteil kommt nur dann in Betracht, wenn dies dem Kindeswohl am besten entspricht. Hierbei sind gewisse Kommunikationsschwierigkeiten, Spannungen und Streitigkeiten zwischen den Eltern für eine Aufhebung des gemeinsamen Sorgerechts allerdings noch nicht ausreichend. Vielmehr muss eine schwerwiegende und nachhaltige Störung auf der Kommunikationsebene der Eltern festzustellen sein, die befürchten lässt, dass den Eltern eine gemeinsame Entscheidungsfindung nicht möglich sein wird und das Kind folglich erheblich belastet würde.345 Bei mangelnder Konsens- und Kooperationsbereitschaft der Eltern prüft das Familiengericht also, welche Auswirkungen die fehlende Einigungsfähigkeit der Eltern bei einer Gesamtbeurteilung der Verhältnisse auf die Entwicklung und das Wohl des Kindes haben wird.346 Streiten sich die Eltern seit Jahren vor Gericht um Sorge- und Umgangsrechte, kann dies gegen die Einigungsfähigkeit und Einigungsbereitschaft der Eltern sprechen.347
  • Sofern Ihnen aufgrund der schwere des elterlichen Konflikts oder aus anderen Gründen tatsächlich der Entzug des gemeinsamen Sorgerechts droht, können Sie im gerichtlichen Verfahren dessen Verlust in der Regel durch die Erteilung einer Sorgerechtsvollmacht abwenden. Mit einer Sorgerechtsvollmacht bevollmächtigen Sie den anderen Elternteil, Sie in bestimmten oder in sämtlichen sorgerechtlichen Angelegenheiten zukünftig alleine zu vertreten. Eine solche Vollmacht kann grundsätzlich jederzeit widerrufen werden.