XⅠⅠⅠ. DIE EHEWOHNUNG

Nach der Trennung eines Ehepaars entsteht häufig Streit darüber, welcher Ehegatte in der Ehewohnung verbleiben darf. Die diesbezüglich geregelten gesetzlichen Ansprüche unterscheiden zwischen zwei verschiedenen Zeitpunkten, nämlich zwischen Ansprüchen auf Zuweisung der Ehewohnung zur alleinigen Nutzung im Zeitraum der Trennung sowie im Zeitraum nach der Scheidung.

1. Definition der Ehewohnung

Zur Ehewohnung gehören alle Räume, die von den Ehegatten zu Wohnzwecken genutzt oder bestimmt waren, also auch zu familiären Zwecken genutzte Ferien- oder Zweitwohnungen, sowie Nebenräume wie ein Keller, eine Garage oder eine Gartenlaube.270 Von der Ehewohnung abgetrennte gewerblich oder beruflich genutzte Räumlichkeiten sind hingegen nicht als Ehewohnung zu qualifizieren.271
Möchte ein Ehegatte ein alleiniges Nutzungsrecht an der Ehewohnung beanspruchen, der die Ehewohnung während der Trennungszeit für einen längeren Zeitraum verlassen, vielleicht sogar schon eine neue Wohnung angemietet hat, stellt sich die Frage, ob die Wohnung trotz dieser Umstände überhaupt noch als Ehewohnung einzustufen ist. Das Gesetz geht davon aus, dass bei einem Ehegatten, der aus der Ehewohnung ausgezogen, einen neuen Lebensmittelpunkt begründet und binnen sechs Monaten nach seinem Auszug eine ernstliche Rückkehrabsicht dem anderen Ehegatten gegenüber nicht bekundet hat, unwiderleglich zu vermuten ist, dass er die Ehewohnung dem anderen Ehegatten zur Nutzung überlassen hat.272 Laut der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs behält die Ehewohnung ihren Charakter jedoch während der gesamten Trennungszeit.273 Bei wesentlicher Veränderung der zugrundeliegenden Umstände kann daher der ausgezogene Ehegatte auch nach Ablauf von sechs Monaten eine Abänderung der Überlassungsregelung geltend machen.274
270 Faber in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Aufl., § 1361b BGB (Stand: 15.11.2022) Rn. 22.
271 Faber in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Aufl., § 1361b BGB (Stand: 15.11.2022) Rn. 23.
272 § 1361b Absatz 4 BGB
273 BGH, Beschluss vom 28. September 2016 – XII ZB 487/15 –, BGHZ 212, 133-140 Rn. 13.
274 BGH, Beschluss vom 28. September 2016 – XII ZB 487/15 –, BGHZ 212, 133-140 Rn. 23.