Streiten sich die Eltern vor Gericht über das Umgangsrecht und schaffen es nicht, sich im Rahmen des Gerichtsverfahrens einvernehmlich auf eine Umgangsregelung zu einigen, legt das Gericht diejenige Umgangsregelung fest, die es für das
Wohl des Kindes am besten hält. Dabei muss das Gericht auch die tatsächlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten sowie die berechtigten Interessen der beiden Elternteil bedenken.
Insbesondere folgende Kriterien
365 sind daher bei der Entscheidung zu berücksichtigen:
- Belastbarkeit des Kindes
- Bisherige Intensität der Beziehungen des Kindes zum Umgangsberechtigten und seine Vertrautheit mit diesem
- Räumliche Entfernung der Eltern voneinander
- Interessen und Bindungen von Kind und Eltern
- Verhältnis der Eltern zueinander
- Persönliche und berufliche Situation und Betreuungsmöglichkeit des Umgangsberechtigten
- Wille des Kindes, soweit er mit seinem Wohl vereinbar ist
- Alter des Kindes und sein altersbedingtes Zeitempfinden
- Entwicklungs- und Gesundheitszustand des Kindes
Für eine gute Entwicklung von Säuglingen und Kleinkindern unter zwei Jahren wird die Nähe zur Mutter als engster Bezugsperson als sehr wichtig erachtet, weshalb sich in diesem Alter des Kindes das Umgangsrecht des anderen Elternteils in vielen Fällen nur auf einige Stunden pro Woche, je nach den Umständen des Einzelfalls in Anwesenheit der Mutter, beschränkt. Ab dem dritten Lebensjahr können Kinder grundsätzlich auch regelmäßig beim anderen Elternteil übernachten.
Fordert ein Elternteil per gerichtlichen Antrag die Einführung eines Wechselmodells, ist der zu entscheidender Maßstab ebenfalls das im konkreten Einzelfall festzustellende Kindeswohl. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dient die Anordnung eines Wechselmodells in der Regel jedoch nicht dem Kindeswohl, wenn das Verhältnis der Eltern erheblich konfliktbelastet ist.
366 Eine schwerwiegende und nachhaltige Störung der Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit der Elternteile kann deshalb gegen die Einführung eines Wechselmodells sprechen.
Eine längere oder dauerhafte Einschränkung oder ein Ausschluss des Umgangsrechts darf nur ergehen, wenn andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre.
367 Dies kann zum Beispiel bei einer Drogenabhängigkeit oder schwerwiegenden psychischen Beeinträchtigung des den Umgang wünschenden Elternteils oder der Befürchtung einer Misshandlung des Kindes der Fall sein. Sofern es dem Kindeswohl dient, kann das Familiengericht in diesen Fällen insbesondere einen
„begleiteten Umgang”
anordnen, bei dem beispielsweise eine für einen Träger der Kinder- und Jugendhilfe tätige Person die Umgänge begleitet. Begleitete Umgänge sind außerdem in Fällen denkbar, in denen keine Bindung zwischen dem Kind und dem den Umgang wünschenden Elternteil mehr besteht und diese erst wieder aufgebaut und intensiviert werden muss, bevor die Umgänge unbegleitet erfolgen können.