Die Gerichte haben grundsätzlich in allen Kindschaftssachen die Kinder persönlich anzuhören.
364 Von der Anhörung darf das Gericht nur absehen,
- wenn ein schwerwiegender Grund dafür vorliegt (z.B. wenn zu befürchten ist, dass die Anhörung die Gesundheit des Kindes beeinträchtigen würde),
- wenn das Kind offensichtlich nicht in der Lage ist, seine Neigungen und seinen Willen kundzutun (betrifft vor allem Säuglinge und Kleinkinder unter 3 Jahren),
- wenn die Neigungen, Bindungen und der Wille des Kindes für die Entscheidung nicht von Bedeutung sind und eine persönliche Anhörung auch nicht aus anderen Gründen angezeigt ist oder (z.B. wenn sich die Eltern eines Kindes unter 12 Jahren über die Durchführung einer Schutzimpfung des Kindes streiten) oder
- wenn das Verfahren ausschließlich das Vermögen des Kindes betrifft und eine persönliche Anhörung nach der Art der Angelegenheit nicht angezeigt ist.
In der Praxis versuchen die Richter diese Anhörung so einfühlsam wie möglich zu gestalten und empfangen die Kinder nicht im Gerichtssaal, sondern in der Regel im Vorfeld der mündlichen Verhandlung in ihrem Büro in Zivilkleidung.