FN 9: BGH Urteil 17.10.2007 XII ZR 96/05 Rn. 22.
Wirksamkeit eines ehevertraglichen Verzichts auf Zugewinn- ausgleich: Absehbarkeit des Nichterwerbs von Versorgungs- vermögen durch den selbstständig erwerbstätigen Ehegatten
Ein ehevertraglicher Verzicht auf Zugewinnausgleich ist nicht schon deshalb unwirksam (§ 138 BGB), weil ein Ehegatte - entsprechend den gemeinsamen Vorstellungen der Ehegatten bei Vertragsschluss - in der Ehe einer selbstständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist und deshalb kein im Versorgungsausgleich auszugleichendes Versorgungsvermögen erworben hat (Rn.23) .
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 1. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 31. Mai 2005 wird auf Kosten der Antragsgegnerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
1. 1 Die Parteien streiten im Rahmen des Scheidungsverfahrens um Zugewinnausgleich und hier insbesondere um die Wirksamkeit eines Ehevertrages.
2. 2 Die Parteien studierten in W., die Antragsgegnerin (geb. ... 1960; im Folgenden: Ehefrau) für das Lehramt in der Sekundarstufe II, der Antragsteller (geb. ... 1963, im Folgenden: Ehemann) Betriebswirtschafslehre. Beide Parteien brachen ihr Studium ab, die Ehefrau 1987, der Ehemann zwischen 1992 und 1994. Nachdem sie sich 1990 kennen gelernt hatten und die Ehefrau 1994 schwanger wurde, schlossen sie auf Wunsch des Eheman- nes am 5. Januar 1995 einen Ehevertrag, dessen wesentlicher Inhalt lautet:
"Für unsere Ehe schließen wir hiermit den gesetzlichen Güterstand der Zuge- winngemeinschaft aus und vereinbaren vollständige Gütertrennung. Keiner von uns soll daher den Beschränkungen der §§ 1365 und 1369 BGB unterworfen sein. Ein Zugewinnausgleich nach Maßgabe der §§ 1372 ff. BGB soll ebenfalls nicht stattfinden. Demnach erhält und erwirbt ein jeder von uns freies und unbeweg- liches Vermögen, welches ihm zur Zeit gehört und welches er in Zukunft erwer- ben wird".
3. 3 Abreden über Versorgungsausgleich und Unterhalt wurden nicht getroffen.
4. 4 Am 27. Januar 1995 schlossen sie die Ehe, aus der die Kinder D. (geb. ... 1995) und R. (geb. ... 1998) hervorgegangen sind. Die Ehefrau führte den Haushalt und betreute die Kinder. Der Ehemann war - nach Darstellung der Ehefrau - Ende 1994 als Angestellter bei der G.H. GmbH & Co KG tätig; kurz darauf erwarb er einen Anteil der Gesellschaft, den er später aufstocken konnte. Er ist heute Mehrheitsgesellschafter und Geschäftsfüh- rer dieses Unternehmens, das 1881 von seiner Familie gegründet wurde, in W. ansässig und auf dem Gebiet der V. und K...herstellung tätig ist.
5. 5 Die Parteien trennten sich Anfang 2001; die Scheidung ist seit dem 4. Oktober 2003 rechtshängig. Der Ehemann lebt mit einer neuen Partnerin zusammen, mit der er ein ... 2002 geborenes Kind hat. Für die gemeinsamen Kinder der Parteien leistet der Ehemann Unterhalt nach der höchsten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle (200 % des Regelsatzes); er ließ vor dem Jugendamt entsprechende Urkunden errichten. Der Ehefrau zahlt er einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 3.067 €; außerdem stellt er ihr sein Einfamilienhaus in W. unentgeltlich zur Verfügung, in dem sie mit den Kindern wohnt und dessen Finanzierungsaufwand (rund 1.500 € monatlich) sowie dessen Nebenkosten er trägt.
6. 6 Die Ehefrau hat in der Folgesache Zugewinnausgleich Stufenklage erhoben und - in der ersten Stufe - vom Ehemann Auskunft über sein Endvermögen zum Stichtag (4. Oktober 2003) unter Einbeziehung aller wertbildenden Faktoren, insbesondere im Hinblick auf seine Firmenbeteiligungen, begehrt. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat durch Teil- urteil den Ehemann antragsgemäß verurteilt. Auf die hiergegen gerichtete Berufung des Ehemannes hat das Oberlandesgericht das Teilurteil des Amtsgerichts aufgehoben und die Auskunftsklage der Ehefrau abgewiesen. Hiergegen richtet sich die zugelassene Re- vision der Ehefrau.
Entscheidungsgründe
7. 7 Das Rechtsmittel ist nicht begründet. I.
8. 8 Nach Auffassung des Oberlandesgerichts steht der Klägerin kein Auskunftsanspruch zu, da die Parteien den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft wirksam abbe- dungen hätten und die vereinbarte Gütertrennung keine Auskunftspflicht kenne. Insbe- sondere halte der von den Parteien abgeschlossene Ehevertrag einer Inhaltskontrolle am Maßstab der §§ 138, 242 BGB stand, wie sie die höchstrichterliche Rechtsprechung be- fürworte, die überwiegend Zustimmung erfahren habe.
9. 9 Der Ehevertrag verstoße nicht gegen die guten Sitten (§ 138 Abs. 1 BGB). Er beschränke sich im Wesentlichen darauf, die Gütertrennung anzuordnen; im Übrigen spreche er nur Punkte von untergeordneter Bedeutung an. Gegenstände aus dem Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts seien nicht berührt; insbesondere würden weder Unterhaltsansprüche noch der Versorgungsausgleich ausgeschlossen oder eingeschränkt.
10. 10 Da der Ehemann - zunächst als Angestellter, später als Mitgesellschafter - seine Einkünfte aus den Gewinnen der G.H. GmbH & Co KG gezogen habe, sei dieses Unternehmen die Basis für das laufende und künftige Einkommen der Parteien gewesen. Der Ehemann habe deshalb ein legitimes Interesse daran gehabt, das Firmenvermögen zu stärken und gegen denkbare Ausgleichsansprüche aus dem privaten Bereich abzuschirmen.
11. 11 Auch die Umstände vor und während der Beurkundung ließen den Vertrag nicht als sit- tenwidrig erscheinen. So stehe nicht fest, dass sich die Ehefrau zur Beurkundung dieses Vertrages beim Notar eingefunden habe, ohne von dem beabsichtigten Vertragsinhalt Kenntnis gehabt zu haben. Aber selbst wenn die Ehefrau den Vertragsentwurf vor der Beurkundung weder gesehen noch mit dem Ehemann besprochen hätte, folge daraus keine Übervorteilung. Denn der Vertragstext sei übersichtlich, die entscheidende Aussa- ge zur Gütertrennung vorangestellt und klar abgefasst. Die Ehefrau sei deshalb - auch angesichts ihrer Vorbildung - mit dem Verständnis des Vertragsinhalts nicht überfordert gewesen.
12. 12 Die Behauptungen der Ehefrau, der Ehemann habe sie, die damals hochschwanger und in schlechter gesundheitlicher Verfassung (um den Jahreswechsel 1994/1995 schwere Grippe und Ischiasbeschwerden) gewesen sei, mit verharmlosenden Äußerungen (for- melle Kleinigkeit, nicht von Bedeutung) zur Fahrt ins Notariat veranlasst und planmä- ßig getäuscht, hat das Oberlandesgericht als nicht schlüssig erachtet. Eine planmäßige Täuschung scheitere bereits an dem Umstand, dass der Ehemann den Vertragsentwurf schon im November 1994 in Auftrag geben habe, mithin zu einem Zeitpunkt, zu dem ihm die spätere Grippeerkrankung der Ehefrau noch nicht habe bekannt gewesen sein kön- nen. Die angebliche Äußerung des Ehemannes, es handele sich bei dem Vertrag um eine bedeutungslose Formalität, widerspreche dem zum Allgemeingut zählenden Wissen, dass regelmäßig nur besonders wichtige Rechtsgeschäfte durch einen Notar beurkun- det würden; es sei auszuschließen, dass die damals 34 jährige Ehefrau und ehemalige Studentin über dieses Allgemeinwissen nicht verfügt habe. Auch die Anstrengungen der Fahrt vom damaligen Wohnsitz der Parteien (in B.) zum Sitz des Notars (in M.) ließen sich nur mit einer besonderen Bedeutung der Sache rechtfertigen und die Schilderung der Ehefrau unverständlich erscheinen. Schließlich spreche gegen eine geplante Täuschung auch der klare Aufbau der Vertragsurkunde; den äußerlich hervorgehobenen Begriff "Gütertrennung" habe die Ehefrau schon bei flüchtiger Lektüre des Vertrages erkennen können.
13. 13 Die von der Ehefrau angedeutete Befürchtung, dass der bereits festgesetzte Heirats- termin von einer entsprechenden Vereinbarung abhängig gemacht und sie im Falle des Scheiterns die Sorge für das Kind allein zu tragen haben werde, sei erst nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung geltend gemacht worden und rechtfertige es nicht, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen. Die Ehefrau habe nicht dargelegt, wor- auf sich ihre Befürchtung begründet haben solle. Auch sei ihre Andeutung mit ihrem ei- genen früheren Vortrag nicht zu vereinbaren. Denn der Ehemann könne nicht einerseits die Eheschließung von der Unterzeichnung des Ehevertrages abhängig gemacht, diesen Ehevertrag aber gleichzeitig als eine bloß "formelle Kleinigkeit" bezeichnet haben.
14. 14 Die Schwangerschaft der Ehefrau als solche führe nicht zur Nichtigkeit des Ehevertrages. Denn insoweit fehle es an der - auch vom Bundesverfassungsgericht geforderten - Voraussetzung einer Zwangslage. Der Ehemann habe die Ehefrau nicht vor die Alternative gestellt, entweder die Ehe mit einem für sie nachteiligen Ehevertrag zu schließen oder den geplanten Hochzeitstermin abzusagen. Im Übrigen sei der vorliegende Sachverhalt mit den vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fällen schon deshalb nicht ver- gleichbar, weil die Parteien mit der Gütertrennung eine vom Gesetz ausdrücklich ange- botene Gestaltung gewählt und Unterhaltsansprüche der Ehefrau unberührt gelassen hätten.
15. 15 Der Ehevertrag halte auch einer Ausübungskontrolle stand. Dabei komme es nicht dar- auf an, ob der Ehemann mit den der Ehefrau und den Kindern erbrachten (Bar- und Sach-)Leistungen seine Unterhaltspflicht bereits in vollem Umfang erfülle oder ob die Ehefrau, die für sich einen Unterhaltsanspruch von 7.500 € monatlich rechtshängig ge- macht habe, zu Recht für sich und die Kinder einen Mindestunterhalt von 13.300 € mo- natlich beanspruche. Jedenfalls stünden der Ehefrau überdurchschnittliche Mittel zur Ver- fügung. Auch habe der Ehemann angekündet, sich gegenüber dem konkret zu bemes- senden Unterhaltsbedarf nicht auf mangelnde Leistungsfähigkeit berufen zu wollen. Zu- dem sei auf Veranlassung des Ehemannes im Scheidungsverfahren der Versorgungsaus- gleich mit Genehmigung des Familiengerichts ausgeschlossen worden; dadurch sei die Ehefrau, die die höheren Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung erwor- ben habe, begünstigt worden. Mit Ausnahme des Zugewinns habe die Ehefrau folglich durch den Ehevertrag keine Einbußen erlitten. Der Ehevertrag halte deshalb insgesamt der Inhaltskontrolle stand, ohne dass es auf die Höhe des möglichen Zugewinns ankomme.
II.
16. 16 Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand.
17. 17 1. Wie der Senat wiederholt dargelegt hat (vgl. etwa Senatsurteile BGHZ 158, 81 = Fam- RZ 2004, 601 und vom 25. Mai 2005 - XII ZR 296/01 - FamRZ 2005, 1444), unterliegen die gesetzlichen Regelungen über nachehelichen Unterhalt, Zugewinn und Versorgungs- ausgleich grundsätzlich der vertraglichen Disposition der Ehegatten; einen unverzicht- baren Mindestgehalt an Scheidungsfolgen zugunsten des berechtigten Ehegatten kennt das geltende Recht nicht. Die grundsätzliche Disponibilität der Scheidungsfolgen darf indes nicht dazu führen, dass der Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen durch ver- tragliche Vereinbarungen beliebig unterlaufen werden kann. Das wäre der Fall, wenn dadurch eine evident einseitige und durch die individuelle Gestaltung der ehelichen Le- bensverhältnisse nicht gerechtfertigte Lastenverteilung entstünde, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten - bei angemessener Berücksichtigung der Belange des ande- ren Ehegatten und seines Vertrauens in die Geltung der getroffenen Abrede - bei ver- ständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar erscheint. Die Belastungen des einen Ehegatten werden dabei um so schwerer wiegen und die Belange des anderen Ehegatten um so genauerer Prüfung bedürfen, je unmittelbarer die vertragliche Abbedin- gung gesetzlicher Regelungen in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts eingreift. Zu diesem Kernbereich gehört in erster Linie der Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB). Im Übrigen wird man eine Rangabstufung vornehmen können, die sich vor allem danach be- misst, welche Bedeutung die einzelnen Scheidungsfolgenregelungen für den Berechtig- ten in seiner jeweiligen Lage haben (vgl. dazu näher Senatsurteile BGHZ 158, 81, 94 ff. = FamRZ 2004, 601, 604 ff. und vom 25. Mai 2005 - XII ZR 296/01 - FamRZ 2005, 1444, 1446 f.).
18. 18 Ob aufgrund einer vom gesetzlichen Scheidungsfolgenrecht abweichenden Vereinbarung eine evident einseitige Lastenverteilung entsteht, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten unzumutbar erscheint, hat der Tatrichter zu prüfen. Er hat dabei zunächst - im Rahmen einer Wirksamkeitskontrolle - zu prüfen, ob die Vereinbarung schon im Zeit- punkt ihres Zustandekommens offenkundig zu einer derart einseitigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall führt, dass ihr - und zwar losgelöst von der zukünftigen Entwick- lung der Ehegatten und ihrer Lebensverhältnisse - wegen Verstoßes gegen die guten Sit- ten die Anerkennung der Rechtsordnung ganz oder teilweise mit der Folge zu versagen ist, dass an ihre Stelle die gesetzlichen Regelungen treten (§ 138 Abs. 1 BGB). Erforder- lich ist dabei eine Gesamtwürdigung, die auf die individuellen Verhältnisse bei Vertrags- schluss abstellt, insbesondere also auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse, den geplanten oder bereits verwirklichten Zuschnitt der Ehe sowie auf die Auswirkungen auf die Ehegatten und auf die Kinder. Subjektiv sind die von den Ehegatten mit der Abre- de verfolgten Zwecke sowie die sonstigen Beweggründe zu berücksichtigen, die den be- günstigten Ehegatten zu seinem Verlangen nach der ehevertraglichen Gestaltung veran- lasst und den benachteiligten Ehegatten bewogen haben, diesem Verlangen zu entspre- chen (Senatsurteil BGHZ 158, 81, 100 f. = FamRZ 2004, 601, 606).
19. 19 Eine Schwangerschaft der Frau bei Abschluss des Ehevertrages vermag dabei, wie der Senat dargelegt hat, für sich allein noch keine Sittenwidrigkeit des Ehevertrages zu be- gründen. Sie indiziert aber eine ungleiche Verhandlungsposition und damit eine Dispari- tät bei Vertragsabschluß, die es rechtfertigt, den Vertrag einer verstärkten richterlichen Inhaltskontrolle zu unterziehen, wobei in einer Gesamtschau alle maßgeblichen Fakto- ren zu berücksichtigen sind (Senatsurteile vom 25. Mai 2005 - XII ZR 296/01 - FamRZ 2005, 1444, 1446, vom 5. Juli 2006 - XII ZR 25/04 - FamRZ 2006, 1359, 1361 und vom 28. März 2007 - XII ZR 130/04 - FamRZ 2007, 1310, 1311). Auch bei dieser Gesamtschau wird das Verdikt der Sittenwidrigkeit allerdings nur in Betracht kommen, wenn durch den Vertrag Regelungen aus dem Kernbereich des gesetzlichen Scheidungsfolgenrechts ganz oder jedenfalls zu erheblichen Teilen abbedungen werden, ohne dass dieser Nachteil für den anderen Ehegatten durch anderweitige Vorteile gemildert oder durch die besonde- ren Verhältnisse der Ehegatten, den von ihnen angestrebten oder gelebten Ehetyp oder durch sonstige gewichtige Belange des begünstigten Ehegatten gerechtfertigt wird (Se- natsurteil vom 28. März 2007 - XII ZR 130/04 - FamRZ 2007,1310, 1311).
20. 20 2. Im vorliegenden Fall haben die Parteien den Zugewinnausgleich danach wirksam aus- geschlossen.
21. 21 a) Der Zugewinnausgleich wird vom Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts nicht um- fasst; er erweist sich ehevertraglicher Gestaltung am weitesten zugänglich (Senatsur- teil BGHZ 158, 81, 95, 98 f. = FamRZ 2004, 601, 605, 608). Schon im Hinblick auf diese nachrangige Bedeutung des Zugewinnausgleichs im System des Scheidungsfolgenrechts wird ein Ausschluss dieses Güterstandes, worauf der Senat wiederholt hingewiesen hat (Senatsurteile vom 12. Januar 2005 - XII ZR 238/03 - FamRZ 2005, 691, 692 a.E., vom 25. Mai 2005 - XII ZR 296/01 - FamRZ 2005, 1444, 1448 und vom 28. März 2007 - XII ZR 130/04 - FamRZ 2007, 1310, 1311), regelmäßig nicht sittenwidrig sein.
22. 22 Die durch die Schwangerschaft der Klägerin indizierte ungleiche Verhandlungsposition der Parteien führt vorliegend zu keinem anderen Ergebnis. Die Parteien haben mit ihrem Ehevertrag nur die Zugewinngemeinschaft ausgeschlossen und damit von einer ihnen vom Gesetz ausdrücklich eröffneten Gestaltungsmöglichkeit Gebrauch gemacht. Hin- sichtlich aller anderen Scheidungsfolgen haben sie es bei der gesetzlichen Regelung be- lassen; der Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts ist damit von ihrer Abrede nicht be- rührt. Schon deshalb bewirkt der Ehevertrag hier keine evident einseitige Lastenvertei- lung, die für die Ehefrau hinzunehmen unzumutbar wäre. Dies gilt umso mehr, als nach dem eigenen Vortrag der Ehefrau der Abschluss dieses Vertrages in unmittelbarem zeitli- chem Zusammenhang mit der Beteiligung des Ehemannes als Mitgesellschafter an dem von seiner Familie gegründeten Unternehmen stand. Für den Ausschluss des gesetzlichen Güterstandes sprach, worauf das Oberlandesgericht mit Recht hinweist, deshalb hier das berechtigte Interesse des Beklagten an der Erhaltung der wirtschaftlichen Sub- stanz seiner Unternehmensbeteiligung. Das Anliegen, den Fortbestand dieser Beteili- gung als der Lebensgrundlage der Familie nicht durch etwaige Ausgleichszahlungen, die jedenfalls etwaige Wertzuwächse der Unternehmensbeteiligung während der Ehe erfas- sen würden, im Rahmen einer güterrechtlichen Auseinandersetzung zu gefährden, er- scheint legitim und nicht als Ausnutzung einer ungleichen Verhandlungsstärke (vgl. Se- natsurteil vom 28. März 2007 - XII ZR 130/04 - FamRZ 2007, 1310, 1311).
23. 23 Etwas anderes ergibt sich auch nicht, wenn schon bei Vertragsschluss absehbar war, dass der Ehemann in der Ehezeit weitgehend nicht gesetzlich rentenversicherungspflich- tig sein und deshalb keine höheren gesetzlichen Rentenanwartschaften als dann von ihm tatsächlich begründet (85,34 €) erwerben würde. Für die Ehefrau, die ihrerseits in der Ehe gesetzliche Rentenanwartschaften in Höhe von 164,71 € erworben hat, hätte sich das Fehlen eines zu ihren Gunsten durchzuführenden Versorgungsausgleichs dann als eine von vornherein vorhersehbare Lücke in ihrer Altersversorgung dargestellt. Die- se - später tatsächlich eingetretene - Lücke ist jedoch keine Folge der vereinbarten Gü- tertrennung, sondern des Umstandes, dass der Ehemann in der Ehezeit kein auszuglei- chendes Versorgungsvermögen aufgebaut hat. Soweit die Revision von einer Absicht des Ehemannes ausgeht, den Altersbedarf aus dem gemeinsam geschaffenen Privatvermö- gen zu bestreiten, findet eine solche Absicht im bisherigen Parteivortrag keine Grund- lage. Sie würde im Übrigen auch nichts an der Wirksamkeit der Vereinbarung über den Ausschluss des Zugewinnausgleichs ändern. Das Scheidungsfolgenrecht unterscheidet strikt zwischen dem Versorgungs- und dem Zugewinnausgleich. Dem ersten unterliegen Anrechte auf Versorgung wegen Alters oder Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit, dem zwei- ten unterfällt das sonstige Erwerbsvermögen. Verzichten Ehegatten von vornherein dar- auf, in der Ehe durch die Begründung von Versorgungsanrechten - sei es in der gesetz- lichen Rentenversicherung, sei es in einer Lebensversicherung oder bei einer sonstigen Einrichtung - für den Fall des Alters und der Invalidität vorzusorgen, so müssen sie sich auch im Scheidungsfall an dieser Entscheidung festhalten lassen; kein Ehegatte kann er- warten, der - entsprechend den Vorstellungen bei Vertragsschluss - unterlassene Erwerb von Versorgungsvermögen werde im Scheidungsfall über den - vertraglich ausgeschlos- senen - Zugewinnausgleich kompensiert. Auf die selbständige oder unselbständige Be- rufstätigkeit eines oder beider Ehegatten in der Ehe kommt es insoweit nicht an. Im Ge- genteil wird - wie bereits ausgeführt - gerade bei einer selbständigen Erwerbstätigkeit eines Ehegatten dessen berechtigtes Interesse anzuerkennen sein, das Vermögen sei- nes Erwerbsbetriebs durch den vertraglichen Ausschluss des Zugewinnausgleichs einem möglicherweise existenzbedrohenden Zugriff seines Ehegatten im Scheidungsfall zu ent- ziehen und damit nicht nur für sich, sondern auch für diesen Ehegatten und die gemein- samen unterhaltsberechtigten Kinder die Lebensgrundlage zu erhalten.
24. 24 b) Der vereinbarte Ausschluss des Zugewinnausgleichs ist, wie das Oberlandesgericht zutreffend dargelegt hat, auch nicht im Hinblick auf die sonstigen Umstände seines Zu- standekommens sittenwidrig.
25. 25 aa) Die Revision rügt, das Oberlandesgericht habe hinsichtlich der Frage, ob sich die Ehefrau bei Vertragsschluss in einer Zwangslage befunden habe, nicht berücksichtigt, dass die Ehefrau Mitte Dezember 1994 eine Fruchtwasseruntersuchung habe vornehmen lassen, die zur Abklärung befürchteter Missbildungen der Leibesfrucht habe dienen sol- len und deren Ergebnis bei Vertragschluss noch nicht vorgelegen habe.
26. 26 Mit dieser Rüge dringt die Revision nicht durch: Zum einen ist weder dargetan noch sonst ersichtlich, welche konkreten Umstände eine solche Besorgnis begründet haben sollen. Zum andern ist die Klägerin für eine etwaige besondere, mit der Unsicherheit des Untersuchungsergebnisses verbundene Zwangslage darlegungs- und beweispflichtig. Da der Ehemann bestritten hat, dass das Ergebnis dieser Untersuchung bei Vertragsschluss noch nicht vorgelegen habe, hätte die Beklagte zumindest den genauen Zeitpunkt dar- tun und gegebenenfalls beweisen müssen, zu dem sie von dem Untersuchungsergebnis Kenntnis erlangt haben will. Das hat sie nicht getan.
27. 27 bb) Außerdem rügt die Revision, das Oberlandesgericht habe die Behauptung der Ehe- frau, der Ehemann und dessen Mutter hätten den Entwurf des Ehevertrages mit ihr nicht erörtert, zu Unrecht mangels eines Beweisangebots der Ehefrau unberücksichtigt gelas- sen. Hätte das Oberlandesgericht diesen Vortrag berücksichtigt, hätte es nicht davon ausgehen können, dass die Ehefrau mit entsprechenden Vorkenntnissen versehen gewe- sen sei und der Notar deshalb darauf habe verzichten dürfen, der Ehefrau den Vertrags- text zu erläutern und ihr in der notariellen Verhandlung ein Vertragsexemplar zum Mitlesen zu überlassen.
28. 28 Auch dieser Angriff führt die Revision nicht zum Erfolg. Das Oberlandesgericht geht näm- lich davon aus, dass eine Übervorteilung der Ehefrau auch dann nicht dargelegt sei, wenn sie - wie von ihr behauptet - den Vertragstext vor der notariellen Verhandlung we- der gesehen noch mit dem Ehemann oder dessen Mutter besprochen haben sollte. Der Vertragstext umfasse nur drei Seiten; davon entfielen auf die eigentlichen Absprachen nur knapp zwei Seiten. Die entscheidende Aussage zur Gütertrennung sei im Vertrags- text klar vorangestellt und optisch hervorgehoben, so dass die Ehefrau sie vor der Unter- zeichnung sofort habe wahrnehmen können und - auch unter Berücksichtigung ihrer Vor- bildung - nicht überfordert worden sei. Diese tatrichterliche Würdigung erscheint plausi- bel und lässt jedenfalls revisionsrechtlich bedeutsame Rechtsfehler nicht erkennen.
29. 29 cc) Schließlich beanstandet die Revision, das Oberlandesgericht habe seiner Würdigung den Erfahrungssatz zugrunde gelegt, Lehramtsstudentinnen wüssten, was sich hinter dem Begriff "Gütertrennung" in einem Ehevertrag verberge. Da ein solcher Erfahrungs- satz nicht existiere, sei die Folgerung des Oberlandesgerichts, die Ehefrau habe wegen der Hervorhebung des Begriffs "Gütertrennung" Inhalt und Bedeutung des Ehevertrages bereits bei flüchtiger Durchsicht der Vertragsurkunde im Büro des Notars erkennen können, fehlerhaft.
30. 30 Auch diese Beanstandung greift nicht durch: Das Oberlandesgericht geht nicht von ei- nem allgemeinen Erfahrungssatz über die güterrechtlichen Vorkenntnisse ehemaliger Lehramtsstudentinnen aus. Es unterstellt vielmehr mit Recht ein Allgemeinwissen dar- über, dass nur besonders wichtige Verträge der notariellen Beurkundung bedürften; es sei auszuschließen, dass die damals 34 jährige Ehefrau und ehemalige Lehramtsstuden- tin nicht über diese Erkenntnis verfügt haben solle. Aus diesem Umstand und der im Ver- tragsentwurf - auch optisch - deutlich hervorgehobenen Beschreibung des Vertragsge- genstandes folgert das Oberlandesgericht, dass die Ehefrau sich über die besondere Be- deutung des zu schließenden Vertrages im Klaren gewesen sei, dass sie hierzu gegebe- nenfalls hätte Fragen stellen können und müssen und dass sie jedenfalls beim Abschluss des Vertrages nicht übervorteilt worden sei. Diese Folgerung ist revisionsrechtlich eben- falls nicht zu beanstanden und auch deshalb nahe liegend, weil im folgenden Vertrags- text Funktionsweise und Auswirkungen der Gütertrennung genau erläutert werden.
31. 31 3. Die Berufung des Ehemannes auf den Ehevertrag ist auch nicht rechtsmissbräuchlich.
32. 32 a) Soweit ein Ehevertrag der Inhaltskontrolle Stand hält und auch nicht aus sonstigen Gründen sittenwidrig ist, muss der Richter - im Rahmen einer Ausübungskontrolle - prü- fen, ob und inwieweit ein Ehegatte die ihm durch den Vertrag eingeräumte Rechtsmacht missbraucht, wenn er sich im Scheidungsfall gegenüber einer vom anderen Ehegatten begehrten gesetzlichen Scheidungsfolge darauf beruft, dass diese Rechtsfolge durch den Vertrag wirksam abbedungen sei (§ 242 BGB). Dafür sind nicht nur die Verhältnis- se im Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgebend. Entscheidend ist vielmehr, ob sich nunmehr - im Zeitpunkt des Scheiterns der Lebensgemeinschaft - aus dem vereinbarten Ausschluss der Scheidungsfolge eine evident einseitige Lastenverteilung ergibt, die hin- zunehmen für den belasteten Ehegatten auch bei angemessener Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten und seines Vertrauens in die Geltung der getroffenen Abrede sowie bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar erscheint (Senatsurteil BGHZ 158, 81, 100 f. = FamRZ 2004, 601, 606).
33. 33 Der Zugewinnausgleich wird, wie dargelegt, vom Kernbereich des Scheidungsfolgen- rechts nicht umfasst; er zeigt sich vertraglicher Gestaltung in weitem Umfang offen. Die Berufung auf eine wirksam vereinbarte Gütertrennung wird sich deshalb nur unter engs- ten Voraussetzungen als rechtsmissbräuchlich erweisen - so etwa dann, wenn die Ehe- gatten bei ihrer Abrede von beiderseitiger, ökonomisch vergleichbar gewinnbringender Berufstätigkeit ausgegangen sind, diese Planung sich aber später aufgrund von Umstän- den, die dem gemeinsamen Risikobereich der Ehegatten zugehören, nicht verwirklichen lässt. In solchen und ähnlichen Ausnahmefällen mögen besondere Verhältnisse es unge- achtet der getroffenen Abreden als unbillig erscheinen lassen, dass der nicht erwerbstä- tige Ehegatte im Nachhinein um die Früchte seiner Mitarbeit in der Ehe gebracht würde (Senatsurteil BGHZ 158, 81, 107 f. = FamRZ 2004, 601, 608).
34. 34 So liegen die Dinge hier indes nicht. Insbesondere hindert der Umstand, dass die Ehe- frau sich in der Ehe der Haushaltsführung und Kindererziehung gewidmet hat, für sich genommen den Ehemann nach Treu und Glauben nicht, sich auf eine von den Parteien wirksam vereinbarte Gütertrennung zu berufen. Wie der Senat dargelegt hat, mag es zwar einem Ehegatten, der zugunsten der Familie zumindest vorläufig auf eine eigene Erwerbstätigkeit verzichtet hat, nach längerer Ehedauer im Einzelfall nicht mehr zuzu- muten sein, sich nunmehr - nach der Scheidung - mit einem Lebensstandard zu begnü- gen, der seinen eigenen, durch fehlende zwischenzeitliche Berufstätigkeit möglicherwei- se verminderten Erwerbschancen entspricht (Senatsurteil BGHZ 158, 81, 108 = FamRZ 2004, 601, 608). Ob diese Voraussetzungen hier vorliegen, kann indes dahinstehen. Ab- hilfe ist, wie der Senat entschieden hat, in solchen Fällen jedenfalls nicht mit einer die ehevertraglichen Abreden unterlaufenden Vermögensteilhabe zu bewirken; vielmehr
ist ein die eigenen Einkünfte übersteigender Bedarf des in der Ehe nicht erwerbstätigen Ehegatten - systemgerecht - vorrangig mit den Instrumenten des Unterhaltsrechts zu befriedigen (Senatsurteil BGHZ 158, 81, 108 = FamRZ 2004, 601, 608; zur Befristung des Unterhalts vgl. Senatsurteil vom 28. März 2007 - XII ZR 130/04 - FamRZ 2007, 1310, 1312). Das Oberlandesgericht hat deshalb in diesem Zusammenhang zu Recht darauf verwiesen, dass der Ehemann - unbeschadet der von der Ehefrau geltend gemachten weitaus höheren Unterhaltsforderungen - bereits jetzt überdurchschnittliche Unterhalts- leistungen erbringt und zudem angekündigt hat, er werde sich gegenüber dem konkret bemessenen (von den ehelichen Lebensverhältnissen geprägten) Unterhaltsbedarf der Ehefrau nicht auf mangelnde Leistungsfähigkeit berufen. Eine zusätzliche, der getroffe- nen Güterstandsabrede widersprechende Teilhabe der Ehefrau am Vermögenszuwachs des Ehemannes erzwingt § 242 BGB schon deshalb nicht; sie lässt sich auch nicht mit dem besonders hohen Einkommen des Ehemannes begründen (vgl. Senatsurteil BGHZ 158, 81, 108 = FamRZ 2004, 601, 608).
35. 35 Andere für die Ausübungskontrolle erhebliche Umstände, die den von der Ehefrau be- gehrten Zugewinnausgleich rechtfertigen und den zu diesem Zweck geltend gemach- ten Auskunftsanspruch begründen könnten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist nicht festgestellt, dass die Ehegatten bei Vertragsschluss in Aussicht genommen hatten, Ver- sorgungsvermögen anzusammeln, diese Absicht aber später planwidrig nicht verwirk- licht haben.
36 b) Indes finden auf Eheverträge, soweit die tatsächliche Gestaltung der ehelichen Le- bensverhältnisse von der ursprünglichen Lebensplanung, die die Parteien dem Ver-
trag zugrunde gelegt haben, abweicht, auch die Grundsätze über den Wegfall der Ge- schäftsgrundlage (jetzt § 313 BGB) Anwendung. Dabei kann allerdings ein Wegfall der Geschäftsgrundlage nicht schon deshalb angenommen werden, weil ein Vertragspartner später ein erheblich höheres Einkommen als im Zeitpunkt des Ehevertragsschlusses er- zielt. Dies gilt um so weniger, als Eheverträge, die gesetzliche Scheidungsfolgen abbe- dingen, üblicherweise gerade im Hinblick auf solche bestehenden oder sich künftig erge- benden Umstände in den wirtschaftlichen Verhältnissen geschlossen werden. Ein Weg- fall der Geschäftgrundlage käme daher allenfalls in Betracht, wenn die Parteien bei Abschluss des Vertrages ausnahmsweise eine bestimmte Relation ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse als auch künftig gewiss angesehen und ihre Vereinbarung dar- auf abgestellt haben (vgl. Senatsurteil vom 25. Mai 2005 - XII ZR 296/01 - FamRZ 2005, 1444, 1448). Dass die Parteien ihrem Vertragsschluss solche Erwägungen zugrunde ge- legt haben, ist jedoch weder festgestellt noch sonst ersichtlich.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Fuchs