OLG Koblenz, FamRZ 2011, 1870

Fußnote 63.
FN 63:  OLG Koblenz, FamRZ 2011, 1870

Gericht:

OLG Koblenz

Entscheidungsdatum:

11.04.2011

Aktenzeichen:

13 UF 205/11

Dokumenttyp:

Beschl.


Quelle:

 

 

Verlag Ernst und Werner Gieseking, Bielefeld

Fundstelle:

FamRZ 2011, 1870

Normen:

§ 19 VersAusglG, § 1 VersAusglG

Zitiervorschlag:

FamRZ 2011, 1870



Titelzeile

§ 19 VersAusglG: Ausgleichssperre bei in- und ausländ. Anrechten

 VersAusglG §§ 19 I, 19 II Nr. 4, 19 III, 1 II

Leitsatz

Zu den Voraussetzungen einer Ausgleichssperre wegen fehlender Ausgleichsreife, wenn ein Ehegatte neben inländischen Anrechten außerdem Anrechte in der Schweiz in der Ehezeit erworben hat und auch der andere Ehegatte nach § 1 II VersAusglG auszugleichende Anrechte besitzt.

(Leitsatz der Redaktion)

Aus den Gründen:

. . .

Für die Anrechte, die für den Antragsgegner bei einem schweizerischen Versorgungsträger bestehen, gilt, dass sie nicht ausgleichsreif sind (§ 19 Abs. 1 Nr. 4 VersAusglG), also zu Recht vom Amtsgericht nicht in den Ausgleich einbezogen wurden. Sie unterliegen jedoch dem Ausgleich nach der Scheidung gemäß §§ 20 ff. VersAusglG.

Die Antragstellerin meint nun, im Hinblick auf die ausländischen Anrechte des Antragsgegners – er hat ab Januar 2008 in der Schweiz gearbeitet – sei die Durchführung des Versorgungsausgleichs nach § 19 Abs. 3 VersAusglG unbillig. Dies trifft (teilweise) zu.

Generell bewirkt das Bestehen ausländischer Anrechte keine Ausgleichssperre; es ist nur nach § 19 Abs. 3 VersAusglG zu prüfen, ob es der Billigkeit entspricht, dass der Ehegatte mit den inländischen Anrechten der Hälfte dieser Anrechte verlustig geht und gleichzeitig auf den deutlich schwächeren schuldrechtlichen Versorgungsausgleich verwiesen wird (vgl. Borth, Versorgungsausgleich, 5. Aufl., Rz. 599). Eine Unbilligkeit wird allerdings immer dann gegeben sein, wenn sich die Höhe des ausländischen Anrechts nicht feststellen lässt, wie das hier der Fall ist (Borth, a. a. O.), denn ob ein – grundsätzlich möglicher – teilweiser Ausschluss in Betracht kommt (vgl. das Beispiel bei Borth, Rz. 601), lässt sich bei dieser Konstellation nicht ermitteln.

Folglich liegen hier die Voraussetzungen für eine Ausgleichssperre gemäß § 19 Abs. 3 VersAusglG vor, das jedoch nur, soweit nicht auch der Antragsgegner inländische Anrechte hat. Das heißt, es käme unter Billigkeitsgesichtspunkten ein vollständiger Ausgleich der inländischen Anrechte des Antragsgegners in der gesetzlichen Rentenversicherung in Betracht und ein Ausgleich in entsprechender Höhe der Anrechte der Antragstellerin. Eine solche Verfahrensweise widerspräche aber dem Grundgedanken des § 18 Abs. 1 VersAusglG, wonach Anrechte gleicher Art nicht ausgeglichen werden sollen, wenn die Differenz ihrer Ausgleichswerte gering ist. Überdies wäre der Ausgleich für die beteiligten Eheleute insgesamt unwirtschaftlich. Deshalb ist es geboten, insgesamt vom Ausgleich abzusehen, wobei der Ausgleich in Höhe von jeweils 1,4855 Entgeltpunkten nach § 18 Abs. 1 VersAusglG (endgültig) unterbleibt.

Im Übrigen, soweit eine teilweise Ausgleichssperre nach § 19 Abs. 3 VersAusglG vorliegt, heißt das nicht, dass der Ausgleich dieser Anrechte der Antragstellerin generell ausgeschlossen wäre, vielmehr findet nach § 19 Abs. 4 VersAusglG insoweit der „Ausgleich nach der Scheidung” (§§ 20 ff. VersAusglG) statt. Dies ist in den Tenor der Entscheidung aufzunehmen (vgl. Borth, Rz. 600). Bezüglich der ausländischen Anrechte des Antragsgegners genügt eine entsprechende Dokumentation in den Gründen (vgl. § 224 Abs. 4 FamFG, Borth, Rz. 598).

(Mitgeteilt von Richter am AmtsG a. D. D. Miesen, Bonn)

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