FN 32: BGHZ 158, 81, 108 = FamRZ 2004, 601, 608Gericht: | BGH |
Entscheidungsdatum: | 11.02.2004 |
Aktenzeichen: | XII ZR 265/02 |
Dokumenttyp: | Urteil |
Quelle: | |
| Verlag Ernst und Werner Gieseking, Bielefeld |
Fundstelle: | FamRZ 2004, 601-612 |
Normen: | § 138 BGB, § 242 BGB, § 1408 BGB, § 1410 BGB, § 1585c BGB |
Zitiervorschlag: | FamRZ 2004, 601-612 |
BGB § 138 ; BGB § 242 ; BGB § 1408 ; BGB § 1410 ; BGB § 1585c
BGH - BGB § 138, § 242, § 1408, § 1410, § 1585c (XII. ZS, Urteil v. 11.2.2004 - XII ZR 265/02 [OLG München] [*])
Zur Inhaltskontrolle von Eheverträgen. (m. Anm. Borth, nachstehend S. 609)
Die rechtskräftig geschiedenen Parteien streiten über nachehel. Unterhalt und Ausgleich des Zugewinns.
Der 1948 geb. ASt. und die 1955 geb. AGg. haben am 22. 11. 1985 miteinander die Ehe geschlossen, aus der die 1986 und 1989 geb. Kinder M. und V. hervorgegangen sind.
Der ASt. ist seit 1985 als Unternehmensberater tätig. Die AGg., die in den Fächern alte Geschichte, Kunstgeschichte und Germanistik das Magisterexamen bestanden hat, leitete 1984 und 1985 archäologische Ausgrabungen, gab diese Tätigkeit aber wegen ihrer Schwangerschaft auf. Ihre Absicht, den Doktorgrad zu erwerben, verfolgte sie auf Wunsch ihres Mannes nicht weiter; sie widmete sich dem Haushalt und der Erziehung der Kinder.
Am 17. 2. 1988 schlossen die Parteien einen notariellen Ehevertrag. Darin verzichteten sie „für den Fall der Scheidung . . . gegenseitig auf jegliche . . . nachehel. Unterhaltsansprüche, mit Ausnahme des Unterhaltsanspruchs der Ehefrau wegen Kindesbetreuung". Außerdem vereinbarten sie für die Zukunft Gütertrennung. Sie erklärten, dass ein Zugewinn bisher nicht entstanden sei; vorsorglich verzichteten sie wechselseitig auf etwaige bisher entstandene Zugewinnausgleichsansprüche. Den Versorgungsausgleich [VersAusgl] schlossen sie aus. Den Verzicht der AGg. stellten sie dabei unter die Bedingung, dass der ASt. spätestens ab Juni 1988 für die AGg. eine private Kapitallebensversicherung mit einer Versicherungssumme i. H. von 80.000 DM auf den Zeitpunkt der Vollendung ihres sechzigsten Lebensjahres mit Rentenwahlrecht abschließen und die Beiträge hierauf während des Bestehens der Ehe laufend zahlen sollte. Im Falle der Scheidung sollte er ihr den dreifachen Jahresbeitrag zu dieser Versicherung in einer Summe als Abfindung bezahlen. Weitere Zahlungen sollte er dann nicht mehr schulden.
Am 27. 4. 1988 wurde für die AGg. eine Kapitallebensversicherung über 80.000 DM abgeschlossen, auf die der ASt. in der Folge Zahlungen leistete. Am 13. 11. 2001, in der Scheidungsverhandlung vor dem Amtsgericht, verpflichtete er sich in Abweichung vom ursprünglichen Vertrag, die Raten fortlaufend bis zum Ablauf der Versicherung am 1. 5. 2015 zu zahlen.
Der ASt. erzielte nach den Feststellungen des OLG „in den letzten Jahren" ein monatliches Einkommen von durchschnittlich 27.000 DM netto aus abhängiger und selbständiger Arbeit. Die AGg. betreibt seit 1994 an ihrem Wohnort einen „alternativen" Spielwarenladen, zuletzt zusammen mit einer Postagentur. Ihr monatliches Einkommen aus dieser Tätigkeit beläuft sich - nach ihren Angaben - auf 1.084 DM vor Steuern. Die Parteien bewohnten ein Haus mit einer Wohnfläche von 200 m2 auf einem Grundstück von ca. 1.200 bis 1.300 m2, das die Parteien vom Bruder des ASt. für eine monatliche Gesamtmiete von 2.548 DM gemietet hatten. Die AGg. erhielt vom ASt. ein monatliches Wirtschaftsgeld von 2.692 DM sowie einen Ausgleich für ihre Mitarbeit in seinem häuslichen Büro von monatlich 500 DM. Im Übrigen war der Zuschnitt der ehel. Lebensverhältnisse, was Kleidung, Einrichtung und sonstige Ausstattung anbelangt, nach den Feststellungen des OLG bescheiden.
Die Parteien leben seit Februar 1999 dauernd getrennt. Die Kinder haben nach dem übereinstimmenden Willen der Parteien ihren gewöhnlichen Aufenthalt bei der AGg.; der ASt. zahlt für sie Unterhalt nach der höchsten Stufe der Düsseldorfer Tabelle.
Das AmtsG hat mit Verbundurteil die Ehe der Parteien geschieden und festgestellt, dass ein VersAusgl nicht stattfindet. Außerdem hat es den ASt. verurteilt, an die AGg. 3.671 DM Elementarunterhalt und 1.081 DM Altersvorsorgeunterhalt zu zahlen; die auf weitergehenden Unterhalt sowie die im Rahmen einer Stufenklage auf Auskunft und Zahlung eines Zugewinnausgleichs gerichteten Anträge der AGg. hat es abgewiesen. Hinsichtlich des Ausspruchs über die Scheidung und über den VersAusgl ist das Urteil des AmtsG seit dem 13. 4. 2002 rechtskräftig.
Auf die Berufung der AGg. hat das OLG den ASt. verurteilt, an die AGg. monatlich im Voraus Elementarunterhalt i. H. von 2.897 € sowie Vorsorgeunterhalt i. H. von 952 € zu zahlen; im Übrigen hat es ihre Berufung hinsichtlich des Unterhaltsbegehrens zurückgewiesen. Ebenso hat es die Anschlussberufung des ASt., mit der er sich gegen die 2.500 DM (= 1.278,23 €) monatlich übersteigende Verurteilung zur Unterhaltszahlung wehrte, zurückgewiesen. Hinsichtlich des Zugewinnausgleichs hat es ihn verurteilt, über sein Endvermögen Auskunft zu erteilen, und die Sache im Übrigen an das AmtsG zurückverwiesen. Mit der zugelassenen Revision wendet sich der ASt. gegen das Berufungsurteil, soweit es ihn beschwert.
Entscheidungsgründe:
Das Rechtsmittel führt zur teilweisen Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das OLG.
I. Nach Auffassung des OLG, dessen Entscheidung in FamRZ 2003, 35 (m. Anm. Bergschneider, S. 39) veröffentlicht ist, steht der AGg. neben dem Betreuungsunterhalt ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt sowie auf Auskunftserteilung zum Zwecke des Zugewinnausgleichs zu. Der notarielle Vertrag der Parteien v. 17. 2. 1988 schließe diese Ansprüche nicht aus, da er - gemessen an den vom BVerfG in seinen Entscheidungen v. 6. 2. 2001 (FamRZ 2001, 343, m. Anm. Schwab, S. 349) und v. 29. 3. 2001 (FamRZ 2001, 985) genannten Maßstäben - für unwirksam zu erachten sei.
Nach diesem Vertrag hätten die Parteien zwar gegenseitig auf jegliche nachehel. Unterhaltsansprüche mit Ausnahme des Unterhaltsanspruchs der Ehefrau wegen Kindesbetreuung verzichtet. Damit habe der ASt. jedoch praktisch kein Recht aufgegeben, da man nicht davon habe ausgehen können, dass er bei einem Vermögen von über einer Million DM und hohen monatlichen Einkünften im Falle der Scheidung unterhaltsbedürftig würde. Die AGg., die demgegenüber über kein Vermögen und - abgesehen von den aus der Bürotätigkeit für den ASt. erzielten 500 DM - über kein Einkommen verfügt habe, sei wirtschaftlich völlig vom ASt. abhängig gewesen. Gemäß seinem Wunsch habe sie sich der Haushaltsführung gewidmet. Wegen der Betreuung der damals noch nicht ganz zweijährigen Tochter M. und der 1989 geb. Tochter V. habe sie praktisch auf Jahre hinaus keine Aussicht gehabt, durch eine Erwerbstätigkeit ihren Unterhalt sicherzustellen. Insgesamt sei die AGg. somit durch den weitgehenden Unterhaltsverzicht unangemessen benachteiligt worden, weil ihr - gegenüber dem finanziellen Beitrag des ASt. zu den ehelichen Lebensverhältnissen gleichwertiger - Beitrag in Form von Haushaltsführung und Kindesbetreuung für den Fall der Scheidung unberücksichtigt geblieben sei. Ihr sei nicht nur ohne sachlichen Grund die Teilhabe an den ehel. Lebensverhältnissen genommen worden, die durch den - bei dem monatlichen Nettoeinkommen des ASt. von 27.000 DM besonders werthaltigen - Aufstockungsunterhalt gewährleistet werden soll. Ihr sei vielmehr auch das alleinige Risiko aufgebürdet worden, im Alter, bei Krankheit oder bei Arbeitslosigkeit ohne hinreichende Einkünfte auszukommen.
Der Ausschluss jeder Unterhaltsberechtigung für diese Fälle sei auch mit dem Wohl der gemeinsamen Kinder nicht vereinbar. Auch wenn der ASt. an die Kinder Unterhalt nach der höchsten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle leiste, bestehe doch die Gefahr, dass die AGg. im Falle ihrer Invalidität unter Verhältnissen leben müsse, welche die Entwicklungsmöglichkeit der Kinder weit mehr einschränkten, als
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es den gemeinsamen wirtschaftlichen Verhältnissen entspreche. Die ungenügende Absicherung der AGg. für den Fall der Invalidität beruhe insbesondere darauf, dass sie mit ihrem Verzicht auf den VersAusgl nicht nur mögliche Anwartschaften auf eine Altersrente, sondern auch auf eine Invaliditätsversorgung verloren habe. Dieser Nachteil werde durch die vereinbarte Kapitallebensversicherung bei weitem nicht ausgeglichen, zumal bei Durchführung des VersAusgl auf die AGg. Rentenanwartschaften i. H. von 590,94 DM übertragen worden wären. Zur Begründung solcher Rentenanwartschaften im Wege des Einmalbeitrags wäre, bezogen auf den 31. 3. 2000, ein Betrag von 128.748,74 DM erforderlich gewesen, mithin weit mehr als die für die AGg. vereinbarte Versicherungssumme von 80.000 DM. Auch hierin liege eine unangemessene Benachteiligung der AGg., welche den vereinbarten Ausschluss des VersAusgl als unwirksam erscheinen lasse, auch wenn die Entscheidung des AmtsG, keinen VersAusgl durchzuführen, nicht angefochten sei.
Auch der vereinbarte Ausschluss des Zugewinnausgleichs sei unwirksam, weil der ASt. seine dominierende Situation als Inhaber eines Vermögens und Bezieher eines weit überdurchschnittlichen Einkommens gegenüber der vermögens- und praktisch einkommenslosen AGg. zu deren Nachteil ausgenutzt habe. Der ASt. habe sich nicht auf die Sicherung seines ererbten Vermögens beschränkt, was angeblich sein Motiv für den Abschluss des Ehevertrags gewesen sei. Er habe vielmehr die AGg., auf deren Seite kein Zugewinn zu erwarten gewesen sei, von der Teilhabe an dem gemeinsam Erwirtschafteten ausgeschlossen. Dadurch sei die AGg. insbesondere in ihrer Altersversorgung betroffen worden, da hierfür bei gut verdienenden Personen wie dem ASt. erfahrungsgemäß auch mit Hilfe des Vermögens Vorsorge getroffen werde.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
II. Das Gesetz gibt Ehegatten die Möglichkeit, durch während oder vorsorglich schon vor der Ehe getroffene Vereinbarungen für den Fall einer späteren Scheidung den nachehel. Unterhalt oder sonstige versorgungs- und güterrechtliche Angelegenheiten verbindlich zu regeln
(§§ 1408 I und II, 1585c BGB). 1. Nach der
bisherigen Rechtsprechung des Senats bestand für derartige Vereinbarungen grundsätzlich
volle Vertragsfreiheit. Eine besondere Inhaltskontrolle, ob die Regelung angemessen sei, fand - abgesehen von Vereinbarungen nach § 1587o BGB - nicht statt
(Senatsbeschluss v. 2. 10. 1996 - XII ZB 1/94 -, FamRZ 1997, 156, 157; vgl. auch Senatsurteil v. 28. 11. 1990 - XII ZR 16/90 -, FamRZ 1991, 306).
Der Verzicht auf nachehel. Unterhalt berühre nicht einen Kernbereich der Ehe (Senatsurteil v. 24. 4. 1985 - IVb ZR 22/84 -, FamRZ 1985, 788). Auch werde das Wesen der Ehe nicht dadurch mitbestimmt, dass eine „wirtschaftliche Lebensgemeinschaft" entstehe oder dass die Ehegatten bei Auflösung der Ehe an den während ihres Bestehens eingetretenen vermögensrechtlichen Veränderungen beteiligt würden (Senatsurteil v. 24. 4. 1985, a. a. O., S. 789).
Schranken der Gültigkeit einer solchen Vereinbarung ergäben sich allein aus den
§§ 134 , 138 BGB . Ob eine Vereinbarung im Einzelfall gegen die guten Sitten verstoße, hänge von ihrem aus Inhalt, Beweggründen und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter ab, wobei sich aus dem zeitlichen Abstand zu einer nicht beabsichtigten, sondern nur für denkbar gehaltenen Scheidung zusätzliche Gesichtspunkte ergeben könnten (Senatsurteile v. 24. 4. 1985, a. a. O., und v. 28. 11. 1990, a. a. O., S. 307). Es reiche für sich allein nicht aus, dass die Vereinbarung in dem Bestreben abgeschlossen worden sei, sich von sämtlichen nachteiligen Folgen einer Scheidung freizuzeichnen (Senatsurteil v. 28. 11. 1990, a. a. O.). Auch genüge nicht, dass sich die Regelung ausschließlich oder überwiegend zulasten eines der beiden Ehegatten auswirken könne (Senatsbeschluss v. 2. 10. 1996, a. a. O., S. 157). Schließlich könne die Sittenwidrigkeit der Abrede auch nicht allein aus dem Umstand hergeleitet werden, dass die vertragschließende Frau von dem Mann schwanger gewesen und dieser die Eheschließung mit ihr von dem Abschluss dieses Vertrags abhängig gemacht habe. Da der Mann, ungeachtet der Schwangerschaft der Frau, von einer Eheschließung hätte absehen und sich auf die rechtlichen Verpflichtungen eines mit der Mutter nicht verheirateten Vaters zurückziehen können, könne von einer zu missbilligenden Ausnutzung einer Zwangslage der Frau nicht ausgegangen werden
(Senatsbeschlüsse v. 18. 9. 1996 - XII ZB 206/94 -, FamRZ 1996, 1536, 1537, und v. 2. 10. 1996, a. a. O., S. 157 f.).
Allerdings könne ein Unterhaltsverzicht dann den guten Sitten zuwiderlaufen und damit nichtig sein, wenn die Parteien ihre auf der Ehe beruhenden Familienlasten objektiv zum Nachteil der Sozialhilfe geregelt hätten
(Senatsurteile, BGHZ 86, 82, 88 = FamRZ 1983, 137 [m. Anm. Bosch, S. 140], v. 24. 4. 1985, a. a. O., S. 790, und v. 9. 7. 1992 - XII ZR 57/91 -, FamRZ 1992, 1403).
Dazu bedürfe es nicht unbedingt eines Bewusstseins der Parteien, durch ihre Vereinbarung den Träger der Sozialhilfe zu schädigen; vielmehr könne es bereits genügen, dass sie sich einer solchen Erkenntnis grob fahrlässig verschlossen hätten (Senatsurteil v. 24. 4. 1985, a. a. O.).
Auch sei dem auf Unterhalt in Anspruch genommenen geschiedenen Ehegatten die Berufung auf einen Unterhaltsverzicht des anderen Ehegatten u. U. nach
Treu und Glauben (§ 242 BGB ) verwehrt; dies könne namentlich dann der Fall sein, wenn die zur Zeit des Unterhaltsverzichts bestehenden Verhältnisse sich nachträglich so entwickelt hätten, dass überwiegende schutzwürdige Interessen gemeinschaftlicher Kinder der Geltendmachung des Verzichts entgegenstünden
(Senatsurteile v. 24. 4. 1985 - IVb ZR 17/84 -, FamRZ 1985, 787 f., und v. 15. 10. 1986 - IVb ZR 79/85 -, FamRZ 1987, 46, 47),
mögen die Parteien die dann später tatsächlich eingetretene Entwicklung - nämlich die Scheidung bei fortbestehender Betreuungsbedürftigkeit der Kinder - auch bereits beim Abschluss des Unterhaltsverzichts bedacht haben (Senatsurteil v. 9. 7. 1992, a. a. O., S. 1404). Die Dauer und Höhe der Unterhaltspflicht sei allerdings in einem solchen Fall insoweit beschränkt, als nicht das Kindeswohl ein Weiterbestehen des Unterhaltsanspruchs gebiete
(Senatsurteile v. 28. 11. 1990, a. a. O., S. 307, v. 30. 11. 1994 - XII ZR 226/93 -, FamRZ 1995, 291, 292, und v. 16. 4. 1997 - XII ZR 293/95 -, FamRZ 1997, 873, 874).
Der Höhe nach stehe dem betreuenden Ehegatten der Unterhaltsanspruch nur insoweit zu, als er, um seinen Betreuungspflichten nachzukommen, darauf zur Deckung seines notwendigen eigenen Lebensbedarfs angewiesen sei; nur wenn besondere Gründe des Kindeswohls dies geböten, sei dem betreuenden Ehegatten mehr als der notwendige Unterhalt zuzubilligen
(Senatsurteile v. 9. 7. 1992, a. a. O., S. 1405, v. 30. 11. 1994, a. a. O., S. 291 f., und v. 16. 4. 1997, a. a. O., S. 874 f.).
2. Die Entscheidungen des BVerfG v. 6. 2. 2001 (a. a. O.) und v. 29. 3. 2001 (a. a. O.) geben
Anlass, die dargestellte Rechtsprechung zu überprüfen. a) Mit seinem Senatsbeschluss v. 6. 2. 2001 (a. a. O.) hat das BVerfG an seine Rechtsprechung zur Inhaltskontrolle von Bürgschaftsverträgen (FamRZ 1994, 151 = NJW 1994, 36) und zum entschädigungslosen Wettbewerbsverbot von Handelsvertretern (NJW 1990, 1469) angeknüpft und die dort entwickelten
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Grundsätze auf Eheverträge und Unterhaltsvereinbarungen übertragen: Danach setze die durch Art. 2 I GG gewährleistete Privatautonomie voraus, dass die Voraussetzungen der Selbstbestimmung auch tatsächlich gegeben seien. Der im Vertrag zum Ausdruck gebrachte übereinstimmende Wille der Vertragsparteien lasse zwar in der Regel auf einen durch den Vertrag hergestellten sachgerechten Interessenausgleich schließen, den der Staat grundsätzlich zu respektieren habe. Sei jedoch aufgrund einer einseitigen Aufbürdung von vertraglichen Lasten und einer erheblich ungleichen Verhandlungsposition der Vertragspartner ersichtlich, dass in einem Vertragsverhältnis ein Partner ein solches Gewicht habe, dass er den Vertragsinhalt faktisch einseitig bestimmen könne, sei es Aufgabe des Rechts, auf die Wahrung der Grundrechtspositionen beider Vertragspartner hinzuwirken, um zu verhindern, dass sich für einen Vertragspartner die Selbstbestimmung in eine Fremdbestimmung verkehre.
Dies gelte auch für Eheverträge, mit denen Eheleute ihre höchstpersönlichen Beziehungen für die Zeit ihrer Ehe oder danach regelten. Art. 6 I GG gebe ihnen hierbei das Recht, ihre jeweilige Gemeinschaft nach innen in ehel. und familiärer Verantwortlichkeit und Rücksicht frei zu gestalten. Verfassungsrechtlich geschützt sei allerdings nur eine Ehe, in der Mann und Frau in gleichberechtigter Partnerschaft zueinander stünden. Der Staat habe infolgedessen der Freiheit der Ehegatten, ihre ehel. Beziehungen und wechselseitigen Rechte und Pflichten mit Hilfe von Verträgen zu gestalten, dort Grenzen zu setzen, wo der Vertrag nicht Ausdruck gleichberechtigter Lebenspartnerschaft sei, sondern eine auf ungleichen Verhandlungspositionen basierende einseitige Dominanz eines Ehepartners widerspiegele. Dies sei regelmäßig anzunehmen, wenn eine nichtverheiratete schwangere Frau sich vor die Alternative gestellt sehe, in Zukunft entweder allein für das Kind Sorge zu tragen oder durch Eheschließung den Kindesvater in die Verantwortung einzubinden, wenn auch um den Preis eines mit ihm zu schließenden, sie aber stark belastenden Ehevertrags. Ob ein solcher Vertrag die Frau deutlich mehr belaste als den Mann, hänge wesentlich auch davon ab, welche familiäre Konstellation die Vertragspartner anstrebten und ihrem Vertrag zugrunde legten. Verzichteten Ehepartner etwa gegenseitig auf nachehel. gesetzliche [ges.] Unterhaltsansprüche, liege darin bei Ehen, in denen beide Partner einer etwa gleichwertigen Berufstätigkeit nachgingen und sich Haus- und Familienarbeit teilten, keine ungleiche Belastung. Sehe die Lebensplanung der Partner jedoch vor, dass sich in der Ehe einer der beiden unter Aufgabe einer Berufstätigkeit im Wesentlichen der Kinderbetreuung und Haushaltsführung widme, benachteilige der Verzicht auf den nachehel. Unterhalt denjenigen, der sich der Betreuung des Kindes und der Arbeit im Hause gewidmet habe. Je mehr im Ehevertrag gesetzliche Rechte abbedungen oder zusätzliche Pflichten übernommen würden, desto mehr könne sich dieser Effekt einseitiger Benachteiligung verstärken.
Es sei Aufgabe der Gerichte, den Inhalt des Vertrags in Fällen gestörter Vertragsparität einer Kontrolle über die zivilrechtlichen Generalklauseln zu unterziehen und ggf. zur Wahrung beeinträchtigter Grundrechtspositionen eines Ehevertragspartners zu korrigieren. Die Eheschließungsfreiheit stehe einer solchen Inhaltskontrolle nicht entgegen, denn sie rechtfertige nicht die Freiheit zu unbegrenzter Ehevertragsgestaltung und insbesondere nicht eine einseitige ehevertragliche Lastenverteilung. Dementsprechend sei ein Teil des Eherechts herkömmlich zwingendes Recht.
b) Während die vorgenannte Senatsentscheidung unmittelbar nur die Wirksamkeit einer
vor der Eheschließung getroffenen ehevertraglichen Vereinbarung betraf, in der sich eine Schwangere u. a. verpflichtet hatte, den Ehemann und Kindesvater für den Fall der Scheidung von Unterhaltsansprüchen des erwarteten Kindes teilweise freizustellen, hat das BVerfG in seinem Kammerbeschluss v. 29. 3. 2001 (a. a. O.) diese Rechtsprechung fortgeführt und eine oberlandesgerichtliche Entscheidung beanstandet, die der Ehefrau
nur den notwendigen Betreuungsunterhalt zuerkannt, ihre weitergehenden Anträge auf Unterhalt, Zugewinn- und VersAusgl aber zurückgewiesen hatte.
Die Ehegatten hatten vor der Eheschließung nachehel. Unterhalt sowie Zugewinn- und VersAusgl vertraglich ausgeschlossen. Das OLG hätte - so das BVerfG - die besondere Situation, in der sich die Ehefrau als Schwangere mit schon einem - noch dazu schwerbehinderten - Kind (aus einer anderen Verbindung) bei Vertragsschluss befunden habe und die allein schon ein deutliches Indiz für ihre Unterlegenheit als Vertragspartnerin gewesen sei, zum Anlass nehmen müssen, den gesamten Vertragsinhalt einer Kontrolle zu unterziehen; dabei hätte es der Frage nachgehen müssen, ob der Ehevertrag die Ehefrau - zumal in ihrer familiären und wirtschaftlich beengten Situation - einseitig und unangemessen belaste.
3. Die Frage, welche
Konsequenzen sich aus diesen Entscheidungen
für die Beurteilung von Eheverträgen allgemein - also auch in Fällen, in denen die Ehefrau bei Vertragsabschluss nicht schwanger ist - ergeben, wird in der Literatur wie auch in der Fachöffentlichkeit unterschiedlich beantwortet.
a) Differenzen bestehen bereits bei der Beurteilung, wann - allgemein - von einer
einseitigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall gesprochen werden kann.
So soll nach einer Auffassung eine solche einseitige Lastenverteilung jedenfalls dann vorliegen, wenn der „Kernbereich des gesetzlichen Scheidungsfolgensystems" berührt sei. Dazu sollen zumindest diejenigen Regelungen des nachehelichen Unterhalts zählen, die an eine ehebedingte Bedürftigkeit anknüpfen, möglicherweise auch der VersAusgl, nicht dagegen ohne weiteres auch der Zugewinnausgleich (Dauner-Lieb, AcP 200 [2001], 295, 319 f.).
Nach einer weiteren Auffassung erfordere das Eheverständnis des BGB keine bestimmte Zuordnung oder Teilhabe auf der Vermögensebene. Auch die ehel. Solidarität verlange keine gegenseitige Vermögensbeteiligung, da diese nicht an Bedarfslagen anknüpfe und somit keine unterhaltsrechtliche Funktion erfüllen solle. Bedenken bestünden jedoch, sobald die Vereinbarung der Gütertrennung mit weiteren Abreden verbunden werde, welche die Versorgungslage gerade desjenigen Ehegatten gefährdeten, der nach geplanter oder gelebter Gestaltung der Verhältnisse „ehebedingt" einer sozialen Sicherstellung besonders bedürfe. Auch ohne eine derartige Kumulierung könne eine güterrechtliche Vereinbarung bedenklich sein, wenn mit ihr nicht nur die künftige Vermögenszuordnung geregelt, sondern auf schon begründete Rechtspositionen verzichtet werde. Der VersAusgl stehe, obwohl auch er nicht auf Bedarfslagen rekurriere, dem Unterhalt näher als dem Zugewinnausgleich; gleichwohl sei anzunehmen, dass er innerhalb der - hier engeren - ges. Grenzen der ehevertraglichen Gestaltungsfreiheit unterliege (Schwab, DNotZ 2001, 9, 15 ff.).
Nach einer dritten Meinung soll die Verantwortung der Ehegatten füreinander (§ 1353 I S. 2 Hs. 2 BGB ) zwingendes Recht sein, das zwar dem Selbstverständnis der Beteiligten, nicht aber ehevertraglicher Gestaltung offen stehe (Goebel, FamRZ 2003, 1513, 1516).
Auf dem Deutschen Familiengerichtstag 2003 hat der Arbeitskreis „Unterhaltsvereinbarungen" zwar einen Unterhaltsverzicht grundsätzlich für zulässig erachtet, nicht aber einen vollen Verzicht auf den Betreuungsunterhalt. Nach dem Votum des Arbeitskreises „Vereinbarungen über den VersAusgl" soll ein „Globalverzicht" auf Unterhalt, Zugewinn- und VersAusgl zwar grundsätzlich möglich, aber nur dann unproblematisch sein, wenn eine hinreichende Absicherung der Alters- und Invaliditätsrisiken bestehe.
b) Unterschiedlich wird auch die Bedeutung eingeschätzt, die einem
zwischen den Vertragspartnern bestehenden Ungleichgewicht zukommen soll. Zum Teil wird gefolgert, dass eine Unterlegenheit der durch einen Ehevertrag benachteiligten Ehefrau jedenfalls dann zu verneinen sei, wenn diese durch einen Notar über den Inhalt des Vertrags belehrt worden sei und diesen ohne Zeitdruck abgeschlossen habe (Langenfeld, DNotZ 2001, 272, 279). Nach a. A. soll bei besonders ausgeprägter objektiver Benachteiligung eines Ehegatten durch den Ehevertrag eine tatsächliche Vermutung für die Situation der Unterlegenheit dieses Ehegatten sprechen (Schwab, DNotZ, a. a. O., S. 15; ähnlich auch der Arbeitskreis „Vereinbarungen
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zum VersAusgl" des Deutschen Familiengerichtstags 2003: „widerlegbare Vermutung"). Von dritter Seite wird empfohlen, „sich von der verkrampften Suche nach Ungleichgewichtslagen zu lösen" und die Ehevertragsfreiheit ganz generell im Hinblick auf eine potentielle Einverdienerehe für den Kernbereich des Scheidungsfolgensystems „teleologisch zu reduzieren" (Dauner-Lieb, AcP, a. a. O., S. 323; ihr folgend auch Goebel, a. a. O., S. 1518).
c) Ausdrücklich offen gelassen hat das BVerfG die Frage, mit welchen Instrumentarien die Fachgerichte die ihnen aufgegebene Inhaltskontrolle umsetzen sollen.
Hierzu wird in der Literatur eine Sanktionierung erwogen, die zwischen § 138 I und § 242 BGB nach dem Ausmaß der Benachteiligung differenziert (Schwab, FamRZ 2001, 349, 350; ders., DNotZ, a. a. O., S. 17 f.; Bergschneider, FamRZ 2001, 1338, 1340; in diese Richtung auch die oben genannten Arbeitskreise des Deutschen Familiengerichtstags 2003). Dabei werden die engen Grenzen betont, die dem Korrektiv des § 138 BGB gezogen seien; zugleich wird auf die mangelnde strukturelle Eignung einer Wirksamkeitskontrolle hingewiesen, die auf vorformulierte, allgemeine Regelungen zugeschnitten sei (Dauner-Lieb, a. a. O., S. 328). § 138 BGB würde mit seiner Nichtigkeitsfolge auch dem Gebot des geringstmöglichen Eingriffs in die Ehevertragsfreiheit nicht gerecht (Goebel, a. a. O., S. 1519). Soweit die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (etwa Bergschneider, FamRZ 2003, 376, 378) und der ergänzenden Vertragsauslegung in Betracht gezogen werden, besteht Einigkeit, dass diese Instrumente - unbeschadet ihrer Abgrenzung im Einzelnen - versagen, wenn die Vertragsparteien die später eingetretene Entwicklung auch nur für möglich gehalten und dennoch eine bewusst abschließende Regelung getroffen hätten; genau dies werde aber bei ehevertraglich vereinbarten Verzichten vielfach der Fall sein (Dauner-Lieb, a. a. O., S. 326 f.). Empfohlen wird deshalb vielfach eine Ausübungskontrolle, die der BGH schon bisher - wie dargelegt - unter Berufung auf § 242 BGB zur Abmilderung der harten Konsequenzen einer grundsätzlich „vollen Ehevertragsfreiheit" genutzt hat (Goebel, a. a. O., S. 1519 f.; Grziwotz, FF 2001, 41, 44; Schervier, MittBayNot 2001, 213, 214). Dabei wird jedoch zum Teil eine Ausdehnung des Instituts der Ausübungskontrolle gefordert: So solle sich die Ausübungskontrolle auch auf Fallkonstellationen erstrecken, in denen ein Ehevertrag keine Belastung Dritter - etwa gemeinsamer Kinder - bewirke, sondern nur einen der Ehegatten selbst einseitig und unangemessen benachteilige. Außerdem solle die Ausübungskontrolle auch Benachteiligungen eines Ehegatten erfassen, die sich aufgrund von Umständen verwirklichten, die bei Vertragsschluss bereits absehbar gewesen seien und - weil vom ursprünglichen Parteiwillen gedeckt - die Berufung auf die vertragliche Abrede nach bisherigem Verständnis nicht ohne weiteres als rechtsmissbräuchlich erscheinen ließen (Dauner-Lieb, a. a. O., S. 328 f.).
III. Nach Auffassung des Senats lässt sich nicht allgemein und für alle denkbaren Fälle abschließend beantworten, unter welchen Voraussetzungen eine Vereinbarung, durch welche Ehegatten ihre unterhaltsrechtlichen Verhältnisse oder ihre Vermögensangelegenheiten für den Scheidungsfall abweichend von den ges. Vorschriften regeln, unwirksam ist (§ 138 BGB ) oder die Berufung auf alle oder einzelne vertragliche Regelungen unzulässig macht (§ 242 BGB ). Erforderlich ist vielmehr eine
Gesamtschau der getroffenen Vereinbarungen, der Gründe und Umstände ihres Zustandekommens sowie der beabsichtigten und verwirklichten Gestaltung des ehel. Lebens. Dabei ist von folgenden Grundsätzen auszugehen:
1. Die ges. Regelungen über nachehel. Unterhalt, Zugewinn und VersAusgl unterliegen grundsätzlich der
vertraglichen Disposition der Ehegatten; einen unverzichtbaren Mindestgehalt an Scheidungsfolgen zugunsten des berechtigten Ehegatten kennt das geltende Recht nicht.
a) Zwar hat der Gesetzgeber dem in § 1569 BGB verankerten Grundsatz der nachehel. unterhaltsrechtlichen Eigenverantwortung eines jeden Ehegatten ein nahezu lückenloses System von Unterhaltsansprüchen gegenübergestellt, die den
Schutz des sozial schwächeren Ehegatten nach der Scheidung sichern und insbesondere
ehebedingte Nachteile ausgleichen sollen, die er um der Ehe oder der
Kindererziehung willen in seinem
eigenen beruflichen Fortkommen und dem
Aufbau einer entsprechenden Altersversorgung erlitten hat. Andererseits hat er in den §§ 1353 , 1356 BGB das - grundgesetzlich geschützte, vgl. Art. 6 GG - Recht der Ehegatten verbürgt, ihre
ehel. Lebensgemeinschaft eigenverantwortlich und frei von ges. Vorgaben entsprechend ihren
individuellen Vorstellungen und Bedürfnissen zu gestalten. Die auf die Scheidungsfolgen bezogene Vertragsfreiheit ist insoweit eine notwendige Ergänzung dieses verbürgten Rechts und entspringt dem legitimen Bedürfnis, Abweichungen von den ges. geregelten Scheidungsfolgen zu vereinbaren, die zu dem individuellen Ehebild der Ehegatten besser passen. So können etwa Lebensrisiken eines Partners, wie sie z. B. in einer bereits vor der Ehe zutage getretenen Krankheit oder in einer Ausbildung angelegt sind, die offenkundig keine Erwerbsgrundlage verspricht, von vornherein aus der gemeinsamen Verantwortung der Ehegatten füreinander herausgenommen werden. Auch der Gedanke der nicht allein auf die Ehezeit beschränkten ehel. Solidarität - und zwar auch in der bloß programmatischen und in seinen Konturen unscharfen Ausformung des 1998 mit dem Eheschließungsrecht eingeführten § 1353 I S. 2 Hs. 2 BGB , der eine gegenseitige Verantwortung der Ehegatten füreinander vorgibt (vgl. dazu Wagenitz, Festschrift für Rolland 1999, 379, 381 f.) - ist weder dazu bestimmt noch geeignet, unterhaltsrechtliche Pflichten, in denen sich die nachehel. Solidarität konkretisiert, als zwingendes, der Disposition der Parteien entzogenes Recht zu statuieren (so aber wohl Goebel, a. a. O., S. 1516). § 1585c BGB enthält dementsprechend auch keine Einschränkung in Richtung eines unverzichtbaren Mindestgehalts an Rechten.
b) Der
Zugewinnausgleich ist weniger Ausfluss nachehel. Solidarität als Ausdruck einer Teilhabegerechtigkeit, die zwar im Einzelfall ehebedingte Nachteile ausgleichen kann, in ihrer Typisierung aber weit über dieses Ziel hinausgreift und nicht zuletzt deshalb von § 1408 I BGB der Disposition der Ehegatten unterstellt ist. Das BVerfG hat zwar in anderem Zusammenhang verdeutlicht, dass Leistungen, die Ehegatten im gemeinsamen Unterhaltsverband für die ehel. Gemeinschaft erbringen, unabhängig von ihrer ökonomischen Bewertung gleichgewichtig sind und dass deshalb beide Ehegatten grundsätzlich auch Anspruch auf gleiche Teilhabe am gemeinsam Erwirtschafteten haben (BVerfG, FamRZ 2002, 527, 529). Diese fiktive Gleichgewichtung schließt jedoch die Möglichkeit der Ehegatten, ihrer individuell vereinbarten Arbeitsteilung oder einer evident unterschiedlichen ökonomischen Bewertung ihrer Beiträge in der Ehe durch eine vom Gesetz abweichende einvernehmliche Regelung angemessen Rechnung zu tragen, nicht aus. Auch bleibt es ihnen unbenommen, im Einzelfall als unbillig empfundenen Ergebnissen des ges. Güterstandes - etwa im Hinblick auf Wertsteigerungen des Anfangsvermögens - durch die vom Gesetz eröffnete Wahl der Gütertrennung zu begegnen.
c) Diese Überlegungen gelten - jedenfalls im Grundsatz - auch für den
VersAusgl, der sich zwar seiner Zielrichtung nach als ein vorweggenommener Altersunterhalt verstehen lässt, andererseits aber dem Mechanismus des Zugewinnausgleichs nachgebildet ist. § 1408 II BGB erlaubt deshalb ausdrücklich ehevertragliche Modifikationen auch des VersAusgl bis hin zu seinem
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gänzlichen Ausschluss, die allerdings unwirksam werden, wenn ein Ehegatte binnen Jahresfrist die Scheidung beantragt. Auch im Zusammenhang mit einer beabsichtigten Scheidung können die Ehegatten gemäß § 1587o BGB Vereinbarungen über den VersAusgl treffen. Diese bedürfen dann allerdings der familiengerichtlichen Genehmigung nach § 1587o II BGB und erfordern eine richterliche Inhaltskontrolle, die auch die Unterhaltsregelung und die Vermögensauseinandersetzung berücksichtigen und auf einen nach Art und Höhe angemessenen Ausgleich unter den Ehegatten Bedacht nehmen muss.
2. Die grundsätzliche
Disponibilität der Scheidungsfolgen darf indes nicht dazu führen, dass der
Schutzzweck der ges. Regelungen durch vertragliche Vereinbarungen beliebig unterlaufen werden kann. Das wäre der Fall, wenn dadurch eine evident einseitige und durch die individuelle Gestaltung der ehel. Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigte Lastenverteilung entstünde, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten - bei angemessener Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten und seines Vertrauens in die Geltung der getroffenen Abrede - bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar erscheint. Die Belastungen des einen Ehegatten werden dabei um so schwerer wiegen und die Belange des anderen Ehegatten um so genauerer Prüfung bedürfen, je unmittelbarer die
vertragliche Abbedingung ges. Regelungen in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts eingreift.
a) Zu diesem Kernbereich gehört in erster Linie der
Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB ), der schon im Hinblick auf seine Ausrichtung am Kindesinteresse nicht der freien Disposition der Ehegatten unterliegt. Freilich ist auch er nicht jeglicher Modifikation entzogen. So lassen sich immerhin Fälle denken, in denen die Art des Berufs es der Mutter erlaubt, Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit miteinander zu vereinbaren, ohne dass das Kind Erziehungseinbußen erleidet. Auch erscheint eine ganztägige Betreuung durch die Mutter nicht als unabdingbare Voraussetzung für einen guten Erziehungserfolg, sodass sich Ehegatten auch darüber verständigen könnten, ab einem bestimmten Kindesalter Dritte zur Betreuung heranzuziehen, um einen möglichst frühen Wiedereintritt der Mutter in das Berufsleben zu ermöglichen.
Bei der Ausrichtung am Kernbereich der Scheidungsfolgen wird man im Übrigen für deren Disponibilität eine
Rangabstufung vornehmen können, die sich in erster Linie danach bemisst, welche Bedeutung die einzelnen Scheidungsfolgenregelungen für den Berechtigten in seiner jeweiligen Lage haben. So ist die Absicherung des laufenden Unterhaltsbedarfs für den Berechtigten in der Regel wichtiger als etwa der Zugewinn- oder der spätere VersAusgl. Innerhalb der Unterhaltstatbestände wird - nach dem
Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB ) -
dem Krankheitsunterhalt (§ 1572 BGB ) und dem
Unterhalt wegen Alters (§ 1571 BGB ) Vorrang zukommen. Zwar knüpfen diese beiden letzteren Unterhaltstatbestände nicht an ehebedingte Nachteile an. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie nicht zum Kernbereich der ges. Scheidungsfolgenregelung gehören und der uneingeschränkten Disposition der Ehegatten unterstehen. Gerade indem das Gesetz sich hier mit einem bloß zeitlichen Zusammenhang mit der Ehe begnügt, misst es diesen Einstandspflichten als Ausdruck nachehel. Solidarität besondere Bedeutung bei - was freilich einen Verzicht nicht generell ausschließt, etwa wenn die Ehe erst nach Ausbruch der Krankheit oder im Alter geschlossen wird. Die Unterhaltspflicht wegen Erwerbslosigkeit (§ 1573 BGB ) erscheint demgegenüber nachrangig, da das Gesetz das Arbeitsplatzrisiko ohnehin auf den Berechtigten verlagert, sobald dieser einen nachhaltig gesicherten Arbeitsplatz gefunden hat (§ 1573 IV; vgl. auch § 1573 V BGB ). Ihr folgen Krankenvorsorge- und Altersvorsorgeunterhalt (§ 1578 II 1. Variante, III BGB). Am ehesten verzichtbar erscheinen Ansprüche auf Aufstockungs- und Ausbildungsunterhalt (§§ 1573 II, 1575 BGB ), da diese Unterhaltspflichten vom Gesetz am schwächsten ausgestaltet und nicht nur der Höhe (vgl. § 1578 I S. 2 BGB ), sondern auch dem Grunde nach zeitlich begrenzbar sind (§§ 1573 V, 1575 I S. 2 BGB ).
b) Auf derselben Stufe wie der Altersunterhalt rangiert der
VersAusgl. Als vorweggenommener Altersunterhalt steht er vertraglicher Disposition nur begrenzt offen. Vereinbarungen über ihn müssen deshalb nach denselben Kriterien geprüft werden wie ein vollständiger oder teilweiser Unterhaltsverzicht. Als Teilhabe an dem in der Ehe erworbenen Versorgungsvermögen ist der VersAusgl andererseits aber auch dem Zugewinnausgleich verwandt; das mag - jedenfalls bei deutlich gehobenen Versorgungsverhältnissen - eine weitergehende Dispositionsbefugnis rechtfertigen.
c) Der
Zugewinnausgleich erweist sich
ehevertraglicher Disposition am weitesten zugänglich. Das Eheverständnis erfordert, worauf Schwab (a. a. O., S. 16) mit Recht hingewiesen hat, keine bestimmte Zuordnung des Vermögenserwerbs in der Ehe. Die ehel. Lebensgemeinschaft war und ist - auch als gleichberechtigte Partnerschaft von Mann und Frau - nicht notwendig auch eine Vermögensgemeinschaft. Auch die vom BVerfG (FamRZ 2002, a. a. O., S. 529) - für das Recht des nachehel. Unterhalts - betonte Gleichgewichtigkeit von Erwerbstätigkeit und Familienarbeit hat keine bestimmte Strukturierung der ehel. Vermögenssphäre zur Folge. Wie § 1360 S. 2 BGB (vgl. auch § 1606 III S. 2 BGB ) verdeutlicht, sind nicht etwa das Erwerbseinkommen des einen und die Haushaltsführung des anderen Ehegatten einander gleichwertig. Für die Erfüllung des Anspruchs auf Familienunterhalt gleiches Gewicht haben nur die Unterhaltsbeiträge, welche die Ehegatten aus ihrem Erwerbseinkommen oder als Familienarbeit erbringen
(BVerfG, FamRZ 2002, a. a. O.; so auch Gernhuber/Coester-Waltjen, Lehrbuch des Familienrechts, 4. Aufl., § 34 I 5, S. 495, insbes. Fn. 4).
Zwar sieht der ges. Güterstand eine gleiche Teilhabe der Ehegatten am gemeinsam erwirtschafteten Vermögen vor. Dem liegt die typisierende Vorstellung zugrunde, dass die Ehegatten in ökonomisch gleichwertiger Weise zur Vermögensbildung beitragen. Diese - nur fiktive - Gleichwertigkeit hindert die Ehegatten jedoch nicht, durch Modifizierung oder Abwahl des Regelgüterstandes ihre interne Vermögensordnung einvernehmlich an die individuellen Verhältnisse ihrer konkret beabsichtigten oder gelebten Eheform anzupassen und dabei auch eigene ökonomische Bewertungen an die Stelle der ges. Typisierung zu setzen. Schließlich fordert auch das Gebot ehel. Solidarität keine wechselseitige Vermögensbeteiligung der Ehegatten: Deren Verantwortung füreinander (§ 1353 I S. 2 Hs. 2 BGB ) tritt bei konkreten und aktuellen Versorgungsbedürfnissen auf den Plan; ihr trägt - wie gezeigt - das geltende Unterhaltsrecht Rechnung. Das geltende Güterrecht knüpft demgegenüber nicht an Bedarfslagen an; die vom Regelgüterstand verfolgte Gewinnbeteiligung hat keine unterhaltsrechtlichen Funktionen (Schwab, a. a. O.). Zwar wird bei einer Gesamtschau die Versorgungslage des nicht- oder nicht voll erwerbstätigen Ehegatten im Einzelfall auch durch das Ehevermögensrecht mitbestimmt. Grob unbillige Versorgungsdefizite, die sich aus den für den Scheidungsfall getroffenen Absprachen der Ehegatten ergeben, sind jedoch vorrangig
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im Unterhaltsrecht - weil bedarfsorientiert - und allenfalls hilfsweise durch Korrektur der von den Ehegatten gewählten Vermögensordnung zu kompensieren.
3. Ob aufgrund einer vom ges. Scheidungsfolgenrecht abweichenden Vereinbarung eine
evident einseitige Lastenverteilung entsteht, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten unzumutbar erscheint, hat der Tatrichter zu prüfen. Diese Aufgabe wird nicht dadurch obsolet, dass der belastete Ehegatte durch einen Notar hinreichend über den Inhalt und die Konsequenzen des Vertrages belehrt wurde (a. A. Langenfeld, a. a. O.), zumal eine solche Überprüfung und Belehrung ohnehin nur bei Vereinbarungen in notarieller Form stattfindet, wie sie von § 1408 I i. V. mit §§ 1410 , 1587o II S. 1 BGB vorgeschrieben wird, nicht dagegen bei Unterhaltsvereinbarungen, die - was § 1585c BGB zulässt - privatschriftlich oder formlos getroffen werden.
a) Der Tatrichter hat dabei zunächst - im Rahmen einer
Wirksamkeitskontrolle - zu prüfen, ob die Vereinbarung schon im
Zeitpunkt ihres Zustandekommens offenkundig zu einer derart einseitigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall führt, dass ihr - und zwar losgelöst von der künftigen Entwicklung der Ehegatten und ihrer Lebensverhältnisse - wegen Verstoßes gegen die guten Sitten die Anerkennung der Rechtsordnung ganz oder teilweise mit der Folge zu versagen ist, dass an ihre Stelle die ges. Regelungen treten (§ 138 I BGB ). Erforderlich ist dabei eine Gesamtwürdigung, die auf die individuellen Verhältnisse beim Vertragsschluss abstellt, insbesondere also auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse, den geplanten oder bereits verwirklichten Zuschnitt der Ehe sowie auf die Auswirkungen auf die Ehegatten und auf die Kinder. Subjektiv sind die von den Ehegatten mit der Abrede verfolgten Zwecke sowie die sonstigen Beweggründe zu berücksichtigen, die den begünstigten Ehegatten zu seinem Verlangen nach der ehevertraglichen Gestaltung veranlasst und den benachteiligten Ehegatten bewogen haben, diesem Verlangen zu entsprechen. Das Verdikt der Sittenwidrigkeit wird dabei regelmäßig nur in Betracht kommen, wenn durch den Vertrag Regelungen aus dem Kernbereich des ges. Scheidungsfolgenrechts ganz oder jedenfalls zu erheblichen Teilen abbedungen werden, ohne dass dieser Nachteil für den anderen Ehegatten durch anderweitige Vorteile gemildert oder durch die besonderen Verhältnisse der Ehegatten, den von ihnen angestrebten oder gelebten Ehetyp oder durch sonstige gewichtige Belange des begünstigten Ehegatten gerechtfertigt wird.
b) Soweit ein Vertrag danach Bestand hat, muss der Richter sodann - im Rahmen der Ausübungskontrolle - prüfen, ob und inwieweit ein Ehegatte die ihm durch den Vertrag eingeräumte
Rechtsmacht missbraucht, wenn er sich im Scheidungsfall gegenüber einer vom anderen Ehegatten begehrten ges. Scheidungsfolge darauf beruft, dass diese durch den Vertrag wirksam abbedungen sei (§ 242 BGB ). Dafür sind nicht nur die Verhältnisse im Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgebend. Entscheidend ist vielmehr, ob sich nunmehr - im Zeitpunkt des Scheiterns der Lebensgemeinschaft - aus dem vereinbarten Ausschluss der Scheidungsfolge eine evident einseitige Lastenverteilung ergibt, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten auch bei angemessener Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten und seines Vertrauens in die Geltung der getroffenen Abrede sowie bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar ist. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die tatsächliche einvernehmliche Gestaltung der ehel. Lebensverhältnisse von der ursprünglichen, dem Vertrag zugrunde liegenden Lebensplanung grundlegend abweicht. Nachehel. Solidarität wird dabei ein Ehegatte regelmäßig nicht einfordern können, wenn er seinerseits die ehel. Solidarität verletzt hat; soweit ein angemessener Ausgleich ehebedingter Nachteile in Rede steht, werden dagegen Verschuldensgesichtspunkte eher zurücktreten. Insgesamt hat sich die gebotene Abwägung an der Rangordnung der Scheidungsfolgen zu orientieren: Je höherrangig die vertraglich ausgeschlossene und nunmehr dennoch geltend gemachte Scheidungsfolge ist, um so schwerwiegender müssen die Gründe sein, die - unter Berücksichtigung des inzwischen einvernehmlich verwirklichten tatsächlichen Ehezuschnitts - für ihren Ausschluss sprechen.
Hält die Berufung eines Ehegatten auf den vertraglichen Ausschluss der Scheidungsfolge der
richterlichen Rechtsausübungskontrolle nicht stand, so führt dies im Rahmen des § 242 BGB noch nicht zur Unwirksamkeit des vertraglich vereinbarten Ausschlusses. Auch wird dadurch nicht notwendig die vom Gesetz vorgesehene, aber vertraglich ausgeschlossene Scheidungsfolge in Vollzug gesetzt.
Der Richter hat vielmehr diejenige Rechtsfolge anzuordnen, die den
berechtigten Belangen beider Parteien in der nunmehr eingetretenen Situation in ausgewogener Weise Rechnung trägt. Dabei wird er sich allerdings um so stärker an der vom Gesetz vorgesehenen Rechtsfolge zu orientieren haben, je zentraler diese Rechtsfolge im Kernbereich des ges. Scheidungsfolgenrechts angesiedelt ist.