FN 31: BGH, Urteil vom 11.02.2004 – XII ZR 265/02, Rn. 43Gericht: | BGH 12. Zivilsenat |
Entscheidungsdatum: | 11.02.2004 |
Rechtskraft: | ja |
Aktenzeichen: | XII ZR 265/02 |
Dokumenttyp: | Urteil |
Quelle: | |
Normen: | § 138 BGB, § 242 BGB, § 1408 BGB, § 1410 BGB, § 1585c BGB |
Zitiervorschlag: | BGH, Urteil vom 11. Februar 2004 – XII ZR 265/02 –, BGHZ 158, 81-110 |
Inhaltskontrolle von Eheverträgen
Leitsatz Zur Inhaltskontrolle von Eheverträgen.
Orientierungssatz Zitierungen: Ergänzung BGH, 24. April 1985, IVb ZR 17/84, FamRZ 1985, 787 und BGH, 28. November 1990, XII ZR 16/90, FamRZ 1991, 303; vergleiche BVerfG, 6. Februar, 1 BvR 12/92, NJW 2001, 957 und BVerfG, 29. März 2001, 1 BvR 1766/92, NJW 2001, 2248.
Fundstellen
BGHZ 158, 81-110 (Leitsatz und Gründe)
ZNotP 2004, 157-165 (Leitsatz und Gründe)
BGHReport 2004, 516-519 (Leitsatz und Gründe)
FamRZ 2004, 601-609 (Leitsatz und Gründe)
FPR 2004, 209-216 (Leitsatz und Gründe)
FuR 2004, 119-131 (Leitsatz und Gründe)
FF 2004, 79-87 (Leitsatz und Gründe)
RNotZ 2004, 150-159 (Leitsatz und Gründe)
NJW 2004, 930-937 (Leitsatz und Gründe)
NotBZ 2004, 152-156 (Leitsatz und Gründe)
Familienrecht kompakt 2004, 73-74 (red. Leitsatz und Gründe)
MDR 2004, 573-575 (Leitsatz und Gründe)
EzFamR BGB § 1408 Nr 19 (Leitsatz und Gründe)
MittBayNot 2004, 270-278 (Leitsatz und Gründe)
EzFamR BGB § 1408 Nr 19 (Leitsatz und Gründe)
Streit 2004, 69-80 (Leitsatz und Gründe)
DNotZ 2004, 550-560 (Leitsatz und Gründe)
JZ 2004, 1021-1026 (Leitsatz und Gründe)
JR 2005, 102-109 (Leitsatz und Gründe)
Verfahrensgang
vorgehend OLG München Senat für Familiensachen, 1. Oktober 2002, 4 UF 7/02, Urteil
vorgehend AG Augsburg, 4. Dezember 2001, 402 F 970/00, Urteil
Diese Entscheidung wird zitiert
RechtsprechungVergleiche FG Hamburg 3. Senat, 23. September 2020, 3 K 136/19
Vergleiche OLG Hamm 3. Senat für Familiensachen, 27. Januar 2017, 3 UF 264/15
Anschluss OLG Hamm 3. Senat für Familiensachen, 24. November 2015, II-3 UF 232/14, ...
Anschluss OLG Hamm 3. Senat für Familiensachen, 25. September 2015, II-3 UF 232/14, ...
Anschluss OLG Düsseldorf 2. Senat für Familiensachen, 11. Februar 2015, II-2 UF 147/14, ...
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KommentareDutta/Jacoby/Schwab, FamFG● Borth, Vorbemerkung vor § 217
Erman, BGB● Böttcher, § 242 Leistung nach Treu und Glauben; III. Anwendungsvoraussetzungen, Wirkungsweise und Abgrenzungen
● Böttcher, § 242 Leistung nach Treu und Glauben; IV. Grundrechte und § 242
● Böttcher, § 313 Störung der Geschäftsgrundlage; VI. Fallgruppen und ABC der Einzelfälle; 8. Familienrechtliche Verhältnisse
● Budzikiewicz, § 1372 Zugewinnausgleich in anderen Fällen; 5. Regelung des Zugewinnausgleichs durch Vereinbarung der Ehegatten
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ZeitschriftenHerbert Grziwotz, FamRB 2004, 105-107
PraxisreporteArn Osterloh, jurisPR-BGHZivilR 12/2004 Anm. 1 (Anmerkung)
Friedrich Strohal, jurisPR-FamR 3/2004 Anm. 2 (Anmerkung)
LiteraturnachweiseArn Osterloh, jurisPR-BGHZivilR 12/2004 Anm. 1 (Anmerkung)
Friedrich Strohal, jurisPR-FamR 3/2004 Anm. 2 (Anmerkung)
Herbert Grziwotz, BGHReport 2004, 519-521 (Entscheidungsbesprechung)
Thomas Rauscher, DNotZ 2004, 524-547 (Aufsatz)
Christof Münch, DNotZ 2004, 901-914 (Aufsatz)
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SonstigesDuderstadt, Scheidung und Scheidungsfolgen● Jochen Duderstadt, 2 Eheverträge und Scheidungsfolgenvergleiche; 2.1 Inhaltskontrolle; 2.1.1 Unterhaltsverträge
● Jochen Duderstadt, 2 Eheverträge und Scheidungsfolgenvergleiche; 2.1 Inhaltskontrolle; 2.1.3 Zugewinnausgleich
● Jochen Duderstadt, 2 Eheverträge und Scheidungsfolgenvergleiche; 2.3 Ausübungskontrolle
Rahm/Künkel, Handbuch Familien- und Familienverfahrensrecht● Burschel, H. Vertragliche Güterstände und Ehevertrag
● Wagner, B. Materielles Recht; X. Vereinbarungen zum Versorgungsausgleich
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Diese Entscheidung zitiert
RechtsprechungVergleiche BVerfG 1. Senat 3. Kammer, 29. März 2001, 1 BvR 1766/92
Vergleiche BVerfG 1. Senat, 6. Februar 2001, 1 BvR 12/92
Ergänzung BGH 12. Zivilsenat, 28. November 1990, XII ZR 16/90
Ergänzung BGH 4b. Zivilsenat, 24. April 1985, IVb ZR 17/84
Tenor Auf die Revision des Antragstellers wird das Urteil des 4. Zivilsenats - zugleich Familiensenat - des Oberlandesgerichts München, Zivilsenate in Augsburg, vom 1. Oktober 2002 hinsichtlich der Nummern I. 2. und II. des Entscheidungssatzes insgesamt und hinsichtlich der Nummer I. 1. des Entscheidungssatzes insoweit aufgehoben, als der Antragsteller zu Unterhaltszahlungen von mehr als 1.278,23 € monatlich verurteilt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Wert: 235.365 €.
Von Rechts wegen
Tatbestand1 Die rechtskräftig geschiedenen Parteien streiten über nachehelichen Unterhalt und Ausgleich des Zugewinns.
2 Der 1948 geborene Antragsteller und die 1955 geborene Antragsgegnerin haben am 22. November 1985 miteinander die Ehe geschlossen, aus der die am 24. März 1986 und am 21. Mai 1989 geborenen Kinder M. und V. hervorgegangen sind.
3 Der Antragsteller ist seit 1985 als Unternehmensberater tätig. Die Antragsgegnerin, die in den Fächern alte Geschichte, Kunstgeschichte und Germanistik das Magisterexamen bestanden hat, leitete 1984 und 1985 archäologische Ausgrabungen, gab diese Tätigkeit aber wegen ihrer Schwangerschaft auf. Ihre Absicht, den Doktorgrad zu erwerben, verfolgte sie auf Wunsch ihres Mannes nicht weiter; sie widmete sich dem Haushalt und der Erziehung der Kinder.
4 Am 17. Februar 1988 schlossen die Parteien einen notariellen Ehevertrag. Darin verzichteten sie "für den Fall der Scheidung ... gegenseitig auf jegliche ... nacheheliche Unterhaltsansprüche, mit Ausnahme des Unterhaltsanspruchs der Ehefrau wegen Kindesbetreuung". Außerdem vereinbarten sie für die Zukunft Gütertrennung. Sie erklärten, daß ein Zugewinn bisher nicht entstanden sei; vorsorglich verzichteten sie wechselseitig auf etwaige bisher entstandene Zugewinnausgleichsansprüche. Den Versorgungsausgleich schlossen sie aus. Den Verzicht der Antragsgegnerin stellten sie dabei unter die Bedingung, daß der Antragsteller spätestens ab Juni 1988 für die Antragsgegnerin eine private Kapitallebensversicherung mit einer Versicherungssumme in Höhe von 80.000 DM auf den Zeitpunkt der Vollendung ihres sechzigsten Lebensjahres mit Rentenwahlrecht abschließen und die Beiträge hierauf während des Bestehens der Ehe laufend zahlen sollte. Im Falle der Scheidung sollte er ihr den dreifachen Jahresbeitrag zu dieser Versicherung in einer Summe als Abfindung bezahlen. Weitere Zahlungen sollte er dann nicht mehr schulden.
5 Am 27. April 1988 wurde für die Antragsgegnerin bei der P.L. eine Kapitallebensversicherung über 80.000 DM abgeschlossen, auf die der Antragsteller in der Folge Zahlungen leistete. Am 13. November 2001, in der Scheidungsverhandlung vor dem Amtsgericht, verpflichtete er sich in Abweichung vom ursprünglichen Vertrag, die Raten fortlaufend bis zum Ablauf der Versicherung am 1. Mai 2015 zu zahlen.
6 Der Antragsteller erzielte nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts "in den letzten Jahren" ein monatliches Einkommen von durchschnittlich 27.000 DM netto aus abhängiger und selbständiger Arbeit. Die Antragsgegnerin betreibt seit 1994 an ihrem Wohnort einen "alternativen" Spielwarenladen, zuletzt zusammen mit einer Postagentur. Ihr monatliches Einkommen aus dieser Tätigkeit beläuft sich - nach ihren Angaben - auf 1.084 DM vor Steuern. Die Parteien bewohnten ein Haus in A. mit einer Wohnfläche von 200 m² auf einem Grundstück von ca. 1.200 bis 1.300 m², das die Parteien vom Bruder des Antragstellers für eine monatliche Gesamtmiete von 2.548 DM gemietet hatten. Die Antragsgegnerin erhielt vom Antragsteller ein monatliches Wirtschaftsgeld von 2.692 DM sowie einen Ausgleich für ihre Mitarbeit in seinem häuslichen Büro von monatlich 500 DM. Im übrigen war der Zuschnitt der ehelichen Lebensverhältnisse, was Kleidung, Einrichtung und sonstige Ausstattung anbelangt, nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts bescheiden.
7 Die Parteien leben seit Februar 1999 dauernd getrennt. Die Kinder haben nach dem übereinstimmenden Willen der Parteien ihren gewöhnlichen Aufenthalt bei der Antragsgegnerin; der Antragsteller zahlt für sie Unterhalt nach der höchsten Stufe der Düsseldorfer Tabelle.
8 Das Amtsgericht hat mit Verbundurteil die Ehe der Parteien geschieden und festgestellt, daß ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet. Außerdem hat es den Antragsteller verurteilt, an die Antragsgegnerin 3.671 DM Elementarunterhalt und 1.081 DM Altersvorsorgeunterhalt zu zahlen; die auf weitergehenden Unterhalt sowie die im Rahmen einer Stufenklage auf Auskunft und Zahlung eines Zugewinnausgleichs gerichteten Anträge der Antragsgegnerin hat es abgewiesen. Hinsichtlich des Ausspruchs über die Scheidung und über den Versorgungsausgleich ist das Urteil des Amtsgerichts seit dem 13. April 2002 rechtskräftig.
9 Auf die Berufung der Antragsgegnerin hat das Oberlandesgericht den Antragsteller verurteilt, an die Antragsgegnerin monatlich im voraus Elementarunterhalt in Höhe von 2.897 € sowie Vorsorgeunterhalt in Höhe von 952 € zu zahlen; im übrigen hat es ihre Berufung hinsichtlich des Unterhaltsbegehrens zurückgewiesen. Ebenso hat es die Anschlußberufung des Antragstellers, mit der er sich gegen die 2.500 DM (= 1.278,23 €) monatlich übersteigende Verurteilung zur Unterhaltszahlung wehrte, zurückgewiesen. Hinsichtlich des Zugewinnausgleichs hat es ihn verurteilt, über sein Endvermögen Auskunft zu erteilen, und die Sache im übrigen an das Amtsgericht zurückverwiesen. Mit der zugelassenen Revision wendet sich der Antragsteller gegen das Berufungsurteil, soweit es ihn beschwert.
Entscheidungsgründe10 Das Rechtsmittel führt zur teilweisen Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
I.
11 Nach Auffassung des Oberlandesgerichts, dessen Entscheidung in FamRZ 2003, 35 (m.Anm. Bergschneider 39) veröffentlicht ist, steht der Klägerin neben dem Betreuungsunterhalt ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt sowie auf Auskunftserteilung zum Zwecke des Zugewinnausgleichs zu. Der notarielle Vertrag der Parteien vom 17. Februar 1988 schließe diese Ansprüche nicht aus, da er - gemessen an den vom Bundesverfassungsgericht in seinen Entscheidungen vom 6. Februar 2001 (FamRZ 2001, 343 m.Anm. Schwab 349) und vom 29. März 2001 (FamRZ 2001, 985) genannten Maßstäben - für unwirksam zu erachten sei.
12 Nach diesem Vertrag hätten die Parteien zwar gegenseitig auf jegliche nachehelichen Unterhaltsansprüche mit Ausnahme des Unterhaltsanspruchs der Ehefrau wegen Kindesbetreuung verzichtet. Damit habe der Antragsteller jedoch praktisch kein Recht aufgegeben, da man nicht davon habe ausgehen können, daß er bei einem Vermögen von über einer Million DM und hohen monatlichen Einkünften im Falle der Scheidung unterhaltsbedürftig würde. Die Antragsgegnerin, die demgegenüber über kein Vermögen und - abgesehen von den aus der Bürotätigkeit für den Antragsteller erzielten 500 DM - über kein Einkommen verfügt habe, sei wirtschaftlich völlig vom Antragsteller abhängig gewesen. Gemäß seinem Wunsch habe sie sich der Haushaltsführung gewidmet. Wegen der Betreuung der damals noch nicht ganz zweijährigen Tochter M. und der am 21. Mai 1989 geborenen Tochter V. habe sie praktisch auf Jahre hinaus keine Aussicht gehabt, durch eine Erwerbstätigkeit ihren Unterhalt sicherzustellen. Insgesamt sei die Antragsgegnerin somit durch den weitgehenden Unterhaltsverzicht unangemessen benachteiligt worden, weil ihr - gegenüber dem finanziellen Beitrag des Antragstellers zu den ehelichen Lebensverhältnissen gleichwertiger - Beitrag in Form von Haushaltsführung und Kindesbetreuung für den Fall der Scheidung unberücksichtigt geblieben sei. Ihr sei nicht nur ohne sachlichen Grund die Teilhabe an den ehelichen Lebensverhältnissen genommen worden, die durch den - bei dem monatlichen Nettoeinkommen des Antragstellers von 27.000 DM besonders werthaltigen - Aufstockungsunterhalt gewährleistet werden soll. Ihr sei vielmehr auch das alleinige Risiko aufgebürdet worden, im Alter, bei Krankheit oder bei Arbeitslosigkeit ohne hinreichende Einkünfte auszukommen.
13 Der Ausschluß jeder Unterhaltsberechtigung für diese Fälle sei auch mit dem Wohl der gemeinsamen Kinder nicht vereinbar. Auch wenn der Antragsteller an die Kinder Unterhalt nach der höchsten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle leiste, bestehe doch die Gefahr, daß die Antragsgegnerin im Falle ihrer Invalidität unter Verhältnissen leben müsse, welche die Entwicklungsmöglichkeit der Kinder weit mehr einschränkten als es den gemeinsamen wirtschaftlichen Verhältnissen entspreche. Die ungenügende Absicherung der Antragsgegnerin für den Fall der Invalidität beruhe insbesondere darauf, daß sie mit ihrem Verzicht auf den Versorgungsausgleich nicht nur mögliche Anwartschaften auf eine Altersrente, sondern auch auf eine Invaliditätsversorgung verloren habe. Dieser Nachteil werde durch die vereinbarte Kapitallebensversicherung bei weitem nicht ausgeglichen, zumal bei Durchführung des Versorgungsausgleichs auf die Antragsgegnerin Rentenanwartschaften in Höhe von 590,94 DM übertragen worden wären. Zur Begründung solcher Rentenanwartschaften im Wege des Einmalbeitrags wäre, bezogen auf den 31. März 2000, ein Betrag von 128.748,74 DM erforderlich gewesen, mithin weit mehr als die für die Antragsgegnerin vereinbarte Versicherungssumme von 80.000 DM. Auch hierin liege eine unangemessene Benachteiligung der Antragsgegnerin, welche den vereinbarten Ausschluß des Versorgungsausgleichs als unwirksam erscheinen lasse, auch wenn die Entscheidung des Amtsgerichts, keinen Versorgungsausgleich durchzuführen, nicht angefochten sei.
14 Auch der vereinbarte Ausschluß des Zugewinnausgleichs sei unwirksam, weil der Antragsteller seine dominierende Situation als Inhaber eines Vermögens und Bezieher eines weit überdurchschnittlichen Einkommens gegenüber der vermögens- und praktisch einkommenslosen Antragsgegnerin zu deren Nachteil ausgenutzt habe. Der Antragsteller habe sich nicht auf die Sicherung seines ererbten Vermögens beschränkt, was angeblich sein Motiv für den Abschluß des Ehevertrags gewesen sei. Er habe vielmehr die Antragsgegnerin, auf deren Seite kein Zugewinn zu erwarten gewesen sei, von der Teilhabe an dem gemeinsam Erwirtschafteten ausgeschlossen. Dadurch sei die Antragsgegnerin insbesondere in ihrer Altersversorgung betroffen worden, da hierfür bei gut verdienenden Personen wie dem Antragsteller erfahrungsgemäß auch mit Hilfe des Vermögens Vorsorge getroffen werde.
15 Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
II.
16 Das Gesetz gibt Ehegatten die Möglichkeit, durch während oder vorsorglich schon vor der Ehe getroffene Vereinbarungen für den Fall einer späteren Scheidung den nachehelichen Unterhalt oder sonstige versorgungs- und güterrechtliche Angelegenheiten verbindlich zu regeln (§ 1408 Abs. 1 und 2, § 1585 c BGB).
17 1. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats bestand für derartige Vereinbarungen grundsätzlich volle Vertragsfreiheit. Eine besondere Inhaltskontrolle, ob die Regelung angemessen sei, fand - abgesehen von Vereinbarungen nach § 1587 o BGB - nicht statt (Senatsbeschluß vom 2. Oktober 1996 - XII ZB 1/94 - FamRZ 1997, 156, 157; vgl. auch Senatsurteil vom 28. November 1990 - XII ZR 16/90 - FamRZ 1991, 306). Der Verzicht auf nachehelichen Unterhalt berühre nicht einen Kernbereich der Ehe (Senatsurteil vom 24. April 1985 - IVb ZR 22/84 - FamRZ 1985, 788). Auch werde das Wesen der Ehe nicht dadurch mitbestimmt, daß eine "wirtschaftliche Lebensgemeinschaft" entstehe oder daß die Ehegatten bei Auflösung der Ehe an den während ihres Bestehens eingetretenen vermögensrechtlichen Veränderungen beteiligt würden (Senatsurteil vom 24. April 1985 aaO 789).
18 Schranken der Gültigkeit einer solchen Vereinbarung ergäben sich allein aus den §§ 134, 138 BGB. Ob eine Vereinbarung im Einzelfall gegen die guten Sitten verstoße, hänge von ihrem aus Inhalt, Beweggründen und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter ab, wobei sich aus dem zeitlichen Abstand zu einer nicht beabsichtigten, sondern nur für denkbar gehaltenen Scheidung zusätzliche Gesichtspunkte ergeben könnten (Senatsurteile vom 24. April 1985 aaO und vom 28. November 1990 aaO 307). Es reiche für sich allein nicht aus, daß die Vereinbarung in dem Bestreben abgeschlossen worden sei, sich von sämtlichen nachteiligen Folgen einer Scheidung freizuzeichnen (Senatsurteil vom 28. November 1990 aaO). Auch genüge nicht, daß sich die Regelung ausschließlich oder überwiegend zu Lasten eines der beiden Ehegatten auswirken könne (Senatsbeschluß vom 2. Oktober 1996 aaO 157). Schließlich könne die Sittenwidrigkeit der Abrede auch nicht allein aus dem Umstand hergeleitet werden, daß die vertragschließende Frau von dem Mann schwanger gewesen und dieser die Eheschließung mit ihr von dem Abschluß dieses Vertrags abhängig gemacht habe. Da der Mann, ungeachtet der Schwangerschaft der Frau, von einer Eheschließung hätte absehen und sich auf die rechtlichen Verpflichtungen eines mit der Mutter nicht verheirateten Vaters zurückziehen können, könne von einer zu mißbilligenden Ausnutzung einer Zwangslage der Frau nicht ausgegangen werden (Senatsbeschlüsse vom 18. September 1996 - XII ZB 206/94 - FamRZ 1996, 1536, 1537 und vom 2. Oktober 1996 aaO 157 f.). Allerdings könne ein Unterhaltsverzicht dann den guten Sitten zuwiderlaufen und damit nichtig sein, wenn die Parteien ihre auf der Ehe beruhenden Familienlasten objektiv zum Nachteil der Sozialhilfe geregelt hätten (Senatsurteile BGHZ 86, 82, 88, vom 24. April 1985 aaO 790 und vom 9. Juli 1992 - XII ZR 57/91 - FamRZ 1992, 1403). Dazu bedürfe es nicht unbedingt eines Bewußtseins der Parteien, durch ihre Vereinbarung den Träger der Sozialhilfe zu schädigen; vielmehr könne es bereits genügen, daß sie sich einer solchen Erkenntnis grob fahrlässig verschlossen hätten (Senatsurteil vom 24. April 1985 aaO).
19 Auch sei dem auf Unterhalt in Anspruch genommenen geschiedenen Ehegatten die Berufung auf einen Unterhaltsverzicht des anderen Ehegatten unter Umständen nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt; dies könne namentlich dann der Fall sein, wenn die zur Zeit des Unterhaltsverzichts bestehenden Verhältnisse sich nachträglich so entwickelt hätten, daß überwiegende schutzwürdige Interessen gemeinschaftlicher Kinder der Geltendmachung des Verzichts entgegenstünden (Senatsurteile vom 24. April 1985 - IVb ZR 17/84 - FamRZ 1985, 787 f. und vom 15. Oktober 1986 - IVb ZR 79/85 - FamRZ 1987, 46, 47), mögen die Parteien die dann später tatsächlich eingetretene Entwicklung - nämlich die Scheidung bei fortbestehender Betreuungsbedürftigkeit der Kinder - auch bereits beim Abschluß des Unterhaltsverzichts bedacht haben (Senatsurteil vom 9. Juli 1992 aaO 1404). Die Dauer und Höhe der Unterhaltspflicht sei allerdings in einem solchen Fall insoweit beschränkt, als nicht das Kindeswohl ein Weiterbestehen des Unterhaltsanspruchs gebiete (Senatsurteil vom 28. November 1990 aaO 307, vom 30. November 1994 - XII ZR 226/93 - FamRZ 1995, 291, 292 und vom 16. April 1997 - XII ZR 293/95 - FamRZ 1997, 873, 874). Der Höhe nach stehe dem betreuenden Ehegatten der Unterhaltsanspruch nur insoweit zu, als er, um seinen Betreuungspflichten nachzukommen, darauf zur Deckung seines notwendigen eigenen Lebensbedarfs angewiesen sei; nur wenn besondere Gründe des Kindeswohls dies geböten, sei dem betreuenden Ehegatten mehr als der notwendige Unterhalt zuzubilligen (Senatsurteile vom 9. Juli 1992 aaO 1405, vom 30. November 1994 aaO 291 f. und vom 16. April 1997 aaO 874 f.).
20 2. Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Februar 2001 (aaO) und vom 29. März 2001 (aaO) geben Anlaß, die dargestellte Rechtsprechung zu überprüfen.
21 a) Mit seinem Senatsbeschluß vom 6. Februar 2001 (aaO) hat das Bundesverfassungsgericht an seine Rechtsprechung zur Inhaltskontrolle von Bürgschaftsverträgen (NJW 1994, 36) und zum entschädigungslosen Wettbewerbsverbot von Handelsvertretern (NJW 1990, 1469) angeknüpft und die dort entwickelten Grundsätze auf Eheverträge und Unterhaltsvereinbarungen übertragen:
22 Danach setze die durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete Privatautonomie voraus, daß die Voraussetzungen der Selbstbestimmung auch tatsächlich gegeben seien. Der im Vertrag zum Ausdruck gebrachte übereinstimmende Wille der Vertragsparteien lasse zwar in der Regel auf einen durch den Vertrag hergestellten sachgerechten Interessenausgleich schließen, den der Staat grundsätzlich zu respektieren habe. Sei jedoch aufgrund einer einseitigen Aufbürdung von vertraglichen Lasten und einer erheblich ungleichen Verhandlungsposition der Vertragspartner ersichtlich, daß in einem Vertragsverhältnis ein Partner ein solches Gewicht habe, daß er den Vertragsinhalt faktisch einseitig bestimmen könne, sei es Aufgabe des Rechts, auf die Wahrung der Grundrechtspositionen beider Vertragspartner hinzuwirken, um zu verhindern, daß sich für einen Vertragspartner die Selbstbestimmung in eine Fremdbestimmung verkehre.
23 Dies gelte auch für Eheverträge, mit denen Eheleute ihre höchstpersönlichen Beziehungen für die Zeit ihrer Ehe oder danach regelten. Art. 6 Abs. 1 GG gebe ihnen hierbei das Recht, ihre jeweilige Gemeinschaft nach innen in ehelicher und familiärer Verantwortlichkeit und Rücksicht frei zu gestalten. Verfassungsrechtlich geschützt sei allerdings nur eine Ehe, in der Mann und Frau in gleichberechtigter Partnerschaft zueinander stünden. Der Staat habe infolgedessen der Freiheit der Ehegatten, ihre ehelichen Beziehungen und wechselseitigen Rechte und Pflichten mit Hilfe von Verträgen zu gestalten, dort Grenzen zu setzen, wo der Vertrag nicht Ausdruck gleichberechtigter Lebenspartnerschaft sei, sondern eine auf ungleichen Verhandlungspositionen basierende einseitige Dominanz eines Ehepartners widerspiegele. Dies sei regelmäßig anzunehmen, wenn eine nichtverheiratete schwangere Frau sich vor die Alternative gestellt sehe, in Zukunft entweder allein für das Kind Sorge zu tragen oder durch Eheschließung den Kindesvater in die Verantwortung einzubinden, wenn auch um den Preis eines mit ihm zu schließenden, sie aber stark belastenden Ehevertrags. Ob ein solcher Vertrag die Frau deutlich mehr belaste als den Mann, hänge wesentlich auch davon ab, welche familiäre Konstellation die Vertragspartner anstrebten und ihrem Vertrag zugrunde legten. Verzichteten Ehepartner etwa gegenseitig auf nacheheliche gesetzliche Unterhaltsansprüche, liege darin bei Ehen, in denen beide Partner einer etwa gleichwertigen Berufstätigkeit nachgingen und sich Haus- und Familienarbeit teilten, keine ungleiche Belastung. Sehe die Lebensplanung der Partner jedoch vor, daß sich in der Ehe einer der beiden unter Aufgabe einer Berufstätigkeit im wesentlichen der Kinderbetreuung und Haushaltsführung widme, benachteilige der Verzicht auf den nachehelichen Unterhalt denjenigen, der sich der Betreuung des Kindes und der Arbeit im Hause gewidmet habe. Je mehr im Ehevertrag gesetzliche Rechte abbedungen oder zusätzliche Pflichten übernommen würden, desto mehr könne sich dieser Effekt einseitiger Benachteiligung verstärken.
24 Es sei Aufgabe der Gerichte, den Inhalt des Vertrags in Fällen gestörter Vertragsparität einer Kontrolle über die zivilrechtlichen Generalklauseln zu unterziehen und gegebenenfalls zur Wahrung beeinträchtigter Grundrechtspositionen eines Ehevertragspartners zu korrigieren. Die Eheschließungsfreiheit stehe einer solchen Inhaltskontrolle nicht entgegen, denn sie rechtfertige nicht die Freiheit zu unbegrenzter Ehevertragsgestaltung und insbesondere nicht eine einseitige ehevertragliche Lastenverteilung. Dementsprechend sei ein Teil des Eherechts herkömmlich zwingendes Recht.
25 b) Während die vorgenannte Senatsentscheidung unmittelbar nur die Wirksamkeit einer vor der Eheschließung getroffenen ehevertraglichen Vereinbarung betraf, in der sich eine Schwangere u.a. verpflichtet hatte, den Ehemann und Kindesvater für den Fall der Scheidung von Unterhaltsansprüchen des erwarteten Kindes teilweise freizustellen, hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Kammerbeschluß vom 29. März 2001 (aaO) diese Rechtsprechung fortgeführt und eine oberlandesgerichtliche Entscheidung beanstandet, die der Ehefrau nur den notwendigen Betreuungsunterhalt zuerkannt, ihre weitergehenden Anträge auf Unterhalt, Zugewinn- und Versorgungsausgleich aber zurückgewiesen hatte. Die Ehegatten hatten vor der Eheschließung nachehelichen Unterhalt sowie Zugewinn- und Versorgungsausgleich vertraglich ausgeschlossen. Das Oberlandesgericht hätte - so das Bundesverfassungsgericht - die besondere Situation, in der sich die Ehefrau als Schwangere mit schon einem - noch dazu schwerbehinderten - Kind (aus einer anderen Verbindung) bei Vertragsschluß befunden habe und die allein schon ein deutliches Indiz für ihre Unterlegenheit als Vertragspartnerin gewesen sei, zum Anlaß nehmen müssen, den gesamten Vertragsinhalt einer Kontrolle zu unterziehen; dabei hätte es der Frage nachgehen müssen, ob der Ehevertrag die Ehefrau - zumal in ihrer familiären und wirtschaftlich beengten Situation - einseitig und unangemessen belaste.
26 3. Die Frage, welche Konsequenzen sich aus diesen Entscheidungen für die Beurteilung von Eheverträgen allgemein - also auch in Fällen, in denen die Ehefrau bei Vertragsabschluß nicht schwanger ist - ergeben, wird in der Literatur wie auch in der Fachöffentlichkeit unterschiedlich beantwortet.
27 a) Differenzen bestehen bereits bei der Beurteilung, wann - allgemein - von einer einseitigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall gesprochen werden kann.
28 So soll nach einer Auffassung eine solche einseitige Lastenverteilung jedenfalls dann vorliegen, wenn der "Kernbereich des gesetzlichen Scheidungsfolgensystems" berührt sei. Dazu sollen zumindest diejenigen Regelungen des nachehelichen Unterhalts zählen, die an eine ehebedingte Bedürftigkeit anknüpfen, möglicherweise auch der Versorgungsausgleich, nicht dagegen ohne weiteres auch der Zugewinnausgleich (Dauner-Lieb AcP 200 (2001) 295, 319 f.).
29 Nach einer weiteren Auffassung erfordere das Eheverständnis des BGB keine bestimmte Zuordnung oder Teilhabe auf der Vermögensebene. Auch die eheliche Solidarität verlange keine gegenseitige Vermögensbeteiligung, da diese nicht an Bedarfslagen anknüpfe und somit keine unterhaltsrechtliche Funktion erfüllen solle. Bedenken bestünden jedoch, sobald die Vereinbarung der Gütertrennung mit weiteren Abreden verbunden werde, welche die Versorgungslage gerade desjenigen Ehegatten gefährdeten, der nach geplanter oder gelebter Gestaltung der Verhältnisse "ehebedingt" einer sozialen Sicherstellung besonders bedürfe. Auch ohne eine derartige Kumulierung könne eine güterrechtliche Vereinbarung bedenklich sein, wenn mit ihr nicht nur die künftige Vermögenszuordnung geregelt, sondern auf schon begründete Rechtspositionen verzichtet werde. Der Versorgungsausgleich stehe, obwohl auch er nicht auf Bedarfslagen rekurriere, dem Unterhalt näher als dem Zugewinnausgleich; gleichwohl sei anzunehmen, daß er innerhalb der - hier engeren - gesetzlichen Grenzen der ehevertraglichen Gestaltungsfreiheit unterliege (Schwab DNotZ 2001, 9, 15 ff.).
30 Nach einer dritten Meinung soll die Verantwortung der Ehegatten füreinander (§ 1353 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BGB) zwingendes Recht sein, das zwar dem Selbstverständnis der Beteiligten, nicht aber ehevertraglicher Gestaltung offenstehe (Goebel FamRZ 2003, 1513, 1516).