BGH, Urteil vom 11.02.2004 – XII ZR 265/02, Rn. 46 = BGHZ 158, 81, = FamRZ 2004, 601.

Fußnote 11.
Inhaltskontrolle von Eheverträgen
Leitsatz

Zur Inhaltskontrolle von Eheverträgen.

Orientierungssatz
Zitierungen: Ergänzung BGH, 24. April 1985, IVb ZR 17/84, FamRZ 1985, 787 und BGH, 28. November 1990, XII ZR 16/90, FamRZ 1991, 303; vergleiche BVerfG, 6. Februar, 1 BvR 12/92, NJW 2001, 957 und BVerfG, 29. März 2001, 1 BvR 1766/92, NJW 2001, 2248.

Tenor
Auf die Revision des Antragstellers wird das Urteil des 4. Zivilsenats - zugleich Familien- senat - des Oberlandesgerichts München, Zivilsenate in Augsburg, vom 1. Oktober 2002 hinsichtlich der Nummern I. 2. und II. des Entscheidungssatzes insgesamt und hinsicht- lich der Nummer I. 1. des Entscheidungssatzes insoweit aufgehoben, als der Antragstel- ler zu Unterhaltszahlungen von mehr als 1.278,23 € monatlich verurteilt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Oberlandesgericht zurückverwie- sen.
Wert: 235.365 €.

Von Rechts wegen

Tatbestand
1.     1  Die rechtskräftig geschiedenen Parteien streiten über nachehelichen Unterhalt und Aus- gleich des Zugewinns.

2.     2  Der 1948 geborene Antragsteller und die 1955 geborene Antragsgegnerin haben am 22. November 1985 miteinander die Ehe geschlossen, aus der die am 24. März 1986 und am 21. Mai 1989 geborenen Kinder M. und V. hervorgegangen sind.

3.     3  Der Antragsteller ist seit 1985 als Unternehmensberater tätig. Die Antragsgegnerin, die in den Fächern alte Geschichte, Kunstgeschichte und Germanistik das Magisterexamen bestanden hat, leitete 1984 und 1985 archäologische Ausgrabungen, gab diese Tätigkeit aber wegen ihrer Schwangerschaft auf. Ihre Absicht, den Doktorgrad zu erwerben, ver- folgte sie auf Wunsch ihres Mannes nicht weiter; sie widmete sich dem Haushalt und der Erziehung der Kinder.

4.     4  Am 17. Februar 1988 schlossen die Parteien einen notariellen Ehevertrag. Darin verzich- teten sie "für den Fall der Scheidung ... gegenseitig auf jegliche ... nacheheliche Unter- haltsansprüche, mit Ausnahme des Unterhaltsanspruchs der Ehefrau wegen Kindesbe- treuung". Außerdem vereinbarten sie für die Zukunft Gütertrennung. Sie erklärten, daß ein Zugewinn bisher nicht entstanden sei; vorsorglich verzichteten sie wechselseitig auf etwaige bisher entstandene Zugewinnausgleichsansprüche. Den Versorgungsausgleich schlossen sie aus. Den Verzicht der Antragsgegnerin stellten sie dabei unter die Bedin- gung, daß der Antragsteller spätestens ab Juni 1988 für die Antragsgegnerin eine priva- te Kapitallebensversicherung mit einer Versicherungssumme in Höhe von 80.000 DM auf den Zeitpunkt der Vollendung ihres sechzigsten Lebensjahres mit Rentenwahlrecht ab- schließen und die Beiträge hierauf während des Bestehens der Ehe laufend zahlen sollte. Im Falle der Scheidung sollte er ihr den dreifachen Jahresbeitrag zu dieser Versicherung in einer Summe als Abfindung bezahlen. Weitere Zahlungen sollte er dann nicht mehr schulden.

5.     5  Am 27. April 1988 wurde für die Antragsgegnerin bei der P.L. eine Kapitallebensversiche- rung über 80.000 DM abgeschlossen, auf die der Antragsteller in der Folge Zahlungen leistete. Am 13. November 2001, in der Scheidungsverhandlung vor dem Amtsgericht,
verpflichtete er sich in Abweichung vom ursprünglichen Vertrag, die Raten fortlaufend bis zum Ablauf der Versicherung am 1. Mai 2015 zu zahlen.

6  Der Antragsteller erzielte nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts "in den letz- ten Jahren" ein monatliches Einkommen von durchschnittlich 27.000 DM netto aus ab- hängiger und selbständiger Arbeit. Die Antragsgegnerin betreibt seit 1994 an ihrem Wohnort einen "alternativen" Spielwarenladen, zuletzt zusammen mit einer Postagentur. Ihr monatliches Einkommen aus dieser Tätigkeit beläuft sich - nach ihren Angaben - auf 1.084 DM vor Steuern. Die Parteien bewohnten ein Haus in A. mit einer Wohnfläche von 200 m2 auf einem Grundstück von ca. 1.200 bis 1.300 m2, das die Parteien vom Bruder des Antragstellers für eine monatliche Gesamtmiete von 2.548 DM gemietet hatten. Die Antragsgegnerin erhielt vom Antragsteller ein monatliches Wirtschaftsgeld von 2.692 DM sowie einen Ausgleich für ihre Mitarbeit in seinem häuslichen Büro von monatlich 500 DM. Im übrigen war der Zuschnitt der ehelichen Lebensverhältnisse, was Kleidung, Ein- richtung und sonstige Ausstattung anbelangt, nach den Feststellungen des Oberlandes- gerichts bescheiden.

7  Die Parteien leben seit Februar 1999 dauernd getrennt. Die Kinder haben nach dem übereinstimmenden Willen der Parteien ihren gewöhnlichen Aufenthalt bei der Antrags- gegnerin; der Antragsteller zahlt für sie Unterhalt nach der höchsten Stufe der Düssel- dorfer Tabelle.

8  Das Amtsgericht hat mit Verbundurteil die Ehe der Parteien geschieden und festgestellt, daß ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet. Außerdem hat es den Antragsteller ver- urteilt, an die Antragsgegnerin 3.671 DM Elementarunterhalt und 1.081 DM Altersvorsor- geunterhalt zu zahlen; die auf weitergehenden Unterhalt sowie die im Rahmen einer Stu- fenklage auf Auskunft und Zahlung eines Zugewinnausgleichs gerichteten Anträge der Antragsgegnerin hat es abgewiesen. Hinsichtlich des Ausspruchs über die Scheidung und über den Versorgungsausgleich ist das Urteil des Amtsgerichts seit dem 13. April 2002 rechtskräftig.

9  Auf die Berufung der Antragsgegnerin hat das Oberlandesgericht den Antragsteller ver- urteilt, an die Antragsgegnerin monatlich im voraus Elementarunterhalt in Höhe von 2.897 € sowie Vorsorgeunterhalt in Höhe von 952 € zu zahlen; im übrigen hat es ihre Berufung hinsichtlich des Unterhaltsbegehrens zurückgewiesen. Ebenso hat es die An- schlußberufung des Antragstellers, mit der er sich gegen die 2.500 DM (= 1.278,23 €) monatlich übersteigende Verurteilung zur Unterhaltszahlung wehrte, zurückgewiesen. Hinsichtlich des Zugewinnausgleichs hat es ihn verurteilt, über sein Endvermögen Aus- kunft zu erteilen, und die Sache im übrigen an das Amtsgericht zurückverwiesen. Mit der zugelassenen Revision wendet sich der Antragsteller gegen das Berufungsurteil, soweit es ihn beschwert.

Entscheidungsgründe

10  Das Rechtsmittel führt zur teilweisen Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zu- rückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.

I.

11  Nach Auffassung des Oberlandesgerichts, dessen Entscheidung in FamRZ 2003, 35 (m.Anm. Bergschneider 39) veröffentlicht ist, steht der Klägerin neben dem Betreuungs- unterhalt ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt sowie auf Auskunftserteilung zum Zwecke des Zugewinnausgleichs zu. Der notarielle Vertrag der Parteien vom 17. Februar 1988 schließe diese Ansprüche nicht aus, da er - gemessen an den vom Bundesverfas- sungsgericht in seinen Entscheidungen vom 6. Februar 2001 (FamRZ 2001, 343 m.Anm. Schwab 349) und vom 29. März 2001 (FamRZ 2001, 985) genannten Maßstäben - für un- wirksam zu erachten sei.

12  Nach diesem Vertrag hätten die Parteien zwar gegenseitig auf jegliche nachehelichen Unterhaltsansprüche mit Ausnahme des Unterhaltsanspruchs der Ehefrau wegen Kin- desbetreuung verzichtet. Damit habe der Antragsteller jedoch praktisch kein Recht auf- gegeben, da man nicht davon habe ausgehen können, daß er bei einem Vermögen von über einer Million DM und hohen monatlichen Einkünften im Falle der Scheidung unter- haltsbedürftig würde. Die Antragsgegnerin, die demgegenüber über kein Vermögen und - abgesehen von den aus der Bürotätigkeit für den Antragsteller erzielten 500 DM - über kein Einkommen verfügt habe, sei wirtschaftlich völlig vom Antragsteller abhängig ge- wesen. Gemäß seinem Wunsch habe sie sich der Haushaltsführung gewidmet. Wegen der Betreuung der damals noch nicht ganz zweijährigen Tochter M. und der am 21. Mai 1989 geborenen Tochter V. habe sie praktisch auf Jahre hinaus keine Aussicht gehabt, durch eine Erwerbstätigkeit ihren Unterhalt sicherzustellen. Insgesamt sei die Antrags- gegnerin somit durch den weitgehenden Unterhaltsverzicht unangemessen benachtei- ligt worden, weil ihr - gegenüber dem finanziellen Beitrag des Antragstellers zu den ehe- lichen Lebensverhältnissen gleichwertiger - Beitrag in Form von Haushaltsführung und Kindesbetreuung für den Fall der Scheidung unberücksichtigt geblieben sei. Ihr sei nicht nur ohne sachlichen Grund die Teilhabe an den ehelichen Lebensverhältnissen genom- men worden, die durch den - bei dem monatlichen Nettoeinkommen des Antragstellers von 27.000 DM besonders werthaltigen - Aufstockungsunterhalt gewährleistet werden soll. Ihr sei vielmehr auch das alleinige Risiko aufgebürdet worden, im Alter, bei Krank- heit oder bei Arbeitslosigkeit ohne hinreichende Einkünfte auszukommen.

13  Der Ausschluß jeder Unterhaltsberechtigung für diese Fälle sei auch mit dem Wohl der gemeinsamen Kinder nicht vereinbar. Auch wenn der Antragsteller an die Kinder Un- terhalt nach der höchsten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle leiste, bestehe doch die Gefahr, daß die Antragsgegnerin im Falle ihrer Invalidität unter Verhältnissen leben müsse, welche die Entwicklungsmöglichkeit der Kinder weit mehr einschränkten als es den gemeinsamen wirtschaftlichen Verhältnissen entspreche. Die ungenügende Absicherung der Antragsgegnerin für den Fall der Invalidität beruhe insbesondere dar- auf, daß sie mit ihrem Verzicht auf den Versorgungsausgleich nicht nur mögliche Anwart- schaften auf eine Altersrente, sondern auch auf eine Invaliditätsversorgung verloren ha- be. Dieser Nachteil werde durch die vereinbarte Kapitallebensversicherung bei weitem nicht ausgeglichen, zumal bei Durchführung des Versorgungsausgleichs auf die Antrags- gegnerin Rentenanwartschaften in Höhe von 590,94 DM übertragen worden wären. Zur Begründung solcher Rentenanwartschaften im Wege des Einmalbeitrags wäre, bezogen auf den 31. März 2000, ein Betrag von 128.748,74 DM erforderlich gewesen, mithin weit mehr als die für die Antragsgegnerin vereinbarte Versicherungssumme von 80.000 DM. Auch hierin liege eine unangemessene Benachteiligung der Antragsgegnerin, welche den vereinbarten Ausschluß des Versorgungsausgleichs als unwirksam erscheinen lasse, auch wenn die Entscheidung des Amtsgerichts, keinen Versorgungsausgleich durchzu- führen, nicht angefochten sei.

14  Auch der vereinbarte Ausschluß des Zugewinnausgleichs sei unwirksam, weil der Antrag- steller seine dominierende Situation als Inhaber eines Vermögens und Bezieher eines weit überdurchschnittlichen Einkommens gegenüber der vermögens- und praktisch ein- kommenslosen Antragsgegnerin zu deren Nachteil ausgenutzt habe. Der Antragsteller habe sich nicht auf die Sicherung seines ererbten Vermögens beschränkt, was angeblich sein Motiv für den Abschluß des Ehevertrags gewesen sei. Er habe vielmehr die Antrags- gegnerin, auf deren Seite kein Zugewinn zu erwarten gewesen sei, von der Teilhabe an dem gemeinsam Erwirtschafteten ausgeschlossen. Dadurch sei die Antragsgegnerin ins- besondere in ihrer Altersversorgung betroffen worden, da hierfür bei gut verdienenden Personen wie dem Antragsteller erfahrungsgemäß auch mit Hilfe des Vermögens Vorsorge getroffen werde.

15  Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. II.

16  Das Gesetz gibt Ehegatten die Möglichkeit, durch während oder vorsorglich schon vor der Ehe getroffene Vereinbarungen für den Fall einer späteren Scheidung den nachehe- lichen Unterhalt oder sonstige versorgungs- und güterrechtliche Angelegenheiten ver- bindlich zu regeln (§ 1408 Abs. 1 und 2, § 1585 c BGB).

17  1. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats bestand für derartige Vereinbarun- gen grundsätzlich volle Vertragsfreiheit. Eine besondere Inhaltskontrolle, ob die Rege- lung angemessen sei, fand - abgesehen von Vereinbarungen nach § 1587 o BGB - nicht statt (Senatsbeschluß vom 2. Oktober 1996 - XII ZB 1/94 - FamRZ 1997, 156, 157; vgl. auch Senatsurteil vom 28. November 1990 - XII ZR 16/90 - FamRZ 1991, 306). Der Ver- zicht auf nachehelichen Unterhalt berühre nicht einen Kernbereich der Ehe (Senatsur- teil vom 24. April 1985 - IVb ZR 22/84 - FamRZ 1985, 788). Auch werde das Wesen der Ehe nicht dadurch mitbestimmt, daß eine "wirtschaftliche Lebensgemeinschaft" entstehe oder daß die Ehegatten bei Auflösung der Ehe an den während ihres Bestehens eingetre- tenen vermögensrechtlichen Veränderungen beteiligt würden (Senatsurteil vom 24. April 1985 aaO 789).

18  Schranken der Gültigkeit einer solchen Vereinbarung ergäben sich allein aus den §§ 134, 138 BGB. Ob eine Vereinbarung im Einzelfall gegen die guten Sitten verstoße, hänge von ihrem aus Inhalt, Beweggründen und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter ab, wo- bei sich aus dem zeitlichen Abstand zu einer nicht beabsichtigten, sondern nur für denk- bar gehaltenen Scheidung zusätzliche Gesichtspunkte ergeben könnten (Senatsurteile vom 24. April 1985 aaO und vom 28. November 1990 aaO 307). Es reiche für sich allein nicht aus, daß die Vereinbarung in dem Bestreben abgeschlossen worden sei, sich von sämtlichen nachteiligen Folgen einer Scheidung freizuzeichnen (Senatsurteil vom 28. No- vember 1990 aaO). Auch genüge nicht, daß sich die Regelung ausschließlich oder über- wiegend zu Lasten eines der beiden Ehegatten auswirken könne (Senatsbeschluß vom 2. Oktober 1996 aaO 157). Schließlich könne die Sittenwidrigkeit der Abrede auch nicht allein aus dem Umstand hergeleitet werden, daß die vertragschließende Frau von dem Mann schwanger gewesen und dieser die Eheschließung mit ihr von dem Abschluß die- ses Vertrags abhängig gemacht habe. Da der Mann, ungeachtet der Schwangerschaft der Frau, von einer Eheschließung hätte absehen und sich auf die rechtlichen Verpflich- tungen eines mit der Mutter nicht verheirateten Vaters zurückziehen können, könne von einer zu mißbilligenden Ausnutzung einer Zwangslage der Frau nicht ausgegangen wer- den (Senatsbeschlüsse vom 18. September 1996 - XII ZB 206/94 - FamRZ 1996, 1536, 1537 und vom 2. Oktober 1996 aaO 157 f.). Allerdings könne ein Unterhaltsverzicht dann den guten Sitten zuwiderlaufen und damit nichtig sein, wenn die Parteien ihre auf der Ehe beruhenden Familienlasten objektiv zum Nachteil der Sozialhilfe geregelt hätten (Se- natsurteile BGHZ 86, 82, 88, vom 24. April 1985 aaO 790 und vom 9. Juli 1992 - XII ZR 57/91 - FamRZ 1992, 1403). Dazu bedürfe es nicht unbedingt eines Bewußtseins der Par- teien, durch ihre Vereinbarung den Träger der Sozialhilfe zu schädigen; vielmehr könne es bereits genügen, daß sie sich einer solchen Erkenntnis grob fahrlässig verschlossen hätten (Senatsurteil vom 24. April 1985 aaO).

19  Auch sei dem auf Unterhalt in Anspruch genommenen geschiedenen Ehegatten die Be- rufung auf einen Unterhaltsverzicht des anderen Ehegatten unter Umständen nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt; dies könne namentlich dann der Fall sein, wenn die zur Zeit des Unterhaltsverzichts bestehenden Verhältnisse sich nachträglich so entwi- ckelt hätten, daß überwiegende schutzwürdige Interessen gemeinschaftlicher Kinder der Geltendmachung des Verzichts entgegenstünden (Senatsurteile vom 24. April 1985 - IVb ZR 17/84 - FamRZ 1985, 787 f. und vom 15. Oktober 1986 - IVb ZR 79/85 - Fam- RZ 1987, 46, 47), mögen die Parteien die dann später tatsächlich eingetretene Entwick- lung - nämlich die Scheidung bei fortbestehender Betreuungsbedürftigkeit der Kinder - auch bereits beim Abschluß des Unterhaltsverzichts bedacht haben (Senatsurteil vom 9. Juli 1992 aaO 1404). Die Dauer und Höhe der Unterhaltspflicht sei allerdings in einem solchen Fall insoweit beschränkt, als nicht das Kindeswohl ein Weiterbestehen des Un- terhaltsanspruchs gebiete (Senatsurteil vom 28. November 1990 aaO 307, vom 30. No- vember 1994 - XII ZR 226/93 - FamRZ 1995, 291, 292 und vom 16. April 1997 - XII ZR 293/95 - FamRZ 1997, 873, 874). Der Höhe nach stehe dem betreuenden Ehegatten der Unterhaltsanspruch nur insoweit zu, als er, um seinen Betreuungspflichten nachzukom- men, darauf zur Deckung seines notwendigen eigenen Lebensbedarfs angewiesen sei; nur wenn besondere Gründe des Kindeswohls dies geböten, sei dem betreuenden Ehe- gatten mehr als der notwendige Unterhalt zuzubilligen (Senatsurteile vom 9. Juli 1992 aaO 1405, vom 30. November 1994 aaO 291 f. und vom 16. April 1997 aaO 874 f.).

20  2. Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Februar 2001 (aaO) und vom 29. März 2001 (aaO) geben Anlaß, die dargestellte Rechtsprechung zu überprüfen.

21  a) Mit seinem Senatsbeschluß vom 6. Februar 2001 (aaO) hat das Bundesverfassungs- gericht an seine Rechtsprechung zur Inhaltskontrolle von Bürgschaftsverträgen (NJW 1994, 36) und zum entschädigungslosen Wettbewerbsverbot von Handelsvertretern (NJW 1990, 1469) angeknüpft und die dort entwickelten Grundsätze auf Eheverträge und Unterhaltsvereinbarungen übertragen:

22  Danach setze die durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete Privatautonomie voraus, daß die Voraussetzungen der Selbstbestimmung auch tatsächlich gegeben seien. Der im Ver- trag zum Ausdruck gebrachte übereinstimmende Wille der Vertragsparteien lasse zwar in der Regel auf einen durch den Vertrag hergestellten sachgerechten Interessenaus- gleich schließen, den der Staat grundsätzlich zu respektieren habe. Sei jedoch aufgrund einer einseitigen Aufbürdung von vertraglichen Lasten und einer erheblich ungleichen Verhandlungsposition der Vertragspartner ersichtlich, daß in einem Vertragsverhältnis ein Partner ein solches Gewicht habe, daß er den Vertragsinhalt faktisch einseitig be- stimmen könne, sei es Aufgabe des Rechts, auf die Wahrung der Grundrechtspositionen beider Vertragspartner hinzuwirken, um zu verhindern, daß sich für einen Vertragspart- ner die Selbstbestimmung in eine Fremdbestimmung verkehre.

23  Dies gelte auch für Eheverträge, mit denen Eheleute ihre höchstpersönlichen Beziehun- gen für die Zeit ihrer Ehe oder danach regelten. Art. 6 Abs. 1 GG gebe ihnen hierbei das Recht, ihre jeweilige Gemeinschaft nach innen in ehelicher und familiärer Verantwort- lichkeit und Rücksicht frei zu gestalten. Verfassungsrechtlich geschützt sei allerdings nur eine Ehe, in der Mann und Frau in gleichberechtigter Partnerschaft zueinander stün- den. Der Staat habe infolgedessen der Freiheit der Ehegatten, ihre ehelichen Beziehun- gen und wechselseitigen Rechte und Pflichten mit Hilfe von Verträgen zu gestalten, dort Grenzen zu setzen, wo der Vertrag nicht Ausdruck gleichberechtigter Lebenspartner- schaft sei, sondern eine auf ungleichen Verhandlungspositionen basierende einseitige Dominanz eines Ehepartners widerspiegele. Dies sei regelmäßig anzunehmen, wenn ei- ne nichtverheiratete schwangere Frau sich vor die Alternative gestellt sehe, in Zukunft entweder allein für das Kind Sorge zu tragen oder durch Eheschließung den Kindesva- ter in die Verantwortung einzubinden, wenn auch um den Preis eines mit ihm zu schlie- ßenden, sie aber stark belastenden Ehevertrags. Ob ein solcher Vertrag die Frau deutlich mehr belaste als den Mann, hänge wesentlich auch davon ab, welche familiäre Konstel- lation die Vertragspartner anstrebten und ihrem Vertrag zugrunde legten. Verzichteten Ehepartner etwa gegenseitig auf nacheheliche gesetzliche Unterhaltsansprüche, liege darin bei Ehen, in denen beide Partner einer etwa gleichwertigen Berufstätigkeit nach- gingen und sich Haus- und Familienarbeit teilten, keine ungleiche Belastung. Sehe die Lebensplanung der Partner jedoch vor, daß sich in der Ehe einer der beiden unter Aufga- be einer Berufstätigkeit im wesentlichen der Kinderbetreuung und Haushaltsführung wid- me, benachteilige der Verzicht auf den nachehelichen Unterhalt denjenigen, der sich der Betreuung des Kindes und der Arbeit im Hause gewidmet habe. Je mehr im Ehevertrag gesetzliche Rechte abbedungen oder zusätzliche Pflichten übernommen würden, desto mehr könne sich dieser Effekt einseitiger Benachteiligung verstärken.

24  Es sei Aufgabe der Gerichte, den Inhalt des Vertrags in Fällen gestörter Vertragsparität einer Kontrolle über die zivilrechtlichen Generalklauseln zu unterziehen und gegebenen- falls zur Wahrung beeinträchtigter Grundrechtspositionen eines Ehevertragspartners zu korrigieren. Die Eheschließungsfreiheit stehe einer solchen Inhaltskontrolle nicht entge- gen, denn sie rechtfertige nicht die Freiheit zu unbegrenzter Ehevertragsgestaltung und insbesondere nicht eine einseitige ehevertragliche Lastenverteilung. Dementsprechend sei ein Teil des Eherechts herkömmlich zwingendes Recht.

25  b) Während die vorgenannte Senatsentscheidung unmittelbar nur die Wirksamkeit ei- ner vor der Eheschließung getroffenen ehevertraglichen Vereinbarung betraf, in der sich eine Schwangere u.a. verpflichtet hatte, den Ehemann und Kindesvater für den Fall der Scheidung von Unterhaltsansprüchen des erwarteten Kindes teilweise freizustellen, hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Kammerbeschluß vom 29. März 2001 (aaO) diese Rechtsprechung fortgeführt und eine oberlandesgerichtliche Entscheidung bean- standet, die der Ehefrau nur den notwendigen Betreuungsunterhalt zuerkannt, ihre wei- tergehenden Anträge auf Unterhalt, Zugewinn- und Versorgungsausgleich aber zurück- gewiesen hatte. Die Ehegatten hatten vor der Eheschließung nachehelichen Unterhalt sowie Zugewinn- und Versorgungsausgleich vertraglich ausgeschlossen. Das Oberlan- desgericht hätte - so das Bundesverfassungsgericht - die besondere Situation, in der sich die Ehefrau als Schwangere mit schon einem - noch dazu schwerbehinderten - Kind (aus einer anderen Verbindung) bei Vertragsschluß befunden habe und die allein schon ein deutliches Indiz für ihre Unterlegenheit als Vertragspartnerin gewesen sei, zum Anlaß nehmen müssen, den gesamten Vertragsinhalt einer Kontrolle zu unterziehen; dabei hät- te es der Frage nachgehen müssen, ob der Ehevertrag die Ehefrau - zumal in ihrer fami- liären und wirtschaftlich beengten Situation - einseitig und unangemessen belaste.
26  3. Die Frage, welche Konsequenzen sich aus diesen Entscheidungen für die Beurteilung von Eheverträgen allgemein - also auch in Fällen, in denen die Ehefrau bei Vertragsab- schluß nicht schwanger ist - ergeben, wird in der Literatur wie auch in der Fachöffentlichkeit unterschiedlich beantwortet.

27  a) Differenzen bestehen bereits bei der Beurteilung, wann - allgemein - von einer einsei- tigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall gesprochen werden kann.

28  So soll nach einer Auffassung eine solche einseitige Lastenverteilung jedenfalls dann vorliegen, wenn der "Kernbereich des gesetzlichen Scheidungsfolgensystems" berührt sei. Dazu sollen zumindest diejenigen Regelungen des nachehelichen Unterhalts zählen, die an eine ehebedingte Bedürftigkeit anknüpfen, möglicherweise auch der Versorgungs- ausgleich, nicht dagegen ohne weiteres auch der Zugewinnausgleich (Dauner-Lieb AcP 200 (2001) 295, 319 f.).

29  Nach einer weiteren Auffassung erfordere das Eheverständnis des BGB keine bestimm- te Zuordnung oder Teilhabe auf der Vermögensebene. Auch die eheliche Solidarität ver- lange keine gegenseitige Vermögensbeteiligung, da diese nicht an Bedarfslagen anknüp- fe und somit keine unterhaltsrechtliche Funktion erfüllen solle. Bedenken bestünden je- doch, sobald die Vereinbarung der Gütertrennung mit weiteren Abreden verbunden wer- de, welche die Versorgungslage gerade desjenigen Ehegatten gefährdeten, der nach ge- planter oder gelebter Gestaltung der Verhältnisse "ehebedingt" einer sozialen Sicherstel- lung besonders bedürfe. Auch ohne eine derartige Kumulierung könne eine güterrechtli- che Vereinbarung bedenklich sein, wenn mit ihr nicht nur die künftige Vermögenszuord- nung geregelt, sondern auf schon begründete Rechtspositionen verzichtet werde. Der Versorgungsausgleich stehe, obwohl auch er nicht auf Bedarfslagen rekurriere, dem Un- terhalt näher als dem Zugewinnausgleich; gleichwohl sei anzunehmen, daß er innerhalb der - hier engeren - gesetzlichen Grenzen der ehevertraglichen Gestaltungsfreiheit un- terliege (Schwab DNotZ 2001, 9, 15 ff.).

30  Nach einer dritten Meinung soll die Verantwortung der Ehegatten füreinander (§ 1353 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BGB) zwingendes Recht sein, das zwar dem Selbstverständnis der Beteiligten, nicht aber ehevertraglicher Gestaltung offenstehe (Goebel FamRZ 2003, 1513, 1516).

31  Auf dem Deutschen Familiengerichtstag 2003 hat der Arbeitskreis "Unterhaltsvereinba- rungen" zwar einen Unterhaltsverzicht grundsätzlich für zulässig erachtet, nicht aber ei- nen vollen Verzicht auf den Betreuungsunterhalt. Nach dem Votum des Arbeitskreises "Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich" soll ein "Globalverzicht" auf Unterhalt, Zugewinn- und Versorgungsausgleich zwar grundsätzlich möglich, aber nur dann unpro- blematisch sein, wenn eine hinreichende Absicherung der Alters- und Invaliditätsrisiken bestehe.

32  b) Unterschiedlich wird auch die Bedeutung eingeschätzt, die einem zwischen den Ver- tragspartnern bestehenden Ungleichgewicht zukommen soll. Zum Teil wird gefolgert, daß eine Unterlegenheit der durch einen Ehevertrag benachteiligten Ehefrau jedenfalls dann zu verneinen sei, wenn diese durch einen Notar über den Inhalt des Vertrags be- lehrt worden sei und diesen ohne Zeitdruck abgeschlossen habe (Langenfeld DNotZ 2001, 272, 279). Nach anderer Auffassung soll bei besonders ausgeprägter objektiver Benachteiligung eines Ehegatten durch den Ehevertrag eine tatsächliche Vermutung für die Situation der Unterlegenheit dieses Ehegatten sprechen (Schwab DNotZ aaO 15; ähnlich auch der Arbeitskreis "Vereinbarungen zum Versorgungsausgleich" des Deut- schen Familiengerichtstags 2003: "widerlegbare Vermutung"). Von dritter Seite wird empfohlen, "sich von der verkrampften Suche nach Ungleichgewichtslagen zu lösen" und die Ehevertragsfreiheit ganz generell im Hinblick auf eine potentielle Einverdienerehe für den Kernbereich des Scheidungsfolgensystems "teleologisch zu reduzieren" (Dauner- Lieb AcP aaO 323; ihr folgend auch Goebel aaO 1518).

33  c) Ausdrücklich offengelassen hat das Bundesverfassungsgericht die Frage, mit wel- chen Instrumentarien die Fachgerichte die ihnen aufgegebene Inhaltskontrolle umset- zen sollen. Hierzu wird in der Literatur eine Sanktionierung erwogen, die zwischen § 138 Abs. 1 und § 242 BGB nach dem Ausmaß der Benachteiligung differenziert (Schwab Fam- RZ 2001, 349, 350; ders. DNotZ aaO 17 f.; Bergschneider FamRZ 2001, 1338, 1340; in diese Richtung auch die obengenannten Arbeitskreise des Deutschen Familiengerichts- tags 2003). Dabei werden die engen Grenzen betont, die dem Korrektiv des § 138 BGB gezogen seien; zugleich wird auf die mangelnde strukturelle Eignung einer Wirksam- keitskontrolle hingewiesen, die auf vorformulierte, allgemeine Regelungen zugeschnit- ten sei (Dauner-Lieb aaO 328). § 138 BGB würde mit seiner Nichtigkeitsfolge auch dem Gebot des geringstmöglichen Eingriffs in die Ehevertragsfreiheit nicht gerecht (Goebel aaO 1519). Soweit die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (etwa Berg- schneider FamRZ 2003, 376, 378) und der ergänzenden Vertragsauslegung in Betracht gezogen werden, besteht Einigkeit, daß diese Instrumente - unbeschadet ihrer Abgren- zung im einzelnen - versagen, wenn die Vertragsparteien die später eingetretene Ent- wicklung auch nur für möglich gehalten und dennoch eine bewußt abschließende Rege- lung getroffen hätten; genau dies werde aber bei ehevertraglich vereinbarten Verzich- ten vielfach der Fall sein (Dauner-Lieb aaO 326 f.). Empfohlen wird deshalb vielfach ei- ne Ausübungskontrolle, die der Bundesgerichtshof schon bisher - wie dargelegt - unter Berufung auf § 242 BGB zur Abmilderung der harten Konsequenzen einer grundsätzlich "vollen Ehevertragsfreiheit" genutzt hat (Goebel aaO 1519 f., Grziwotz FF 2001, 41, 44; Schervier MittBayNot 2001, 213, 214). Dabei wird jedoch zum Teil eine Ausdehnung des Instituts der Ausübungskontrolle gefordert: So solle sich die Ausübungskontrolle auch auf Fallkonstellationen erstrecken, in denen ein Ehevertrag keine Belastung Dritter - et- wa gemeinsamer Kinder - bewirke, sondern nur einen der Ehegatten selbst einseitig und unangemessen benachteilige. Außerdem solle die Ausübungskontrolle auch Benachteili- gungen eines Ehegatten erfassen, die sich aufgrund von Umständen verwirklichten, die bei Vertragsschluß bereits absehbar gewesen seien und - weil vom ursprünglichen Par- teiwillen gedeckt - die Berufung auf die vertragliche Abrede nach bisherigem Verständnis nicht ohne weiteres als rechtsmißbräuchlich erscheinen ließen (Dauner-Lieb aaO 328 f.).

III.

34  Nach Auffassung des Senats läßt sich nicht allgemein und für alle denkbaren Fälle ab- schließend beantworten, unter welchen Voraussetzungen eine Vereinbarung, durch wel- che Ehegatten ihre unterhaltsrechtlichen Verhältnisse oder ihre Vermögensangelegen- heiten für den Scheidungsfall abweichend von den gesetzlichen Vorschriften regeln, un- wirksam ist (§ 138 BGB) oder die Berufung auf alle oder einzelne vertragliche Regelun- gen unzulässig macht (§ 242 BGB). Erforderlich ist vielmehr eine Gesamtschau der ge- troffenen Vereinbarungen, der Gründe und Umstände ihres Zustandekommens sowie der beabsichtigten und verwirklichten Gestaltung des ehelichen Lebens. Dabei ist von fol- genden Grundsätzen auszugehen:

35  1. Die gesetzlichen Regelungen über nachehelichen Unterhalt, Zugewinn und Versor- gungsausgleich unterliegen grundsätzlich der vertraglichen Disposition der Ehegatten; einen unverzichtbaren Mindestgehalt an Scheidungsfolgen zugunsten des berechtigten Ehegatten kennt das geltende Recht nicht.

36  a) Zwar hat der Gesetzgeber dem in § 1569 BGB verankerten Grundsatz der nachehelichen unterhaltsrechtlichen Eigenverantwortung eines jeden Ehegatten ein nahezu lü- ckenloses System von Unterhaltsansprüchen gegenübergestellt, die den Schutz des so- zial schwächeren Ehegatten nach der Scheidung sichern und insbesondere ehebeding- te Nachteile ausgleichen sollen, die er um der Ehe oder der Kindererziehung willen in sei- nem eigenen beruflichen Fortkommen und dem Aufbau einer entsprechenden Altersver- sorgung erlitten hat. Andererseits hat er in den §§ 1353, 1356 BGB das - grundgesetz- lich geschützte, vgl. Art. 6 GG - Recht der Ehegatten verbürgt, ihre eheliche Lebensge- meinschaft eigenverantwortlich und frei von gesetzlichen Vorgaben entsprechend ihren individuellen Vorstellungen und Bedürfnissen zu gestalten. Die auf die Scheidungsfol- gen bezogene Vertragsfreiheit ist insoweit eine notwendige Ergänzung dieses verbürg- ten Rechts und entspringt dem legitimen Bedürfnis, Abweichungen von den gesetzlich geregelten Scheidungsfolgen zu vereinbaren, die zu dem individuellen Ehebild der Ehe- gatten besser passen. So können etwa Lebensrisiken eines Partners, wie sie z.B. in einer bereits vor der Ehe zutage getretenen Krankheit oder in einer Ausbildung angelegt sind, die offenkundig keine Erwerbsgrundlage verspricht, von vornherein aus der gemeinsa- men Verantwortung der Ehegatten füreinander herausgenommen werden. Auch der Ge- danke der nicht allein auf die Ehezeit beschränkten ehelichen Solidarität - und zwar auch in der bloß programmatischen und in seinen Konturen unscharfen Ausformung des 1998 mit dem Eheschließungsrecht eingeführten § 1353 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BGB, der ei-
ne gegenseitige Verantwortung der Ehegatten füreinander vorgibt (vgl. dazu Wagenitz, Festschrift für Rolland 1999, 379, 381 f.) - ist weder dazu bestimmt noch geeignet, un- terhaltsrechtliche Pflichten, in denen sich die nacheheliche Solidarität konkretisiert, als zwingendes, der Disposition der Parteien entzogenes Recht zu statuieren (so aber wohl Goebel aaO S. 1516). § 1585 c BGB enthält dementsprechend auch keine Einschränkung in Richtung eines unverzichtbaren Mindestgehalts an Rechten.

37  b) Der Zugewinnausgleich ist weniger Ausfluß nachehelicher Solidarität als Ausdruck einer Teilhabegerechtigkeit, die zwar im Einzelfall ehebedingte Nachteile ausgleichen kann, in ihrer Typisierung aber weit über dieses Ziel hinausgreift und nicht zuletzt des- halb von § 1408 Abs. 1 BGB der Disposition der Ehegatten unterstellt ist. Das Bundes- verfassungsgericht hat zwar in anderem Zusammenhang verdeutlicht, daß Leistungen, die Ehegatten im gemeinsamen Unterhaltsverband für die eheliche Gemeinschaft erbrin- gen, unabhängig von ihrer ökonomischen Bewertung gleichgewichtig sind und daß des- halb beide Ehegatten grundsätzlich auch Anspruch auf gleiche Teilhabe am gemeinsam Erwirtschafteten haben (BVerfG FamRZ 2002, 527, 529). Diese fiktive Gleichgewichtung schließt jedoch die Möglichkeit der Ehegatten, ihrer individuell vereinbarten Arbeitstei- lung oder einer evident unterschiedlichen ökonomischen Bewertung ihrer Beiträge in der Ehe durch eine vom Gesetz abweichende einvernehmliche Regelung angemessen Rech- nung zu tragen, nicht aus. Auch bleibt es ihnen unbenommen, im Einzelfall als unbillig empfundenen Ergebnissen des gesetzlichen Güterstandes - etwa im Hinblick auf Wert- steigerungen des Anfangsvermögens - durch die vom Gesetz eröffnete Wahl der Gütertrennung zu begegnen.

38  c) Diese Überlegungen gelten - jedenfalls im Grundsatz - auch für den Versorgungsaus- gleich, der sich zwar seiner Zielrichtung nach als ein vorweggenommener Altersunter- halt verstehen läßt, andererseits aber dem Mechanismus des Zugewinnausgleichs nach- gebildet ist. § 1408 Abs. 2 BGB erlaubt deshalb ausdrücklich ehevertragliche Modifikatio- nen auch des Versorgungsausgleichs bis hin zu seinem gänzlichen Ausschluß, die aller- dings unwirksam werden, wenn ein Ehegatte binnen Jahresfrist die Scheidung beantragt. Auch im Zusammenhang mit einer beabsichtigten Scheidung können die Ehegatten ge- mäß § 1587 o BGB Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich treffen. Diese bedür- fen dann allerdings der familiengerichtlichen Genehmigung nach § 1587 o Abs. 2 BGB und erfordern eine richterliche Inhaltskontrolle, die auch die Unterhaltsregelung und die Vermögensauseinandersetzung berücksichtigen und auf einen nach Art und Höhe angemessenen Ausgleich unter den Ehegatten Bedacht nehmen muß.

39  2. Die grundsätzliche Disponibilität der Scheidungsfolgen darf indes nicht dazu führen, daß der Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen durch vertragliche Vereinbarungen beliebig unterlaufen werden kann. Das wäre der Fall, wenn dadurch eine evident einseiti- ge und durch die individuelle Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerecht- fertigte Lastenverteilung entstünde, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten - bei angemessener Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten und seines Ver- trauens in die Geltung der getroffenen Abrede - bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar erscheint. Die Belastungen des einen Ehegatten werden dabei um so schwerer wiegen und die Belange des anderen Ehegatten um so genauerer Prüfung bedürfen, je unmittelbarer die vertragliche Abbedingung gesetzlicher Regelungen in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts eingreift.

40  a) Zu diesem Kernbereich gehört in erster Linie der Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB), der schon im Hinblick auf seine Ausrichtung am Kindesinteresse nicht der freien Disposi- tion der Ehegatten unterliegt. Freilich ist auch er nicht jeglicher Modifikation entzogen. So lassen sich immerhin Fälle denken, in denen die Art des Berufs es der Mutter erlaubt, Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit miteinander zu vereinbaren, ohne daß das Kind Erziehungseinbußen erleidet. Auch erscheint eine ganztägige Betreuung durch die Mut- ter nicht als unabdingbare Voraussetzung für einen guten Erziehungserfolg, so daß sich Ehegatten auch darüber verständigen könnten, ab einem bestimmten Kindesalter Drit- te zur Betreuung heranzuziehen, um einen möglichst frühen Wiedereintritt der Mutter in das Berufsleben zu ermöglichen.

41  Bei der Ausrichtung am Kernbereich der Scheidungsfolgen wird man im übrigen für de- ren Disponibilität eine Rangabstufung vornehmen können, die sich in erster Linie danach bemißt, welche Bedeutung die einzelnen Scheidungsfolgenregelungen für den Berechtig- ten in seiner jeweiligen Lage haben. So ist die Absicherung des laufenden Unterhaltsbe- darfs für den Berechtigten in der Regel wichtiger als etwa der Zugewinn- oder der spä- tere Versorgungsausgleich. Innerhalb der Unterhaltstatbestände wird - nach dem Be- treuungsunterhalt (§ 1570 BGB) - dem Krankheitsunterhalt (§ 1572 BGB) und dem Un- terhalt wegen Alters (§ 1571 BGB) Vorrang zukommen. Zwar knüpfen diese beiden letz- teren Unterhaltstatbestände nicht an ehebedingte Nachteile an. Das bedeutet jedoch nicht, daß sie nicht zum Kernbereich der gesetzlichen Scheidungsfolgenregelung gehö- ren und der uneingeschränkten Disposition der Ehegatten unterstehen. Gerade indem das Gesetz sich hier mit einem bloß zeitlichen Zusammenhang mit der Ehe begnügt, mißt es diesen Einstandspflichten als Ausdruck nachehelicher Solidarität besondere Be- deutung bei - was freilich einen Verzicht nicht generell ausschließt, etwa wenn die Ehe erst nach Ausbruch der Krankheit oder im Alter geschlossen wird. Die Unterhaltspflicht wegen Erwerbslosigkeit (§ 1573 BGB) erscheint demgegenüber nachrangig, da das Ge- setz das Arbeitsplatzrisiko ohnehin auf den Berechtigten verlagert, sobald dieser einen nachhaltig gesicherten Arbeitsplatz gefunden hat (§ 1573 Abs. 4; vgl. auch § 1573 Abs. 5 BGB). Ihr folgen Krankenvorsorge- und Altersvorsorgeunterhalt (§ 1578 Abs. 2 1. Varian- te, Abs. 3 BGB). Am ehesten verzichtbar erscheinen Ansprüche auf Aufstockungs- und Ausbildungsunterhalt (§ 1573 Abs. 2, § 1575 BGB), da diese Unterhaltspflichten vom Gesetz am schwächsten ausgestaltet und nicht nur der Höhe (vgl. § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB), sondern auch dem Grunde nach zeitlich begrenzbar sind (§ 1573 Abs. 5, § 1575 Abs. 1 Satz 2 BGB).

42  b) Auf derselben Stufe wie der Altersunterhalt rangiert der Versorgungsausgleich. Als vorweggenommener Altersunterhalt steht er vertraglicher Disposition nur begrenzt of- fen. Vereinbarungen über ihn müssen deshalb nach denselben Kriterien geprüft werden wie ein vollständiger oder teilweiser Unterhaltsverzicht. Als Teilhabe an dem in der Ehe erworbenen Versorgungsvermögen ist der Versorgungsausgleich andererseits aber auch dem Zugewinnausgleich verwandt; das mag - jedenfalls bei deutlich gehobenen Versor- gungsverhältnissen - eine weitergehende Dispositionsbefugnis rechtfertigen.

43  c) Der Zugewinnausgleich erweist sich ehevertraglicher Disposition am weitesten zu- gänglich. Das Eheverständnis erfordert, worauf Schwab (aaO S. 16) mit Recht hingewie- sen hat, keine bestimmte Zuordnung des Vermögenserwerbs in der Ehe. Die eheliche Lebensgemeinschaft war und ist - auch als gleichberechtigte Partnerschaft von Mann und Frau - nicht notwendig auch eine Vermögensgemeinschaft. Auch die vom Bundes- verfassungsgericht (FamRZ 2002 aaO S. 529) - für das Recht des nachehelichen Unter- halts - betonte Gleichgewichtigkeit von Erwerbstätigkeit und Familienarbeit hat keine be- stimmte Strukturierung der ehelichen Vermögenssphäre zur Folge. Wie § 1360 Satz 2 BGB (vgl. auch § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB) verdeutlicht, sind nicht etwa das Erwerbsein- kommen des einen und die Haushaltsführung des anderen Ehegatten einander gleich- wertig. Für die Erfüllung des Anspruchs auf Familienunterhalt gleiches Gewicht haben nur die Unterhaltsbeiträge, welche die Ehegatten aus ihrem Erwerbseinkommen oder als Familienarbeit erbringen (BVerfG FamRZ 2002 aaO; so auch Gernhuber/Coester-Waltjen Lehrbuch des Familienrechts 4. Aufl. § 34 I 5 S. 495, insbes. Fußn. 4). Zwar sieht der ge- setzliche Güterstand eine gleiche Teilhabe der Ehegatten am gemeinsam erwirtschafte- ten Vermögen vor. Dem liegt die typisierende Vorstellung zugrunde, daß die Ehegatten in ökonomisch gleichwertiger Weise zur Vermögensbildung beitragen. Diese - nur fikti- ve - Gleichwertigkeit hindert die Ehegatten jedoch nicht, durch Modifizierung oder Ab- wahl des Regelgüterstandes ihre interne Vermögensordnung einvernehmlich an die in- dividuellen Verhältnisse ihrer konkret beabsichtigten oder gelebten Eheform anzupas- sen und dabei auch eigene ökonomische Bewertungen an die Stelle der gesetzlichen Typisierung zu setzen. Schließlich fordert auch das Gebot ehelicher Solidarität keine wechselseitige Vermögensbeteiligung der Ehegatten: Deren Verantwortung füreinander (§ 1353 Abs. 1 Satz 2 2. Halbs. BGB) tritt bei konkreten und aktuellen Versorgungsbe- dürfnissen auf den Plan; ihr trägt - wie gezeigt - das geltende Unterhaltsrecht Rechnung. Das geltende Güterrecht knüpft demgegenüber nicht an Bedarfslagen an; die vom Re- gelgüterstand verfolgte Gewinnbeteiligung hat keine unterhaltsrechtlichen Funktionen (Schwab aaO). Zwar wird bei einer Gesamtschau die Versorgungslage des nicht- oder nicht voll erwerbstätigen Ehegatten im Einzelfall auch durch das Ehevermögensrecht mitbestimmt. Grob unbillige Versorgungsdefizite, die sich aus den für den Scheidungs- fall getroffenen Absprachen der Ehegatten ergeben, sind jedoch vorrangig im Unterhaltsrecht - weil bedarfsorientiert - und allenfalls hilfsweise durch Korrektur der von den Ehe- gatten gewählten Vermögensordnung zu kompensieren.

44  3. Ob aufgrund einer vom gesetzlichen Scheidungsfolgenrecht abweichenden Vereinba- rung eine evident einseitige Lastenverteilung entsteht, die hinzunehmen für den belas- teten Ehegatten unzumutbar erscheint, hat der Tatrichter zu prüfen. Diese Aufgabe wird nicht dadurch obsolet, daß der belastete Ehegatte durch einen Notar hinreichend über den Inhalt und die Konsequenzen des Vertrages belehrt wurde (a.A. Langenfeld aaO), zu- mal eine solche Überprüfung und Belehrung ohnehin nur bei Vereinbarungen in notari- eller Form stattfindet, wie sie von § 1408 Abs. 1 i.V. mit § 1410, § 1587 o Abs. 2 Satz 1 BGB vorgeschrieben wird, nicht dagegen bei Unterhaltsvereinbarungen, die - was § 1585 c BGB zuläßt - privatschriftlich oder formlos getroffen werden.

45  a) Der Tatrichter hat dabei zunächst - im Rahmen einer Wirksamkeitskontrolle - zu prü- fen, ob die Vereinbarung schon im Zeitpunkt ihres Zustandekommens offenkundig zu ei- ner derart einseitigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall führt, daß ihr - und zwar losgelöst von der künftigen Entwicklung der Ehegatten und ihrer Lebensverhältnisse - wegen Verstoßes gegen die guten Sitten die Anerkennung der Rechtsordnung ganz oder teilweise mit der Folge zu versagen ist, daß an ihre Stelle die gesetzlichen Regelungen treten (§ 138 Abs. 1 BGB). Erforderlich ist dabei eine Gesamtwürdigung, die auf die indi- viduellen Verhältnisse beim Vertragsschluß abstellt, insbesondere also auf die Einkom- mens- und Vermögensverhältnisse, den geplanten oder bereits verwirklichten Zuschnitt der Ehe sowie auf die Auswirkungen auf die Ehegatten und auf die Kinder. Subjektiv sind die von den Ehegatten mit der Abrede verfolgten Zwecke sowie die sonstigen Beweg- gründe zu berücksichtigen, die den begünstigten Ehegatten zu seinem Verlangen nach der ehevertraglichen Gestaltung veranlaßt und den benachteiligten Ehegatten bewogen haben, diesem Verlangen zu entsprechen. Das Verdikt der Sittenwidrigkeit wird dabei re- gelmäßig nur in Betracht kommen, wenn durch den Vertrag Regelungen aus dem Kern- bereich des gesetzlichen Scheidungsfolgenrechts ganz oder jedenfalls zu erheblichen Teilen abbedungen werden, ohne daß dieser Nachteil für den anderen Ehegatten durch anderweitige Vorteile gemildert oder durch die besonderen Verhältnisse der Ehegatten, den von ihnen angestrebten oder gelebten Ehetyp oder durch sonstige gewichtige Belan- ge des begünstigten Ehegatten gerechtfertigt wird.

46  b) Soweit ein Vertrag danach Bestand hat, muß der Richter sodann - im Rahmen der Ausübungskontrolle - prüfen, ob und inwieweit ein Ehegatte die ihm durch den Vertrag eingeräumte Rechtsmacht mißbraucht, wenn er sich im Scheidungsfall gegenüber einer vom anderen Ehegatten begehrten gesetzlichen Scheidungsfolge darauf beruft, daß die- se durch den Vertrag wirksam abbedungen sei (§ 242 BGB). Dafür sind nicht nur die Ver- hältnisse im Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgebend. Entscheidend ist vielmehr, ob sich nunmehr - im Zeitpunkt des Scheiterns der Lebensgemeinschaft - aus dem verein- barten Ausschluß der Scheidungsfolge eine evident einseitige Lastenverteilung ergibt, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten auch bei angemessener Berücksichti- gung der Belange des anderen Ehegatten und seines Vertrauens in die Geltung der ge- troffenen Abrede sowie bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar ist. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die tatsächliche einvernehmliche Ge- staltung der ehelichen Lebensverhältnisse von der ursprünglichen, dem Vertrag zugrun- deliegenden Lebensplanung grundlegend abweicht. Nacheheliche Solidarität wird dabei ein Ehegatte regelmäßig nicht einfordern können, wenn er seinerseits die eheliche So- lidarität verletzt hat; soweit ein angemessener Ausgleich ehebedingter Nachteile in Rede steht, werden dagegen Verschuldensgesichtspunkte eher zurücktreten. Insgesamt hat sich die gebotene Abwägung an der Rangordnung der Scheidungsfolgen zu orientie- ren: Je höherrangig die vertraglich ausgeschlossene und nunmehr dennoch geltend ge- machte Scheidungsfolge ist, um so schwerwiegender müssen die Gründe sein, die - un- ter Berücksichtigung des inzwischen einvernehmlich verwirklichten tatsächlichen Ehezu- schnitts - für ihren Ausschluß sprechen.

47  Hält die Berufung eines Ehegatten auf den vertraglichen Ausschluß der Scheidungsfol- ge der richterlichen Rechtsausübungskontrolle nicht stand, so führt dies im Rahmen des § 242 BGB noch nicht zur Unwirksamkeit des vertraglich vereinbarten Ausschlusses. Auch wird dadurch nicht notwendig die vom Gesetz vorgesehene, aber vertraglich aus- geschlossene Scheidungsfolge in Vollzug gesetzt.

48  Der Richter hat vielmehr diejenige Rechtsfolge anzuordnen, die den berechtigten Be- langen beider Parteien in der nunmehr eingetretenen Situation in ausgewogener Weise Rechnung trägt. Dabei wird er sich allerdings um so stärker an der vom Gesetz vorgese- henen Rechtsfolge zu orientieren haben, je zentraler diese Rechtsfolge im Kernbereich des gesetzlichen Scheidungsfolgenrechts angesiedelt ist.

IV.

49  Die angefochtene Entscheidung wird den dargestellten Anforderungen an die richterliche Wirksamkeits- und Ausübungskontrolle unterhaltsrechtlicher oder ehevertraglicher Ver- einbarungen nicht gerecht.

50  1. Das Oberlandesgericht hat den Vertrag insgesamt als unwirksam angesehen, weil die Antragsgegnerin auf die Unterhaltsansprüche aus den §§ 1571 bis 1576 BGB, auf Zuge- winn- und Versorgungsausgleich verzichtet habe und damit eine unangemessene, ein- seitig zu ihren Lasten gehende Regelung getroffen worden sei. Daß die Parteien den Be- treuungsunterhalt nach § 1570 BGB bestehen gelassen haben, ändere an dieser Beurtei- lung nichts, da es sich dabei nur um den Mindestunterhalt handele, der einem erziehen- den Elternteil im Interesse der betreuungsbedürftigen Kinder nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ohnehin nach § 242 BGB zu belassen sei.

51  Diese Auffassung des Oberlandesgerichts wird von den tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils nicht getragen. Eine solche Unwirksamkeit könnte sich, wie aus- geführt, nur aus § 138 Abs. 1 BGB - im Rahmen einer Gesamtbetrachtung der vereinbar- ten Regelungen - ergeben (Wirksamkeitskontrolle). Die Voraussetzungen eines Versto- ßes gegen die guten Sitten sind jedoch weder dargelegt noch sonst ersichtlich.

52  a) Welche Gründe die Parteien zum Abschluß ihrer Vereinbarung veranlaßt haben, ist nicht erkennbar. Insbesondere ist nicht festgestellt, welche Motive die Antragsgegnerin bewogen haben, vertraglich auf einen Teil der ihr für den Fall einer etwaigen Scheidung zustehenden Rechte zu verzichten. Das Oberlandesgericht geht von einer Unterlegen- heit der Antragsgegnerin beim Vertragsschluß aus, die der Antragsteller mißbraucht ha- be. Angesichts der Beschränkung des § 138 Abs. 1 BGB auf gravierende Verletzungen der sittlichen Ordnung fehlt für eine solche Einschätzung bereits die tatsächliche Grund- lage. Die Antragsgegnerin war beim Vertragsschluß bereits seit mehr als zwei Jahren mit dem Antragsteller verheiratet und nicht erneut schwanger. Sie verfügte über eine aka- demische Ausbildung, die sie bereits erfolgreich beruflich genutzt hatte; die mit der Ge- burt ihres (ersten) Kindes einhergegangene Unterbrechung ihrer Berufsausübung lag wenig mehr als zwei Jahre zurück. Eine völlige wirtschaftliche Abhängigkeit der Antragsgeg- nerin vom Antragsteller, wie sie das Oberlandesgericht seiner Beurteilung zugrunde legt, ist damit noch nicht dargetan. Der vom Oberlandesgericht hervorgehobene Umstand, daß die Antragsgegnerin im Zusammenhang mit ihrer Schwangerschaft auf Wunsch des Antragstellers eine von ihr angestrebte Promotion nicht betrieben hat, ist für die Frage der Sittenwidrigkeit ihres Verzichts auf gesetzliche Scheidungsfolgen ohne Belang. Das gilt auch für die gute Einkommens- und Vermögenslage des Antragstellers, auf die das Oberlandesgericht abhebt, ohne sie allerdings für den Zeitpunkt des Vertragsschlus- ses festzustellen. Insbesondere läßt sich aus der günstigen finanziellen Situation des An- tragstellers keine Zwangslage der Antragsgegnerin herleiten, die sie veranlaßt haben könnte, sich auf einen teilweisen Verzicht der ihr vom Gesetz für den Scheidungsfall ein- geräumten und gerade bei überdurchschnittlichen Einkommensverhältnissen - wie das Oberlandesgericht ausführt - besonders "werthaltigen" Rechte einzulassen.

53  b) Auch der objektive Gehalt der von den Parteien getroffenen notariellen Vereinbarung vermag nach den bisherigen Feststellungen den Vorwurf eines Verstoßes gegen die gu- ten Sitten nicht zu begründen.

54  Denn der unmittelbare Kernbereich der gesetzlichen Scheidungsfolgen wird von der Ver- einbarung nicht tangiert. Vielmehr haben die Parteien den Unterhalt insoweit nicht ab- bedungen, als "ein Unterhaltsanspruch der Ehefrau wegen Kinderbetreuung" in Frage steht. Diese Regelung sollte im übrigen - nach der vom Oberlandesgericht unterlasse- nen und vom Senat daher nachzuholenden Auslegung der Vereinbarung - nicht nur den Anspruch erfassen, der sich im Falle ganztätig notwendiger Kinderbetreuung allein aus
§ 1570 BGB ergibt. Vielmehr war - nach rechtem Verständnis - auch der Anspruch auf Aufstockungsunterhalt gemäß § 1573 Abs. 2 BGB umfaßt, der neben den Teilanspruch aus § 1570 BGB tritt, wenn einem Ehegatten wegen fortschreitenden Alters der Kinder eine Teilerwerbstätigkeit obliegt. Nach der Rechtsprechung des Senats (Senatsurteil vom 13. Dezember 1989 - IVb ZR 79/89 - FamRZ 1990, 492, 493 f.) reicht in diesem Fall der Unterhaltsanspruch aus § 1570 BGB nur soweit, wie die Kindesbetreuung einen Ehegat- ten an der Ausübung einer Erwerbstätigkeit hindert. Soweit der ihm hiernach zustehen- de Unterhalt aus § 1570 BGB zusammen mit dem Einkommen aus einer Teilerwerbstä- tigkeit zur Deckung seines vollen Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen
(§ 1578 BGB) nicht ausreicht, kommt ein zusätzlicher Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB in Betracht. Es kann hier nicht davon ausgegangen werden, daß die Partei- en der Antragsgegnerin nur denjenigen Unterhaltsteilanspruch belassen wollten, der sich unmittelbar aus § 1570 BGB herleiten läßt, zumal diese Differenzierung vom Senat erst nach Vertragsschluß entwickelt worden ist. Nach Wortlaut, Sinn und Zweck der Vereinba- rung sollte vielmehr der Unterhaltsverzicht der Antragsgegnerin auf die Zeit nach dem Wegfall jeglicher Kindesbetreuung beschränkt werden. Für die Zeit der vollen oder teil- weisen Betreuungsbedürftigkeit der Kinder sollte sie dagegen Unterhalt nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften verlangen können, und zwar gleichgültig, ob er unmittel- bar nur auf § 1570 BGB oder teilweise auch auf § 1573 Abs. 2 BGB beruht. Auch der Hö- he nach ergibt sich aus der Vereinbarung keine Einschränkung, etwa auf den Mindest- unterhalt. Beide Teilansprüche sollten sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen be- stimmen und der Antragsgegnerin die Beibehaltung des bisherigen Lebensstandards ge- währleisten.

55  Mit dem Unterhalt wegen Krankheit und Alters haben die Parteien zwar gewichtige Scheidungsfolgen abbedungen. Dies könnte - im Zusammenhang mit den weiteren Regelungen - den Vorwurf der Sittenwidrigkeit aber allenfalls dann begründen, wenn die Parteien bei ihrer Lebensplanung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses einvernehmlich da- von ausgegangen wären, daß die Antragsgegnerin sich dauerhaft oder doch langfristig völlig aus dem Erwerbsleben zurückziehen und der Familienarbeit widmen sollte; denn nur in diesem Falle wäre der Antragsgegnerin der Aufbau einer eigenen Sicherung gegen die Risiken von Alter oder Krankheit auf Dauer verwehrt und würde eine stete Abhängig- keit vom Antragsteller begründet. Eine solche einvernehmliche Lebensplanung ist jedoch nicht festgestellt.

56  Zwar wird der vereinbarte Verzicht auf Unterhalt wegen Alters in seiner die Antragsgeg- nerin benachteiligenden Wirkung dadurch verstärkt, daß die Parteien auch den Versor- gungsausgleich ausgeschlossen haben. Dieser Ausschluß wird jedoch durch die vertrag- liche Verpflichtung des Antragstellers gemildert, für die Ehefrau eine Kapitellebensver- sicherung abzuschließen und zu unterhalten. Der Umstand, daß - nach den Feststellun- gen des Oberlandesgerichts - der Antragsgegnerin bei Durchführung des Versorgungs- ausgleichs Versorgungsanrechte der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von rund 590 DM zu übertragen gewesen wären, zu deren Begründung ein Einmalbetrag von rund 128.000 DM hätte eingezahlt werden müssen, mag die Bedeutung dieser Lebensversi- cherung über nominal 80.000 DM als Kompensation für den Ausschluß des Versorgungs- ausgleichs möglicherweise im Nachhinein relativieren. Für eine Sittenwidrigkeit der Ab- rede läßt sich daraus jedoch nichts herleiten. Denn es ist nicht ersichtlich, daß schon im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorhersehbar war, daß der Antragsteller künftig Ver- sorgungsanrechte erwerben werde, von denen er rund 590 DM auf die Antragsgegnerin übertragen müßte. Zudem ist die Versicherungssumme einer Kapitallebensversicherung mit der aus dieser Versicherung später zu erwartenden Ablaufleistung (nach Auskunft der Versicherung hier: 172.294 DM) nicht identisch; beide Größen sind überdies schon ihrer Funktion nach mit dem Einmalbeitrag der gesetzlichen Rentenversicherung nicht vergleichbar. Das Oberlandesgericht weist zwar zutreffend darauf hin, daß die Kapital- lebensversicherung der Antragsgegnerin keinen Invaliditätsschutz verschaffe. Jedoch vermittelt auch die gesetzliche Rentenversicherung dem versorgungsausgleichsberech- tigten Ehegatten Invaliditätsschutz nicht schlechthin, sondern nur unter der Vorausset- zung einer dreijährigen Zahlung von Pflichtbeiträgen innerhalb der letzten fünf Jahre vor Eintritt der Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI; vgl. auch § 1587 o Abs. 2 Satz 4 BGB, der in seiner seit dem 1. Januar 2000 geltenden Fas- sung nicht mehr die Eignung alternativer Sicherungen auch "für den Fall der Erwerbsun- fähigkeit" verlangt).

57  Der von den Parteien vereinbarte Ausschluß der Unterhaltspflicht für den Fall der Ar- beitslosigkeit sowie der Verzicht auf Aufstockungsunterhalt (für die Zeit nach der Kinder- betreuung) und auf Billigkeitsunterhalt rechtfertigen - schon nach ihrer Bedeutung im System des Scheidungsfolgenrechts - das Verdikt der Sittenwidrigkeit nicht. Für den Aus- schluß des gesetzlichen Güterstandes gilt nichts anderes.

58  2. Sofern sich ergibt, daß die von den Parteien getroffenen Abreden - auch in subjektiver Hinsicht - einer richterlichen Wirksamkeitskontrolle am Maßstab des § 138 Abs. 1 BGB standhalten, bleibt zu prüfen, ob und inwieweit der Antragsteller durch § 242 BGB gehin- dert wird, sich auf den vereinbarten Ausschluß einzelner Scheidungsfolgen zu berufen (Ausübungskontrolle).

59  a) Für die Zeit der Betreuungsbedürftigkeit der Kinder ist der Antragsteller, wie darge- legt, schon deshalb zur Unterhaltsleistung verpflichtet, weil die Parteien seine Unterhaltspflicht insoweit nicht ausgeschlossen haben; das Oberlandesgericht hat ihn deshalb dem Grunde nach zu Recht zur Unterhaltszahlung verurteilt.

60  Für die Zeit nach der Kinderbetreuung könnte sich eine Unterhaltspflicht des Antragstel- lers namentlich aus § 1573 Abs. 2 BGB ergeben. Falls sich der von der Antragsgegnerin vertraglich erklärte Verzicht auf diesen Unterhalt nicht schon als nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig erweist und ein solcher Anschlußunterhalt zur Entscheidung steht, wird zu prü- fen sein, inwieweit sich der Antragsteller gemäß § 242 BGB auf diesen Verzicht berufen kann. Im Rahmen dieser Ausübungskontrolle wird der Tatrichter zu erwägen haben, daß die Antragsgegnerin im Zusammenhang mit der Geburt des ersten Kindes ihre Berufstä- tigkeit eingestellt und sich der Familienarbeit sowie später einer selbständigen Erwerbs- tätigkeit gewidmet hat, die zwar nicht ihrer durch Ausbildung erworbenen Qualifikation entspricht, die sich aber offenbar mit der Haushaltsführung und der Betreuung der - in- zwischen zwei - Kinder vereinbaren läßt. Mit der Aufgabe ihrer Berufstätigkeit hat die An- tragsgegnerin ein Risiko auf sich genommen, das sich mit dem Scheitern der Ehe der Parteien zu einem Nachteil verdichtet, wenn die Betreuungsbedürftigkeit der gemein- samen Kinder endet und sich erweisen sollte, daß der Antragsgegnerin ein "Wiederein- stieg" in ihren erlernten Beruf nicht oder nur unter deutlich ungünstigeren Konditionen möglich ist. Entsprach es einem gemeinsamen Entschluß der Parteien, daß die Antrags- gegnerin im Interesse der Familie dauerhaft auf eine weitere Tätigkeit in ihrem erlernten Beruf verzichten sollte, so könnte es unbillig erscheinen, wenn der Antragsteller die sich hieraus ergebenden nachteiligen Konsequenzen unter Berufung auf die notarielle Abre- de allein der Antragsgegnerin aufbürdet. Zwar dürfte der Antragsgegnerin aufgrund des - hier als wirksam unterstellten - Unterhaltsverzichts Aufstockungsunterhalt nach Maß- gabe der ehelichen Lebensverhältnisse (§ 1573 Abs. 2, § 1578 Abs. 1 BGB) zu versagen sein. Im Rahmen tatrichterlicher Ausübungskontrolle könnte der Antragsgegnerin aber gleichwohl ein Unterhaltsanspruch zuerkannt werden, der jedenfalls ihre ehebedingten Erwerbsnachteile ausgleicht. Dessen Höhe könnte nach der Differenz des Einkommens, das die Antragsgegnerin aus einer ihrer Ausbildung entsprechenden kontinuierlich aus- geübten Berufstätigkeit erzielen könnte (§ 287 ZPO), und dem Verdienst bemessen wer- den, den sie aus einer ihr nach dem Berufsverzicht noch möglichen und zumutbaren vol- len Erwerbstätigkeit erlöst oder doch erlösen könnte; seine Grenze fände ein solcher An- spruch jedenfalls an dem nach den ehelichen Lebensverhältnissen bemessenen vollen Unterhalt.

61  b) Die vom Oberlandesgericht ausgesprochene Verpflichtung des Antragstellers zur Aus- kunft über seinen in der Ehe erzielten Zugewinn kann, falls sich der Ehevertrag nicht schon nach § 138 Abs. 1 BGB als unwirksam erweist, nur Bestand haben, wenn der An- tragsteller gemäß § 242 BGB gehindert ist, sich auf die von den Parteien vereinbarte Gü- tertrennung zu berufen. Das ist - jedenfalls auf der Grundlage der vom Oberlandesge- richt bislang getroffenen Feststellungen - nicht der Fall.

62  Der Zugewinnausgleich wird vom Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts nicht umfaßt; er zeigt sich, wie dargelegt, vertraglicher Gestaltung in weitem Umfang offen. Die Be- rufung auf eine wirksam vereinbarte Gütertrennung wird sich deshalb nur unter engs- ten Voraussetzungen als rechtsmißbräuchlich erweisen - so etwa dann, wenn die Ehegat- ten bei ihrer Abrede von beiderseitiger, ökonomisch vergleichbar gewinnbringender Be- rufstätigkeit ausgegangen sind, diese Planung sich aber später nicht verwirklichen läßt. In solchen und ähnlichen Ausnahmefällen mögen besondere Verhältnisse es ungeach- tet der getroffenen Abreden als unbillig erscheinen lassen, daß der nicht erwerbstätige Ehegatte im Nachhinein um die Früchte seiner Mitarbeit in der Ehe gebracht würde. So liegen die Dinge hier indes nicht. Insbesondere hindert der vom Oberlandesgericht be- tonte Umstand, daß die Antragsgegnerin sich in der Ehe der Haushaltsführung und Kin- dererziehung gewidmet hat, für sich genommen den Antragsteller nach Treu und Glau- ben nicht, sich auf eine von den Parteien wirksam vereinbarte Gütertrennung zu berufen. Zwar mag es der Antragsgegnerin - angesichts ihres zugunsten der Familie erklärten zu- mindest vorläufigen Verzichts auf eine eigene Erwerbstätigkeit und im Hinblick auf die Dauer ihrer Ehe - nicht mehr zuzumuten sein, sich nunmehr - nach der Scheidung - mit einem Lebensstandard zu begnügen, der ihren eigenen, durch fehlende zwischenzeitli- che Berufstätigkeit möglicherweise deutlich verminderten Erwerbschancen entspricht. Abhilfe ist in solchen Fällen jedoch nicht mit einer die ehevertraglichen Abreden unter- laufenden Vermögensteilhabe zu bewirken; vielmehr ist ein die eigenen Einkünfte über- steigender Bedarf des in der Ehe nicht erwerbstätigen Ehegatten systemgerecht mit den Instrumenten des Unterhaltsrechts zu befriedigen. Dies gilt auch, soweit die gesetzlichen Unterhaltsansprüche wirksam abbedungen sind; in diesem Fall kann - wie gezeigt - eine im Wege richterlicher Ausübungskontrolle zuzuerkennende Unterhaltsrente ehebedingte Nachteile einzelfallgerecht kompensieren.

63  Auch die übrigen vom Oberlandesgericht angeführten Gesichtspunkte vermögen den Vorwurf des Rechtsmißbrauchs nicht zu tragen. Ein - zumindest in den letzten Jahren - besonders hohes Einkommen des Antragstellers erzwingt eine der getroffenen Güter- standsabrede widersprechende Teilhabe der Antragsgegnerin nicht; dies gilt auch für die nicht näher belegte Annahme, die - in ihrem Ladengeschäft ganztags tätige - Antrags- gegnerin habe es dem Antragsteller durch ihre Führung des Haushalts und die Betreu- ung der Kinder erst ermöglicht, sich voll seiner Berufstätigkeit zu widmen. Die Belange der gemeinsamen Kinder werden durch die Zuordnung des elterlichen Vermögens nicht berührt. Andere für § 242 BGB erhebliche Umstände sind nicht ersichtlich.

V.

64  Die angefochtene Entscheidung kann nach allem keinen Bestand haben. Der Senat ver- mag auf der Grundlage der vom Oberlandesgericht getroffenen Feststellungen in der Sa- che nicht abschließend zu entscheiden. Die Sache war deshalb an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen, damit es die für die gebotene Wirksamkeits- und Ausübungskontrol- le erforderlichen Feststellungen nachholt.

65  Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:

66  1. Die Antragsgegnerin kann, wie dargelegt, für die Zeit der Betreuungsbedürftigkeit der gemeinsamen Kinder vom Antragsteller Unterhalt nach Maßgabe der ehelichen Lebens- verhältnisse beanspruchen. Bei der Bemessung dieses Unterhalts hat das Oberlandes- gerichts zutreffend einen objektiven Maßstab angelegt und denjenigen Lebensstandard für entscheidend erachtet, der vom Standpunkt eines vernünftigen Betrachters bei Be- rücksichtigung der konkreten Einkommens- und Vermögensverhältnisse angemessen er- scheint. Nur in diesem Rahmen kann das tatsächliche Konsumverhalten der Ehegatten während des ehelichen Zusammenlebens Berücksichtigung finden (vgl. etwa Senatsur- teil vom 25. Januar 1984 - IVb ZR 43/82 - FamRZ 1984, 358, 360 f.). Deshalb bleibt, wie das Oberlandesgericht im Grundsatz mit Recht annimmt, eine aus dieser Sicht zu dürf- tige Lebensführung der Parteien für die Bedarfsbestimmung der Antragsgegnerin außer Betracht. Dennoch dürfte nicht - wie im angefochtenen Urteil geschehen - für die Bemes- sung der ehelichen Lebensverhältnisse schlechthin auf das aktuelle und mit 27.000 DM außerordentlich hohe Nettoeinkommen des Antragstellers abgehoben werden. Eine sol- che Betrachtung verkennt die tatsächlichen Unsicherheiten, denen die Beibehaltung ei- nes solchen Einkommensniveaus im Wirtschaftsleben und insbesondere im Beruf des An- tragstellers unterworfen ist. Diese Unsicherheiten dürfen es auch bei Anlegung eines ob- jektiven Maßstabs nicht ohne weiteres geraten erscheinen lassen, den Lebensstandard einer auf Konstanz ihrer Lebensführung bedachten Familie an den jeweils aktuellen Ein- kommensverhältnissen auszurichten. Zudem wird bei einer solchen Betrachtung überse- hen, daß ein Einkommen in der vom Oberlandesgericht festgestellten Höhe - auch und gerade vom Standpunkt eines vernünftigen Betrachters - üblicherweise nicht allein zu Konsumzwecken eingesetzt wird, sondern zu einem nicht unerheblichen Teil der Vermö- gensbildung dient (vgl. Senatsurteile vom 1. Oktober 1986 - IVb ZR 68/85 - FamRZ 1987, 36, 39 und vom 18. Dezember 1991 - XII ZR 2/91 - FamRZ 1992, 423, 424). Inwieweit es danach für Unterhaltszwecke nicht zur Verfügung steht, ist eine Frage der tatrichterli- chen Würdigung, der das Oberlandesgericht nachzugehen hat.

67 2. Das Oberlandesgericht hat den vom Antragsteller zu befriedigenden Unterhaltsbedarf der Antragsgegnerin konkret bemessen und deren Unterhalt anhand einer Auflistung von Bedarfspositionen ermittelt. Das dürfte im Ansatz nicht zu beanstanden sein. Allerdings hat das Oberlandesgericht unberücksichtigt gelassen, daß die Antragsgegnerin vom An- tragsteller für die beiden gemeinsamen Kinder Unterhalt nach dem höchsten Satz der Düsseldorfer Tabelle erhält. In diesen Unterhaltssätzen sind Bedarfsbeträge - namentlich für Wohn- und Wohnnebenkosten - berücksichtigt, die auch in den für die Antragsgeg- nerin aufgelisteten Bedarfsbeträgen enthalten sind und für sie und die Kinder nur ein- mal anfallen. Deshalb müßten bei den für die Antragsgegnerin in Ansatz gebrachten Be- darfspositionen Leistungen, die der Antragsteller bereits im Rahmen des Kindesunter- halts teilweise erbringt, anspruchsmindernd berücksichtigt werden. Das hat das Oberlan- desgericht - soweit ersichtlich - nicht getan.